Europa braucht die Briten:
Motor für EuropaSir
Peter Torry
Großbritannien bringt seine wirtschaftliche Dynamik in
die Gemeinschaft ein und ist Vorreiter bei der Verteidigungspolitik. Vor
allem aber haben die Briten eine Vision, die funktioniert.
Braucht Europa die Briten? Diese Frage wurde in der
vergangenen Woche an dieser Stelle aufgeworfen. Es gibt viele Gründe, warum
Großbritannien gut für Europa ist. Ich möchte vier davon herausgreifen.
Erstens kommen wir unseren Verpflichtungen nach. Wenn wir einer Brüsseler
Richtlinie zustimmen, dann setzen wir sie auch um. Dagegen sind diejenigen
Staaten, die am lautesten über ihre europäischen Visionen reden, bei der
Implementierung häufig die Schlusslichter. Ob es darum geht, die
Lissabon-Ziele für die Vollbeschäftigung zu erreichen, die
Kioto-Verpflichtung zur Reduzierung des Kohlendioxidausstoßes einzuhalten
oder den Europäischen Haftbefehl in Kraft zu setzen - Großbritannien geht
mit gutem Beispiel voran.
Zweitens bringen wir wirtschaftliche Dynamik in die Gemeinschaft. Seit 1992
ist unsere Wirtschaft um 40 Prozent gewachsen, die deutsche um rund zehn
Prozent. Großbritannien bietet seinen europäischen Partnern einen gesunden
Exportmarkt. Mehr noch: Wir packen die Wirtschaftsreformen an, die Europa
dringend braucht, um wieder auf die Beine zu kommen. Dabei denken wir
global. Wir wissen, dass Europa mit jüngeren, dynamischeren
Volkswirtschaften wie Indien oder China konkurriert.
Drittens ist eine europäische Verteidigung ohne Großbritannien nicht
denkbar. Wir waren Vorreiter bei der Europäischen Verteidigungspolitik -
einer Politik, die nicht nach der Zahl ihrer Institutionen beurteilt wird,
sondern nach ihrer Fähigkeit, Truppen einzusetzen und Frieden zu schaffen.
Wir werden die Truppen stellen, die die nächste ESVP-Mission in Bosnien
führen werden.
Viertens, und das ist besonders wichtig, hat Großbritannien eine
europapolitische Vision, die in der Praxis funktioniert. Wir sollten unsere
Kräfte bündeln, wo dies sinnvoll ist. In Fragen wie der Steuerpolitik aber
sollten die nationalen Regierungen das letzte Wort behalten. Wenn manche
Länder innerhalb des Rahmens der Europäischen Union noch weiter gehen
wollen, dann können sie das gern tun, solange sie den Interessen der anderen
nicht schaden.
Nach den Vorstellungen Großbritanniens muss die Europäische Union zwei
altbewährte Prinzipien befolgen: sie muss demokratisch sein und effektiv
arbeiten. Die Briten sind nicht etwa deswegen gegen eine
Steuerharmonisierung, weil Großbritannien ein Steuerparadies wäre. Unsere
Steuersätze sind durchaus mit denen Deutschlands vergleichbar. Wir wissen
aber, dass die Harmonisierung schlecht für Großbritannien wäre - und
schlecht für Europa.
Steuerharmonisierung würde nur eins bedeuten: eine Angleichung auf einem
höheren Niveau. Länder, die hohe Steuersätze haben, weil sie ihre
Staatsfinanzen nicht reformieren, würden ihren Mangel an
Wettbewerbsfähigkeit an ihre Nachbarn weitergeben. Das wäre eine Katastrophe
für die europäische Demokratie und unsere Volkswirtschaften. In
Großbritannien haben wir eine Arbeitslosigkeit von 5 Prozent und eine
Wachstumsrate von voraussichtlich 3 bis 3,5 Prozent in diesem Jahr. Da
wollen wir unsere erfolgreiche Politik nicht einem Einheitskonzept opfern,
das alle EU-Volkswirtschaften auf die Kriechspur verweisen würde.
Unsere Vision einer Union von Nationalstaaten ist keine Schrulle
exzentrischer Inselbewohner. Es ist Unsinn, so zu tun, als bestünde die
Union aus 24 integrationsfreudigen Ländern einerseits und den sturen Briten
andererseits. Ob es um Steuerharmonisierung, die Wahl des
Kommissionspräsidenten oder Mehrheitsentscheidungen in der Außenpolitik geht
- andere Mitgliedstaaten teilen unsere Meinung. Die meisten Bürger in Europa
fühlen sich nach wie vor in erster Linie ihrem Nationalstaat verbunden.
Deshalb ist die Wahlbeteiligung bei nationalen Wahlen viel höher als bei
europäischen.
Der Wunsch nach einer offenen Debatte und einer Überprüfbarkeit der EU durch
den Bürger war immer ein Merkmal der britischen Europapolitik. Das ist auch
der Grund für das Referendum.
Die Europadebatte in Großbritannien war lange genug von umhergeisternden
Unwahrheiten überschattet. Wenn wir diese Mythen und Legenden entkräften,
können wir das Referendum gewinnen. Zugleich müssen sich die Kritiker dieses
Referendums die Frage gefallen lassen, ob der Aufbau Europas ohne Zustimmung
seiner Bürger überhaupt möglich und sinnvoll ist.
Großbritanniens Europapolitik beschränkt sich nicht darauf, unbequeme Fragen
zu stellen. Sie ist viel positiver: Das konsequente Bemühen, etwas für
unsere Bürger zu tun, und nicht Integration als Selbstzweck. Was unsere
Bürger von Europa wollen, ist klar. Sie wollen mehr Arbeitsplätze und mehr
Sicherheit. Und sie wollen weniger Umweltverschmutzung und weniger
Grenzkriminalität.
Der Verfassungsvertrag dürfte die Debatte über die Institutionen vorerst
beigelegt haben. Wenn die Europäische Union Apathie und Skepsis überwinden
will, muss sie jetzt zur Tat schreiten. Ich bin zuversichtlich, dass sich
die britische Vision in der erweiterten Union mehr und mehr durchsetzen
wird.
[English
version]
Der britische Botschafters, Sir Peter
Torry, im Juni 2004 in der Financial Times Deutschland
Co potrebuje Evropa ze všeho nejvíc
Pohled na proces ratifikace z jejího nového stredu
Ptáme se všichni, co se s Evropou deje...
2005 wird zum Schicksalsjahr für Afrika:
Europa steht in der Pflicht
Wir müssen die Armut in der Welt insgesamt ins Visier nehmen. Insbesondere
die Bedürfnisse und berechtigten Ansprüche des ärmsten Kontinents unserer
Erde - Afrika - dürfen wir nicht vergessen...
Der Zeitpunkt für Blairs Rede ist günstig:
Eine Vision für Europa
Rede des britischen Premierministers Tony Blair vor dem Europäischen
Parlament...
Europa:
Die Stunde der Wahrheit
Wir können nicht auf dem europäischen Weg weitergehen, als
wäre nichts gewesen. Wir müssen vielmehr auf die Botschaft hören, die uns
die Franzosen übermittelt haben, und die Gründe für diese Abstimmung
verstehen...
[FORUM]
Britische
Botschaft
hagalil.com 23-06-2005 |