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Es gibt noch sehr viel zu tun:
Ich habe meinen G'tt in Auschwitz verloren

Shlomo Perel, besser bekannt als "Hitlerjunge Salomon", im Interview

haGALIL: Herr Perel sie haben vom deutschen Botschafter in Israel das Bundesverdienstkreuz überreicht bekommen. Was sagen Sie zu dieser Auszeichnung?

Shlomo Perel: Ich bin sehr stolz darauf. Und für mich gilt diese Verleihung als Ansporn, meine Tätigkeit, die ich bisher ausübte, auch weiter zu machen, nämlich die Aufklärung der Jugend, vor allem unserer beiden Völker, der israelischen und der deutschen Jugend, für Annäherung, für Verständigung und für Verständnis. Dadurch bekommt mein Überleben, mit seiner ganz besonderen Geschichte, auch den richtigen Sinn. Und da ist so eine Verleihung motivierend, das fortzusetzen.

haGALIL: Nach elfjähriger Diskussion hat der Bundestag kürzlich den Bau eines Shoa-Memorials im Zentrum Berlins beschlossen.

Shlomo Perel: Ich war immer der Meinung, daß Jerusalem, Washington und auch Berlin, wo es eigentlich begonnen hat, so ein Holocaust-Museum/ Gedenkstätte haben sollten. Und endlich ist das auch geschehen. Besonders wichtig ist für mich, daß es ein Museum gibt, wo Seminare abgehalten werden für junge Menschen, Jugendliche, Schulklassen, für Diskussionen. Und weniger die Tausenden von Betonsäulen, das muß man erst mal sehen, wie das wirkt, welchen Eindruck das macht, wenn es fertig ist.

haGALIL: Sie kommen seit acht Jahren mehrmals pro Jahr nach Deutschland zu Lesereisen. Und jedes Jahr scheint es mehr zu werden.

Perel: Ja, der Kreis der interessierten Schulen vergrößert sich ständig. Die Schulen zeigen meisten den Film vorher, ich lese dann etwas aus meinem Buch vor und dann komme ich mit den Schülern ins Gespräch. Das hinterläßt einen tiefen Eindruck auf die Schüler, was hunderte von Briefen beweisen, die ich danach von Schülern bekomme. Die Fragen beziehen sich natürlich nicht nur auf das Buch oder den Film, sondern auch mit auf die aktuelle Lage im Lande, oder die Konsequenzen aus dem Holocaust oder es werden von mir Stellungnahmen zum israelisch-palästinensischen Konflikt gefordert. Schüler in Deutschland haben oft auch die Vorstellung, daß jeder Jude religiös sein muß, da wir das Volk der Bibel sind. Und wenn ich ihnen dann erkläre, daß es Menschen gibt wie ich, freidenkend, und daß ich Israeli bin, dann staunen viele.
Ich hab' auch Briefe bekommen, die mich versuchen zu Gott zurückzubringen und mein Überleben als Willen Gottes darstellen. Ich frage da nur: Wieso ich? Wieso wurden 1,5 Mio. jüdische Kinder vergast und verbrannt, wie kommt das mit Gott auf einen Nenner? Und deshalb hab ich soviele Fragen an Gott und deshalb glaub ich nicht dran. Ich hab in Schulen auch schon gesagt, ich habe meinen Gott in Auschwitz gelassen. Und das ist was für viele Schüler unbegreiflich ist, daß es einen Juden gibt, der nicht fromm ist.

haGALIL: Nach dem Buch, dem Film soll es jetzt auch ein Theater über Sie geben...

Perel: Ein holländischer Schriftsteller hat ein Bühnenstück über mich geschrieben, aber mehr wie sich meine Vergangeneheit heute abspielt, in meinem Film und im Denken. Aber ich hab noch keine akzeptable Übersetzung aus dem Holländischen. Interessant find ich es natürlich, aber wir werden sehen...

haGALIL: Sie besuchen des öfteren haGalil onLine im Internet. Wie erklären Sie sich den Erfolg dieses Angebots, gerade in Israel, wo der größte Anteil unserer Leser lebt.

Perel: haGalil besticht durch eine außerordentliche Vielfalt und Lebendigkeit, es ist so vielseitig, eine Universität würde ich fast sagen, wo man alles erfahren kann, was natürlich für die allgemeine Bildung sehr wichtig ist. Gerade in Deutschland wäre es natürlich sehr wichtig Schüler auf dieses Angebot verstärkt aufmerksam zu machen. In Israel nimmt man die angesprochenen Probleme, ich denke nur an die Verbreitung der Nazi-Ideologie anscheinend ernster. Daß es so viele Leser in Israel gibt, liegt sicher auch an der größeren Aufgeschlossenheit in Bezug auf die Technik. Auch ältere Menschen nutzen das Internet und gerade die 'Jeckes', die Juden aus Deutschland, freuen sich über das Angebot. Wir sind hier überhaupt führend in Internettechnologie. In Deutschland ist man mehr konservativ, da dauert alles etwas länger.

haGALIL: Herr Perel, wir danken für dieses Gespräch, wünschen Ihnen weiter viel Erfolg bei Ihrer Aufgabe und hoffen bald mehr von Ihnen zu hören.

Ich war Hitlerjunge Salomon Euro 14.90
Perel, Sally
Ich war Hitlerjunge Salomon, 2 Cassetten Euro 17,45
Perel, Sally

Das Gespräch führte Ben Atid
Oktober 25, 1999 / haGalil 11-99

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