HINTERGRUND
(Seite 1/3)Ralph Giordano:
Rascher Frieden mit den Tätern
Die letzten Kriegsverbrecher gehen aufs Schafott, und die
Rechte marschiert schon wieder. Der Schriftsteller über die
Schuldverdrängung der Deutschen
Am 9. Januar 1951 bat eine Abordnung des Deutschen Bundestages, darunter
dessen Präsident Hermann Ehlers (CDU) und der Völkerrechtler Carlo Schmid
(SPD), den amerikanischen Hochkommissar John McCloy: Es möge auch der Rest
der Landsberger freigelassen werden, "da deren Bestrafung eine schwere
Belastung des Wiederbewaffnungsproblems darstellte".
Gemeint war damit eine in der Haftanstalt Landsberg am Lech einsitzende
Gruppe hochrangiger, von US-Militärgerichten bereits abgeurteilter
NS-Verbrecher: KZ-Kommandeure, Hierarchen des Holocaust, Angehörige der
Vernichtungszentrale Reichssicherheitshauptamt. (Was neun Tage zuvor den
ersten Präsidenten der Bundesrepublik Deutschland, Theodor "Papa" Heuss
(FDP), allerdings nicht davon abgehalten hatte, sie ausdrücklich in die
Grüße seiner Silvesteransprache einzuschließen.)
Die Bittschrift zeigte alsbaldige Wirkung. Schon am 31.Januar 1951 erließ
John McCloy eine Amnestie für alle NS-Verurteilten mit Strafen unter 15
Jahren, setzte 31 Landsberger frei, kürzte 53 von ihnen die Haftdauer und
wandelte 21 von 28 Todesurteilen um in Gefängnisstrafen. In den verbliebenen
sieben Fällen jedoch blieben die Amerikaner hart - die Verurteilten wurden
am 7.Juni 1951 hingerichtet. Darunter Oswald Pohl, Verwalter des gesamten
KZ-Lagersystems, sowie Paul Blobel, Werner Braune, Erich Naumann und Otto
Ohlendorf, Chefs mobiler Mordkommandos der sogenannten Einsatzgruppen, die
mit logistischer Hilfe der Wehrmacht hinter der deutschen Ostfront 1941/42
nach eigenen Angaben mehr als eine Million Menschen, meist Juden, getötet
hatten.
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© Copyright STERN 1995 - 97
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Ralph
Giordano, 74, Journalist, Fernsehfilmer und Schriftsteller,
hat
immer wieder über
den Nationalsozialismus,
Faschismus sowie die
Probleme der 3. Welt berichtet.
Seine bekanntesten Bücher sind "Die Bertinis",
die Geschichte seiner
eigenen Familie, und "Die zweite Schuld oder
Von der Last,
Deutscher
zu sein"
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