Es war einfach ein grausiger Anblick:
Wegen Widerstand gegen NS-Aufmarsch verurteilt
Am 1.
März 1997 marschierten fast 5.000 Nazis zum Münchner Marienplatz, um
gegen die Wehrmachtsausstellung im dortigen Rathaus zu demonstrieren. Dieser
größte Nazi-Aufmarsch seit Bestehen der BRD, war vom Münchner
Kreisverwaltungsreferat (Uhl/CSU) genehmigt worden. Um die planmäßige
Durchführung der NS-Kundgebung zu gewährleisten mussten mehrere
Hundertschaften der Polizei bereitgestellt werden. In der Frauenstraße traf
der Nazi-Zug auf blockierende Gegendemonstranten, unter ihnen auch Michael
H. (36). Nur mit Mühe gelang es den Sicherheitskräften, ein direktes
Aufeinandertreffen der beiden Gruppen zu verhindern. Nachdem die Polizei die
Blockade aufgelöst hatte wurde Michael H. festgenommen und angezeigt.
Zwei
Jahre nach dem Vorfall saß der 'bekennende Antifaschist' auf der
Anklagebank des Münchner Amtsgerichts. Ihm wurden Nötigung, Widerstand
gegen Vollstreckungsbeamte und grobe Versammlungsstörung vorgeworfen.
Unter den Blockierern habe er eine 'herausragende Stellung' eingenommen
und umstehende Bürger aufgefordert, sich unterzuhaken und Widerstand
gegen den NS-Aufmarsch zu leisten. Bei seiner Festnahme habe er passiven
Widerstand geleistet, indem er 'mit den Armen ruderte und den weiteren
Abtransport behinderte'.
Der Angeklagte sah dies folgendermaßen: 'Es war einfach ein
grausiger Anblick, die Nazifahnen, die braunen Parolen, daß so etwas in
München wieder möglich ist, hat mich entsetzt'. Er habe sich 'spontan
dazu entschlossen, sich in einer Art 'symbolischen Protestes' auf die
Straße zu stellen. Er wollte irgendetwas tun - nicht nur zuschauen. 'Den
Aufmarsch aufzuhalten, war nicht meine Absicht, das wäre ja auch völlig
unmöglich gewesen, wir waren doch nur 20 Leute'.
Amtsrichterin Brigitte Jonasch hielt die Angaben des Angeklagten
für nicht überzeugend, immerhin sei er schon des öfteren als
Antifaschist auffällig geworden. Aussagen der beteiligten Polizisten
seien eindeutiger Beweis, daß er sich schuldig im Sinne der Anklage
gemacht habe. Das Urteil: 120 Tagessätzen à 30 Mark. Michael H., der
sich zur Zeit in einer Ausbildung befindet, will gegen das Urteil
Berufung einlegen.
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Mittwoch 28-04-99 |