Die Juden in der Welt:
PALÄSTINA / EREZ ISRAEL
Teil 5, nach Mark
Wischnitzer
Teil 1 /
Teil 2 /
Teil 3 /
Teil 4
Die Besitznahme des Landes durch die Engländer
Der I. Weltkrieg schien die Kulturarbeit zunächst
ernsthaft zu bedrohen. Nach der Besitznahme des Landes durch die
Engländer setzte der Wiederaufbau ein. Palästina war in der
Balfour-Deklaration, jenem historischen Brief des englischen
Außenministers an Baron Rothschild in London, zur jüdischen
Heimstätte erklärt worden.
Jerusalem
1917, zur Zeit der britischen Eroberung
Die Balfour-Deklaration löste bei den Juden unbeschreibliche
Begeisterung aus. Die im Kriege Geflüchteten kehrten nach Palästina
zurück. Einwanderer meldeten sich.
1922 wurde die Einwanderung von der Landesregierung nach Maßgabe der
Aufnahmefähigkeit des Landes geregelt. Durch die Investierungen von
Betriebskapital in landwirtschaftlichen, industriellen und
Handelsunternehmungen konnte der Lebensraum wesentlich erweitert
werden. Der Bedarf an Arbeitskräften stieg. Der Bodenbesitz des
jüdischen Nationalfonds, des zionistischen Landerwerbinstituts, und
der PICA (Palestine Jewish Colonization Association) wurde
vergrößert; er lag hauptsächlich in der Scharonebene und in der
Ebene Jesreel.
Gemäß dem Beschluß des Völkerbundsrates vom 24. Juli
1922 (der im September 1923 formell in Kraft trat) wurde
Großbritannien zur Mandatarmacht über Palästina erklärt. Die
faktische Übertragung des Mandats erfolgte bereits auf der Konferenz
in San Remo 1920.
Staatsoberhaupt des Mandatsgebietes ist der vom König von England
ernannte Hochkommissar (High Commissioner). Er ist Träger der
legislativen und exekutiven Gewalt und führt den Oberbefehl über die
in Palästina stationierten britischen und palästinensischen
Streitkräfte. Er ernennt die Leiter des Departements oder
Ministerien und sämtliche Beamte des Landes.
Die
Balfour Deklaration
Die jüdische nationale Heimstatt, 1917-1922
(die erste Teilung)
Das Mandatsgebiet umfasst Westpalästina,
während Ostpalästina - auch Trans-Jordanien genannt - seit 1921 ein
Emirat bildet; dem Emir steht ein britischer Resident zur Seite, der
seine Instruktionen vom High Commissioner in Jerusalem erhält und in
dessen Namen handelt.
Westpalästina (Erez Israel) gliedert sich in einen Westdistrikt mit
dem Sitz in Haifa, einen Süddistrikt mit dem Sitz in Jaffa und einen
autonomen Bezirk Jerusalem und Umgebung. Westpalästina bedeckt eine
Fläche von 26 330 qkm, etwa 3700 weniger als Belgien. Nach der
offiziellen Zählung von 1931 hatte es 1.035.821 Einwohner, während
Belgien bei einem nur wenig größeren Umfang das Achtfache an
Einwohnern zählt.
Auf 1 qkm entfielen im Jahre 1931 in Westpalästina 39,6 Personen.
Das Gebiet von Transjordanien ist größer, es umfasst rund 40.000
qkm, hat aber nur eine Einwohnerzahl von etwa 300.000 Seelen, das
heißt 7,5 Einwohner pro 1 qkm.
Menschen in Palästina
Nach dem Weltkriege, im Jahre 1919, als Palästina noch unter
Militärverwaltung stand, wurde die Bevölkerung des Landes auf
588.000 veranschlagt, darunter 55.000 Juden. Die Entwicklung der
Bevölkerung illustrieren folgende Zahlen:
1922 (Zählung) |
653.851 Personen |
(83.794 Juden) |
1931 (Zählung) |
1.035.821 Personen |
(174.610 Juden) |
1934 (Schätzung) |
1.230.000 Personen |
(304.000 Juden) |
Der Zuwachs beträgt in der Zeit von 1922-1931 im
ganzen 37%, ist aber bei den drei Glaubensgemeinschaften, die
Palästina bewohnen, sehr verschieden. Bei den Juden bildet der
Zuwachs 109%, bei den Mohammedanern 29% und bei den Christen 20%.
Das Wachstum der jüdischen Bevölkerung von 1931-1934 ist noch
augenfälliger. Beachtenswert ist die Verteilung von Juden und
Nichtjuden auf Stadt und Land. Sie ist aus folgender Tabelle zu
ersehen:
Das rasche Wachstum der jüdischen Bevölkerung ist in
erster Linie auf die Einwanderung zurückzuführen, in zweiter Linie
auf die natürliche Vermehrung. Der Stand der Einwanderung in den
letzten 15 Jahren wird in folgender Tabelle veranschaulicht:
Da die palästinensische Regierung seit 1932 keine
Auswanderungsziffern veröffentlicht, ist der tatsächliche Stand des
"Wanderungs-Saldos" nicht festzustellen. In den Jahren 1922-1931 gab
es eine Gesamteinwanderung von 103.436 Personen, darunter 94.162
(91%) Juden. In der gleichen Zeit sind 41.199 Personen, darunter
26.809 (65%) Juden ausgewandert. Wir sehen, dass durch
Wanderbewegungen die Bevölkerung Palästinas sich um 62.237 Personen
vermehrt hatte. Dem Zuwachs an Juden durch das Fluktuieren der
Bevölkerung in Höhe von 67.353 Personen stand ein nichtjüdischer
Bevölkerungsverlust von 5.016 gegenüber.
Unter den Herkunftsländern der jüdischen Einwanderung ist Polen mit
4o,5% vertreten, Sowjetrußland mit 12,4%, Mitteleuropa mit 9% (der
Prozentsatz für Mitteleuropa verschiebt sich nach dem Stande der
Wanderbewegung von 1933/34 wesentlich, und zwar beträgt die
Einwanderung aus Deutschland 1933/34 allein 24%), Südeuropa mit
4,1%, West- und Nordeuropa mit 3,4%, die asiatischen Länder mit
11,3%, Amerika mit 4,3% und Afrika mit 2,6%. Die Einwanderung aus
Deutschland betrug in absoluten Zahlen 1933: 6.804 und 1934: 8.497;
diese Ziffern sind durch die Zahl der Touristen zu ergänzen, die
nachträglich das Niederlassungsrecht erlangt haben.
Das natürliche Wachstum der Bevölkerung in Palästina in den letzten
Jahren ergab einen Geburtenüberschuss der Juden bei 1.000 Einwohnern
von rund 22, bei den Nichtjuden von rund 26.
Dem Glaubensbekenntnis nach gliederte sich die
Bevölkerung Westpalästinas laut Zählung von 1931 in folgende
Gruppen:
Die Juden bewohnen die Stadt Tel Aviv, in der sie die
gesamte Bevölkerung bilden, die Städte Jerusalem und Tiberias, in
denen sie die Majorität der Bevölkerung bilden, ferner die Städte
Jaffa, Haifa, Akko und Hebron, sowie rund 175 landwirtschaftliche
Siedlungen. Vereinzelt leben jüdische Familien in Beth Schean,
Nazareth und in dem galiläischen Dorf Pekiin, der einzigen jüdischen
Bauerngemeinde, die sich aus den letzten Jahrhunderten erhalten hat.
Von Cäsarea, das bis ins 13.Jahrhundert eine Rolle spielte, aber
1265 von Sultan Bibars zerstört wurde, sind sehr geringe Reste
erhalten geblieben.
Aufbau
der
Infrastruktur im Galil
In der Verteilung der Juden über das Land
bemerken wir, dass die Dorfsiedlung von der Stadtsiedlung sehr stark
überflügelt wird. Dies hat die wachsende Bedeutung der Industrie zur
Folge. Die geographische Lage begünstigt die Entwicklung Palästinas
als Industrieexportland für den Osten: Persien, Afghanistan, Indien.
Jedoch bietet die Einfuhrpolitik der Regierung kaum die nötigen
Voraussetzungen für die Schaffung einer konkurrenzfähigen
einheimischen Produktion.
Die Sefardim in Palästina haben sich in Tracht
und Lebensgewohnheiten der Landesbevölkerung angepasst. Zu ihnen
zählen auch die Juden aus Marokko, Algerien und Tunis, die den
berberischen Dialekt des Arabischen sprechen, ferner die aus Syrien,
Mesopotamien, Kurdistan, Jemen, Persien, Afghanistan, Turkestan, aus
dem Kaukasus und Buchara eingewanderten Juden. Jede Gruppe spricht
die Sprache ihrer früheren Heimat.
Die Aschkenasim sind die europäischen Juden. Seit 1822 bilden
sie die überwiegende Majorität der jüdischen Bevölkerung. Sie
stellen das aufstrebende, fortschrittliche Bevölkerungselement dar,
den eigentlichen Träger des Aufbaus. Durch die gemeinsame Erziehung
und die Verbreitung der hebräischen Sprache, die eine der drei
Landessprachen ist, ferner durch Mischehen bahnt sich allmählich die
Verschmelzung der Sefardim und der Aschkenasim in einen
einheitlichen Volkstypus an.
Erwähnt sei die arg zusammengeschrumpfte alte karäische Gemeinde.
Die
Karäer wohnen in Jerusalem, sprechen Spaniolisch, tragen die
Tracht der sefardischen Juden. Sie unterhalten keinerlei Beziehungen
zu den übrigen Juden. Die jüdische Sekte der Samaritaner
stellt Überreste einer Mischrasse dar, die aus der Verschmelzung von
Babyloniern mit den im Lande nach der Zerstörung des israelitischen
Reiches verbliebenen Israeliten entstanden ist. Im Altertum bestand
eine ausgesprochene Feindschaft zwischen den von Babylon
zurückgekehrten Juden und den Samaritanern, die ihren eigenen Tempel
auf dem Berge Gerisim bei Sichem (Sch'chem, Nablus) errichteten. Die
Samaritaner wurden von den Syrern und den Römern sehr verfolgt und
späterhin von Christen und Arabern unterdrückt. Im Mittelalter
bildeten die Samaritaner eine zahlenmäßig noch bedeutende Gruppe. Es
gab samaritanische Gemeinden auch außerhalb Palästinas, so in
Damaskus und in Kairo. Wie aus den Erhebungen von 1931 hervorgeht,
zählt die Sekte nur noch 182 Angehörige, die fast alle in Nablus
wohnen. An der Spitze der Sekte steht ein Hohepriester.
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Abb.:
Amud
haEsch / Pillar of Fire, 7tlg. israel. TV - Dokumentation v.
Yigal Lossin 1988
1. Die Rückkehr der Juden (1896-1920)
2. Der Traum (1914-1929)
3. Die deutschen Juden - Aufstieg und Niedergang (1891-1936)
u. nach Moscheh Aumann, Geschichte Israels, Carta.
Barnavi:
UNIVERSALGESCHICHTE DER JUDEN
James Parkes:
The
British in Palestine / Mark Wischnitzer:
Die Juden in der Welt
hagalil.com
04-04-2005 |