Diskussion
über Schuld und
Verantwortung im III. Reich:
Täter und OpferChaim Frank
Auch wenn das Thema "Täter und Opfer - Diskussion über Schuld
und Verantwortung im III. Reich" lautet, so möchte ich gleich vorweg
schicken, daß das Problem zwischen Deutschen und Tschechen eben nicht - wie
es so viele vereinfachend gerne behaupten - überhaupt erst mit Hitler und
der Schaffung des brutal geführten Protektorats entstanden ist. Und die
Problematik wuchs ebenfalls nicht erst ab 1918, mit der Schaffung der
Tschechoslowakischen Republik, sondern die Wurzel des Übels, genauer gesagt
"des Nicht-Verstehen-Wollens", reicht wesentlich früher, nämlich ins
beginnende 19.Jahrhundert hinüber.
Da war zunächst der verhängnisvolle und verachtenswerte
Pan-Germanismus, der das friedliche Miteinander nach Jahrhunderten
zerbrechen ließ; weil man mit Herrenrassen-Allüren andere Völker kulturell
zu unterdrücken versuchte. Weltmeister für solche Belange war besonders die
k&k-Monarchie, die jegliche Andersartigkeit, auch die sprachliche, in ihren
Ländern zerschlug, vorrangig in Böhmen und Mähren und nicht anders in
Ungarn, mit seiner integrierten Slowakei, bis hin zu den galizischen und
west-ukrainischen Schtetln, also von Lemberg bis Tarnopol. Der
österreichische Germanismus wurde absolut und massiv vorangetrieben, denn
man verachtete alles, was slawisch war.
Insofern war es nur logisch, daß sich, gerade nach 1848, auf der
slawischen (und ebenso jüdischen) Seite ein Emanzipationsbestreben breit
machte. Dieses slawische Erwachen verstieg sich alsbald in eine gewisse
romantische Verklärung, besonders wenn es um Geschichte und Herkunft der
Slawen ging, was sich gelegentlich, selbst in den sonst gewiß seriösen
Schriften des großen tschechischen Historiker Franticek Palacky 1),
widerspiegelte.
Diese Romantik, als auch die Slawen selber, wurden niemals ernst
genommen, eher müde belächelt, weil man ihnen nicht einmal irgendwelche
Qualitäten zuerkennen wollte, und so kam es von Anfang an bereits zu
vielleicht auch bewußt gewollten Mißverständnissen, was die
gegenseitige Achtung unheimlich trübte.
Mit 1848, (und nicht 1948!) begann das unglückliche Miteinander,
wo nämlich in Frankfurt am Main das deutsch-nationale Parlament
zusammentrat, um das durch kleinere Staaten geteilte Deutschland zu
vereinen, dem letztlich auch der mehrheitlich deutschsprachige Teil Böhmens
angehören sollte.
Dies ging natürlich der tschechischen Bevölkerung, als auch der
endlich erwachenden tschechischen Politik, zu weit. Denn zu dieser Zeit war
bereits das Bemühen im Gange, eine nationale Gleichberechtigung zu erwirken
- innerhalb der Habsburger Donaumonarchie.
Inzwischen gab es 1867 einen österreichisch-ungarischen Ausgleich,
den die Tschechen ihrerseits ebenfalls wollten, mittels der Bemühung um
Erneuerung des böhmischen Staates.2) Dieser tschechische
Wunsch wurde natürlich von den Deutsch-Böhmen durch Vorbehalte verhindert.
Als sich dann 1871 die Deutsch-Böhmen dem neu gegründeten Nationalstaat
anschließen wollten, wurde dies wiederum von Tschechen verhindert. Wegen der
deutschsprachigen Minderheit konnte der böhmische Staat nicht erneuert
werden - und wegen der tschechischen Minderheit konnte kein Anschluß an
Deutschland erfolgen. Diese gegenseitige Behinderung sollte noch Jahre
andauern, zu dem wuchs das Mißtrauen, denn keiner der beiden wollte in
irgend einer Form als "Minderheit" unter dem anderen leben.
Ergo erfolgte allmähliche eine innere Abgrenzung, nicht nur die
sprachliche, die es sowieso schon gab, sondern vor allem die kulturelle und
politische. Gegen Ende des 19. Jahrhundert versuchte ein deutsch-böhmisches
Politikum die Teilung der böhmischen Länder zu betreiben, auf deren Plan,
etwa 1890, sogar einige tschechische Repräsentanten eingingen. Aber die
Teilungspläne, die diesen deutschsprachigen Politikern vorschwebten, mit zum
Teil künstlichen Linien, quer durch ein wirtschaftlich einheitliches Gebiet,
wäre nicht nur inakzeptabel sondern selbst für die damalige Zeit wahnwitzig
gewesen.
Weiter: Fortsetzung...
Tschechoslowakei:
Die Jahre der
Republik
Vielleicht hätte ein
unabhängiger Deutsch-Tschechischer Staat, ähnlich wie es die Schweiz ist, in
der sogar drei Sprachen beheimatet sind, einige dramatische Spannungen
verhindern können, wer weiß? Aber das hätte Verzicht bedeutet...
Sudetendeutsche Träume erfüllen sich:
Heil Henlein!
Bereits nach der Bildung der Republik wurde es immer
deutlicher, daß auf die Tschechoslowakei ein Problem zukam, das zunehmend"
da es mit dem Aufkommen des Nationalsozialismus in Deutschland und
Österreich in Verbindung stand -, zu einer Belastung wurde: Das
Nationalitätenproblem...
Die Erwürgung der Tschechoslowakei:
Das Protektorat
Während der "Gespräche" in München standen schon die
Wehrmachtsverbände zum Angriff vorbereitet an der Grenze und warteten nur
noch auf den Befehl aus Berlin...
[Anmerkungen-Quellenangaben]
Chaim Frank / haGalil onLine
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Jüdischer Wegweiser zur Tschechischen Republik
Pruvodce po Ceske republice
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