Diskussion
über Schuld und Verantwortung im III. Reich:
Täter und Opfer
Chaim Frank
(Redebeitrag am 21. 4. 1999 in Hohenberg)
Auch wenn das Thema "Täter und Opfer - Diskussion über Schuld und
Verantwortung im III. Reich" lautet, so möchte ich gleich vorweg schicken,
daß das Problem zwischen Deutschen und Tschechen eben nicht - wie es so
viele vereinfachend gerne behaupten - überhaupt erst mit Hitler und der
Schaffung des brutal geführten Protektorats entstanden ist. Und die
Problematik wuchs ebenfalls nicht erst ab 1918, mit der Schaffung der
Tschechoslowakischen Republik, sondern die Wurzel des Übels, genauer gesagt
"des Nicht-Verstehen-Wollens", reicht wesentlich früher, nämlich ins
beginnende 19.Jahrhundert hinüber.
Da war zunächst der verhängnisvolle und verachtenswerte
Pan-Germanismus, der das friedliche Miteinander nach Jahrhunderten
zerbrechen ließ; weil man mit Herrenrassen-Allüren andere Völker kulturell
zu unterdrücken versuchte. Weltmeister für solche Belange war besonders die
k&k-Monarchie, die jegliche Andersartigkeit, auch die sprachliche, in ihren
Ländern zerschlug, vorrangig in Böhmen und Mähren und nicht anders in
Ungarn, mit seiner integrierten Slowakei, bis hin zu den galizischen und
west-ukrainischen Schtetln, also von Lemberg bis Tarnopol. Der
österreichische Germanismus wurde absolut und massiv vorangetrieben, denn
man verachtete alles, was slawisch war.
Insofern war es nur logisch, daß sich, gerade nach 1848, auf der
slawischen (und ebenso jüdischen) Seite ein Emanzipationsbestreben breit
machte. Dieses slawische Erwachen verstieg sich alsbald in eine gewisse
romantische Verklärung, besonders wenn es um Geschichte und Herkunft der
Slawen ging, was sich gelegentlich, selbst in den sonst gewiß seriösen
Schriften des großen tschechischen Historiker Franticek Palacky 1),
widerspiegelte.
Diese Romantik, als auch die Slawen selber, wurden niemals ernst
genommen, eher müde belächelt, weil man ihnen nicht einmal irgendwelche
Qualitäten zuerkennen wollte, und so kam es von Anfang an bereits zu
vielleicht auch bewußt
gewollten Mißverständnissen, was die gegenseitige Achtung unheimlich
trübte.
Mit 1848, (und nicht 1948!) begann das unglückliche Miteinander,
wo nämlich in Frankfurt am Main das deutsch-nationale Parlament
zusammentrat, um das durch kleinere Staaten geteilte Deutschland zu
vereinen, dem letztlich auch der mehrheitlich deutschsprachige Teil Böhmens
angehören sollte.
Dies ging natürlich der tschechischen Bevölkerung, als auch der
endlich erwachenden tschechischen Politik, zu weit. Denn zu dieser Zeit war
bereits das Bemühen im Gange, eine nationale Gleichberechtigung zu erwirken
- innerhalb der Habsburger Donaumonarchie.
Inzwischen gab es 1867 einen österreichisch-ungarischen Ausgleich,
den die Tschechen ihrerseits ebenfalls wollten, mittels der Bemühung um
Erneuerung des böhmischen Staates.2)
Dieser tschechische Wunsch wurde natürlich von den Deutsch-Böhmen durch
Vorbehalte verhindert. Als sich dann 1871 die Deutsch-Böhmen dem neu
gegründeten Nationalstaat anschließen wollten, wurde dies wiederum von
Tschechen verhindert. Wegen der deutschsprachigen Minderheit konnte der
böhmische Staat nicht erneuert werden - und wegen der tschechischen
Minderheit konnte kein Anschluß an Deutschland erfolgen. Diese gegenseitige
Behinderung sollte noch Jahre andauern, zu dem wuchs das Mißtrauen, denn
keiner der beiden wollte in irgend einer Form als "Minderheit" unter dem
anderen leben.
Ergo erfolgte allmähliche eine innere Abgrenzung, nicht nur die
sprachliche, die es sowieso schon gab, sondern vor allem die kulturelle und
politische. Gegen Ende des 19. Jahrhundert versuchte ein deutsch-böhmisches
Politikum die Teilung der böhmischen Länder zu betreiben, auf deren Plan,
etwa 1890, sogar einige tschechische Repräsentanten eingingen. Aber die
Teilungspläne, die diesen deutschsprachigen Politikern vorschwebten, mit zum
Teil künstlichen Linien, quer durch ein wirtschaftlich einheitliches Gebiet,
wäre nicht nur inakzeptabel sondern selbst für die damalige Zeit wahnwitzig
gewesen.
Aber vielleicht hätte ein unabhängiger Deutsch-Tschechischer
Staat" ähnlich wie es die Schweiz ist, in der sogar drei Sprachen beheimatet
sind" einige dramatische Spannungen verhindern können, wer weiß? Aber das
hätte Verzicht bedeutet, einmal für die k&k-Monarchie, und zum anderen für
das Deutsche Reich" und auf Gebiete zu verzichten zu Gunsten einer
friedlichen Lösung, das wollte sowieso keiner; auch heute nicht" man siehe
bloß den Jugoslawien-Konflikt.
Man hatte auch ganz andere Ideen" und die kamen zumeist aus
Deutschland, aber auch aus Wien. Zum Beispiel empfahl der deutsche
Historiker Theodor Mommsen, in der Neuen Freien Presse
(Wien) vom 31. Oktober 1897:
"Seid hart! Vernunft nimmt der Schädel der Tschechen nicht
an, aber für Schläge ist auch er zugänglich!"
Und in einem anderen Zusammenhang: Der Gedanke an eine mutwillige
Vertreibung, der kam nicht erst nach 1945, sondern der entstand schon
damals, im vorigen Jahrhundert, und zwar in den Köpfen so mancher radikaler
Deutsch-Böhmen, und es waren Tschechen, die vertrieben werden sollten.3)
Dazu kam es natürlich nicht" dafür aber gab es zu genüge ordinäre, verbale
Gewaltakten (vor allem in der damaligen Presse), die das gegenseitige
Entfremden immer weiter trieben.
Wie sehr man die Slawen seinerzeit verachtete" und dessen waren
sich die Tschechen schon lange bewußt" kommt allein schon aus einem
Ausspruch des"kaiserlichen Antisemiten?, Wilhelm II, von 1899 zum Ausdruck:
"Ich halte es für eine Beleidigung des deutschen Volkes,
falls es mit Tschechen, Slowenen oder Ungarn verglichen wird."
Mit großer Zwietracht also schlitterte man gemeinsam in den Ersten
Weltkrieg.
Die meisten Tschechen betrachteten das Habsburger-Reich jedoch
nicht mehr als ihren Staat und wollten daher auch nicht mehr für ihn
kämpfen, vor allem nicht gegen Serben und Russen, die für sie slawische
Verwandtschaft war. 4)
Unglücklich mußten tschechische Soldaten für Österreich-Ungarn
kämpfen und fielen dabei in großer Zahl. Einige Tschechen bemühten sich
wiederum den Dienst in der Armee zu verweigern, oder desertierten, oder
ergaben sich bald nach Kriegsausbruch, bei erster feindlichen Berührung.
Andrerseits wurden nicht wenige Tschechen aus irgendwelchen lapidaren
Gründen und mutwilligen Vorwürfen, hingerichtet.
Ein Jahr nach Kriegsausbruch zeichnete sich bereits am Horizont
ab, daß das Habsburg-Imperium" und auch andere Monarchien in Europa", keine
lange Lebensdauer haben werden. Hinzu kommt noch, was die wenigsten im
Westen erwartet hatten, die Russische Revolution, die ebenfalls das
bisherige Denken verändern sollte" vor allem, weil sie allen unterdrückten
Völkern Mut machte, sich vom Joch zu befreien.
Und so kam was kommen mußte ... Das Ende des Krieges und die
Neuordnung Europas, ja der ganzen Welt!
Roger Portal hat das, was hernach nun eintreffen sollte, sehr
treffend in seiner interessanten kultur-geschichtlichen Abhandlung?"Les
Slaves. Peuples et Nation?
5), niedergeschrieben:
"Von der Zielsetzung eines souveränen tschechischen Staates
aus gesehen, verkörperte der Soziologe Thomas Garrigue Masaryk
(1850-1937), dessen ganze politische Aktivität seit 1899 sich in den
Kampf um die Unabhängigkeit konzentrierte, am besten das Ideal, das
die Mehrheit des tschechischen Volkes verfolgte.
Die österreichisch-ungarische Monarchie mußte zusammenbrechen, um die
Bildung eines unabhängigen Staates zu ermöglichen, unter Einschluß der
Slowakei, deren Kultur der tschechischen so nahe stand und die
gemeinsam mit den Tschechen gekämpft hatte, in der Abwehr gegen den
deutschen Imperialismus auf die westlichen bürgerlichen Demokratien
gestützt."
Als Tschechen gemeinsam mit slowakischen Repräsentanten die
Tschecho-Slowakische Republik proklamierten, beriefen sie sich auf das
endlich sich vollziehende Selbstbestimmungsrecht. 6)
Die Deutsch-Böhmen hingegen, die einst so euphorisch für Sieg und
Vaterland in den Krieg gezogen, zumal sie sich ja auch dadurch neue Grenzen
erhofften, waren vom Endergebnis des Krieges schockierend. Das ist
gewissermaßen zu verstehen, denn sie wollten nach dem, von Österreich und
Deutschland gestützten, germanischen Herrschaftsgehabe, nun nicht, in einer
Zeit des gesteigerten Nationalitäten-Konflikts, etwa als Minderheit und noch
dazu in einem von Slawen geführten Staat leben. Darum beriefen sich ihre
Sprecher gleichfalls auf das Selbstbestimmungsrecht, und lehnten die
Einladung in den tschechoslowakischen Nationalausschuß ab denn sie wollten
sich zunächst lieber Deutsch-Österreich 7)
anschließen.
Der Sinn bestand vor allem darin, wie es ja Karl Renner so offen
in seinem 1938 in Wien erschienen Machwerk, vermutlich besonders für Hitler
so formulierte: 8)
"Es galt, die Sudetendeutschen von dieser (also
tschechischen) Oberhoheit und dieser Gemeinschaft mit den Tschechen
loszulösen und auf deutsche Gebiete in demokratischer Weise eine
autonome politische Gewalt einzurichten."
Nach den Vorstellungen (dieser sich nun als"Deutsch-Österreicher?
bezeichnenden) Austrianer sollten die von Deutschen besiedelten Distrikte
(das war West- und Nordböhmen (Deutschböhmen), Nordmähren, sowie Schlesien
(Sudetenland 9)), allesamt österreichische Provinzen
werden, und die restlichen deutschen Gebiete Südböhmens und Südmährens
sollten dann unmittelbar in die Länder Ober- bzw. Niederösterreich
eingegliedert werden. Doch die Alliierten machten dem Wunschträumen der
besiegten Österreichern, zugunsten der tschechischen Option, einen Strich
durch ihre Rechnung" und nicht nur das: Man untersagte ihnen zum einen, die
von Deutschen bewohnten Gebiete der Republik Deutsch-Österreich (als auch
Deutsch-Österreich selber) in das Deutsche Reich zu inkorporieren, und
ferner verbot man ihnen zugleich auch die Weiterführung der
Bezeichnung"Deutsch-Österreich?, das sich fortan nur noch Österreich
zu nennen hat.
Vielleicht ist in diesem Zusammenhang interessant zu erfahren, daß
das selber gerade erst zu einer Republik gewordene Deutsche Reich, einer der
ersten Staaten war, welcher die Tschechoslowakische Republik diplomatisch
anerkannte. Denn auch die siegreichen Alliierten hatten längst den neuen
Staat in seinen Grenzen (samt der zahlenmäßig starken deutschen Minderheit)
anerkannt und bestätigt.
In einer seiner ersten Botschaft an die Nationalversammlung am 22.
Dezember 1918, sagte Präsident Masaryk unter anderem:
"Ich wiederhole: wir schufen unseren Staat; so wird die
staatsrechtliche Stellung unserer Deutschen bestimmt, die ursprünglich
in unseren Staat als Immigranten und Kolonisten kamen. Wir haben ein
vollkommenes Recht auf den Reichtum unseres Gebietes, der unerläßlich
ist für unsere Industrie und die Industrie der Deutschen unter uns.
Wir wollen und können unsere zahlreichen tschechischen Minderheiten
auf dem sogenannten deutschen Gebiet nicht opfern. Wir sind auch davon
überzeugt, daß der wirtschaftliche Nutzen unsere deutschen Landsleute
auf uns verweist. Es hängt von ihnen ab, daß sie sich zu uns richtig
stellen ... Ich wünsche mir aufrichtig, daß wir uns so bald wie
möglich verständigen ... Wir nehmen sie gern an, wenn sie sich für die
Zusammenarbeit entscheiden. Niemand kann uns übelnehmen, wenn wir nach
so vielen bitteren Erfahrungen vorsichtig sein werden, aber ich
versichere, daß die Minoritäten in unserem Staat volle nationale
Rechte und bürgerliche Gleichberechtigung genießen werden."
Hier erkennt man sofort, daß Masaryk" wie ihm des öfteren von der
Sudetendeutschen Seite vorgeworfen wurde", eben keine anti-deutsche
Gesinnung hatte, sondern im Gegenteil: gerade mit dieser Rede streckte er
den Deutschen seine Hand hin, nämlich zur Zusammenarbeit und gemeinsamen
Gestaltung des Tschechoslowakischen Staates.
In einer interessanten Schrift der EKD (Evangelische Kirche
Deutschland) kann man u.a. folgendes lesen:
"Masaryk ging es sicherlich nicht um die Gründung des
Nationalstaates im ethnischen Sinne. In der CSR lebten Tschechen,
Slowaken, Deutsche, Ruthenen, Polen, Ungarn und unter ihnen auch
Juden.
Masaryk selbst war vom Vater her Slowake, seine Mutter war eine
deutsch erzogene Mährin, seine Frau Amerikanerin.
Er nahm sich die amerikanische Demokratie zum Vorbild und konnte so
unter dem Begriff des "tschecho-slowakischen Volkes" auch "Deutsch
sprechende Tschecho-Slowaken" verstehen.
In einem Umfeld aber, das durch mehr als ein halbes Jahrhundert der
Auseinandersetzung vom nationalen Selbstbehauptungskampf geprägt
worden war, konnte sich eine solche Sichtweise bei der Mehrheit weder
der Tschechen noch der Deutschen durchsetzen." 10)
Durch österreichische und deutsche Querulanten" die nämlich ihre
Kriegsniederlage nicht überwinden konnten" aufgehetzt, konnten und wollten
die Deutsch-Böhmen aber keine Zusammenarbeit herbeiführen. Sie zogen es
lieber vor, lieber an mehreren Orten Kampfdemonstrationen stattfinden zu
lasen, so z. B. am 4. März 1919
11), daß von den Tschechen ihr Recht auf Selbstbestimmung
mißachtet werde. In diesem Zusammenhang randalierten etliche Deutsche,
verübten Anschläge auf öffentliche Gebäude und zerstörten tschechische
Staatswappen. Als schließlich die tschechischen Truppen gegen dieses
gewaltsame Treiben vorgingen, war das Resultat: 53 Tote. Davon waren 51 auf
deutscher Seite zu verbuchen! Dies, wenn man die Hintergründe nicht kennt,
ließ die Tschechen als Buhmänner erscheinen. Solche tragischen
Geschehnisse, als auch andere gegenseitige Provokationen, trugen keineswegs
zur Verständigung bei, sondern entfremdete die beiden Nationalitäten
zusehends.
Aus soziologischer Sichtweise fühlten sich die Deutschen
zurückgestuft und fühlten es als Schmach, daß sie nun, in dieser Ersten
Tschechischen Republik nicht mehr als Staatsvolk, sondern zweitrangig
dastanden.
Dabei räumte ihnen die Tschechische Regierung wesentlich mehr
Rechte ein, als die Tschechen früher, unter den Deutschen besaßen. Trotz
vieler Mängeln, die immer am Anfang eines jungen Staat entstehen konnten
(daß war in Polen, Ungarn, Rumänien ebenso wie in dem frischen Sowjetstaat)"
gewährte die Tschechische Republik den Deutschen einen demokratischen
Lebensraum.
Beispielsweise konnten die deutschen ihr ausgezeichnetes
Schulwesen bis hin zur deutschen Universität in Prag, als auch ihre starke
Positionen in Industrie und Handel beibehalten. Auch hatten sie bei
Vertretungen der Gemeinden, am Frauenwahlrecht, oder an der sozialen
Gesetzgebung vollsten Anteil. Und seit 1926 waren natürlich auch deutsche
Politiker an der Regierung beteiligt und mit ihnen die entsprechenden
Parteien.
Karl Popper notierte später in seinen Erinnerungen: sie (die
tschechoslowakische) war damals die aufgeschlossenste Gesellschaft.
Und doch betrachteten sie jedes Tun der Tschechen mit Argwohn und
Mißtrauen und erkannten sofort in jedem neuen Gesetz eine Benachteiligung
für sich: so z.B. durch das Sprachengesetz von 1920, durch die Bodenreform
oder selbst auch durch die Gründung von tschechischen Minderheitenschulen im
deutschsprachigen Siedlungsgebiet.
Gewiß die tschechischen Beamten hatten ihrerseits auch keinen Hehl
daraus gemacht, daß sie nun die neuen Herren im Lande sind, und ließen"
geschult an früheren Erfahrung durch Österreichische Staatsbeamten" dies nun
der deutschen Minderheit verspüren. Da kam es sicherlich zu verbalen
Versteigungen so mancher tschechischer Nationalisten, daß das "verdeutschte"
Gebiet "tschechisiert" werden würde. Ein Wahnwitz, der übrigens zum
damaligen Zeitpunkt nie hätte realisiert werden können, aber dadurch fühlten
sich Deutsche, die solche Aussprüche ernst nahmen, beleidigt und verstoßen.
Darum muß auch gesagt werden, daß gerade dieser gewisse perfide
tschechische Nationalismus ebenso dazu beigetragen hat, die Existenz der
Ersten Tschechischen Republik zu untergraben.
Und so schaukelte sich gegenseitig allmählich die eine Reaktion
mit der anderen darauffolgenden Gegenreaktion hoch, und auch wirtschaftlich"
vor allem nach der Wirtschaftskrise von 1929", zeigte es sich, wie
unsensibel man mit einander umging. Die pauperisierende Grenzregion sank
immer tiefer in Armut und Hunger, wo hingegen das tschechische Inland, mit
seiner Industrie und gut versorgten Struktur, weit aus weniger von
Arbeitslosigkeit und Not betroffen war.
Dies alles zusammen ergibt aber nicht allein die plausible
Erklärung dafür, wieso gerade die Deutschen in der Tschechoslowakei (als
auch die deutsche Minderheit in Polen, Ungarn, Rumänien in der Bukowina, und
die Österreicher erst recht) so anfällig waren für Hitlers Propaganda.
Und für die Verbreitung des völkischen Gedankenguts und der
großdeutschen Gesinnung, waren nicht nur die Nationalsozialisten zuständig,
sondern auch
Sozialisten, die nämlich deutsch-national fühlten und dachten.
Das waren nicht wenige in Deutschland, viele in der Tschechoslowakei die
meisten aber agierten unter dubios geistigen Licht in Österreich. Der aller
größte unter ihnen war der bereits zitierte Karl Renner, der nicht
nur bewußt den Anschluß Österreichs ans Nazi-Reich in seinen Schriften
propagierte und sich somit freiwillig zu einem Gesinnungslumpen machte,
sondern er drosch bei jeder Gelegenheit" im Sinne Theodor Mommsen" auf die,
selbst der demokratischsten tschechischen Köpfe ein.
Wie sehr seine Gesinnung ausgerichtet war, kann man alleine aus
dem Vorwort zu seinem perfiden Machwerk "Der Anschluß und die
Sudetendeutschen" entnehmen, daß G?T Lob noch rechtzeitig nach Hitlers
Einmarsch in Österreich erschienen ist, im September 1938 im
Österreichischen Wirtschafts-Verlag. Da schrieb dieser nationale
Sozialist unter anderem: (Zitat)
"Die vorliegende Arbeit war beendet und dem Druck
übergeben, als im dramatischen Ablauf einiger Wochen durch die
beispiellose Beharrlichkeit und Tatkraft der deutschen Reichsführung,
vereint mit der weitblickenden Staatsklugheit der Regierung
Großbritanniens, unter opferbereiter Selbstüberwindung Frankreichs und
heroischer Verzichtleistung der Tschechoslowakei, mit dem
vermittelnden Beistand Italiens, ohne Krieg und Kriegsopfer, sozusagen
über Nacht, das sudetendeutsche Problem volle Lösung fand. (...)
Die Münchner Vereinbarungen schließen ein leidvolles Kapitel der
Geschichte, indem die Donaumonarchie für alle Zeiten liquidieren und
das Nationalstaats-Prinzip für Mitteleuropa zur Vollendung führen; sie
eröffnet zugleich ein neues Kapitel europäischer Geschichte, leiten es
mit neuen Methoden ein und machen die Bahn frei für andere, völlig
neue Ziele, die sich ahnen, aber noch nicht erweisen lassen. "
Nicht anders hätte es also Renners Staatsgenosse, der andere
Österreicher, der seit 1933 Reichskanzler in Deutschland werden konnte, in
seinem Mein Kampf, formuliert haben können.
Nicht nur für Renner, für Hitler und andere nationalistische
Chauvinisten hat"sozusagen über Nacht, das sudetendeutsche Problem volle
Lösung? gefunden hier haben zu viele gejubelt, auch bereits bei der
Einverleibung Österreichs ins faschistische Deutschland.
Man darf aber nur vermuten, daß Renner, der in seinem Vorwort auch
noch so hoffnungsvoll von"völlig neuen Ziele, die sich ahnen? lassen,
schwafelte, nicht aber den Schrecken, den das darauffolgende Protektorat mit
sich brachte, gemeint haben dürfte. Und doch schrieb er am Abschluß seiner
nationalistischen Schrift:
"Das tragische Opfer der Fehler von Saint Germain und ihre
Berichtigung durch München ist diesmal das tschechische Volk: dort
verführt, über seine eigene Kraft sich zu erheben, ist es hier tief
herabgestürzt worden, tiefer als seinem geschichtlichen Range
entspricht. Es büßt nur zum Teil eigene, es büßt noch mehr fremde
Schuld."
Sicherlich dürfte auch den anderen Sozialisten nicht entgangen
sein, und was sehr schnell, nach der Machtübergabe an Hitler, bekannt wurde,
wohin das Großdeutsche Machtstreben führen wird. Hatte doch Hitler bereits
im Sommer 1932 auf einer Versammlung gesagt:
"Das böhmisch-mährische Becken, die an Deutschland
grenzenden Ostgebiete werden wir durch deutsche Bauern besiedeln. Wir
werden die Tschechen aus Böhmen nach Sibirien oder in die wolhynischen
Gebiete verpflanzen, wir werden ihnen in den neuen Bundesstaaten
Reservate anweisen. Die Tschechen müssen heraus aus Mitteleuropa."
12)
Aber diese Idee, kam" wie ich bereits erwähnte" nicht erst von
Hitler, sie ist etwas älter, bereits im 19. Jahrhundert aufgegriffen und
selbst Bismarck erklärte einmal in völliger Euphorie:
"Böhmen ist eine Zitadelle Europas. Wer Böhmen beherrscht,
ist Herr Europas."
Sudetendeutsche Träume erfüllen sich: Heil Henlein!
13)
Bereits nach der Bildung der Republik wurde es immer deutlicher,
daß auf die Tschechoslowakei ein Problem zukam, das zunehmend" da es mit dem
Aufkommen des Nationalsozialismus in Deutschland und Österreich in
Verbindung stand -, zu einer Belastung wurde: Das
Nationalitätenproblem.
Schon in den Anfängen der Republik saßen im benachbarten
österreichischen Wien - und nicht nur dort" einige Reichsrats-Abgeordnete,
die für sich"Provinzen?, wie Deutsch-Südmähren,
Sudetenland, Böhmerwaldgau
und Deutschböhmen 14) ausriefen und in diesem
Zusammenhang einen Anschluß dieser"Provinzen? an die Republik
Deutsch-Österreich proklamierten. Diese Anschlußbewegung
scheiterte jedenfalls am Widerstand der tschechoslowakischen Regierung und
letztlich auch an dem der Siegerstaaten.
Nachdem die von den Deutschen und Deutsch-Österreichern
besiedelten Gebieten auch unter die Souveränität des tschechoslowakischen
Staates gestellt wurden, zogen es einige Putschisten vor, nach Deutschland
zu fliehen.
Dort beschäftigten sie sich mit der Gründung einer
Dachorganisation, genannt Hilfsverein für Deutschböhmen und Sudetenland,
mit der sie weiterhin gegen den tschechoslowakischen Staat agierten. Später
wurden sie übrigens von anderen Organisationen wie dem
Alldeutschen Verband, dem Verein für das Deutschtum im Ausland
und dem Deutschen Auslandinstitut 15)
mit Sitz in Stuttgart finanziert.
Hinzu kamen zu Beginn 1919 außerdem noch Grenzkonflikte mit
Ungarn, das die Slowakei für sich beanspruchen wollte, und Polen, welches
das Gebiet um Tessin für sich haben wollte. Trotz allem aber waren die
teilweise scharf in Opposition stehenden deutschen Parteien der CSR, Bund
der Landwirte, christlich-soziale Volkspartei, Deutsche Nationalpartei,
Deutsche Nationalsozialistische Arbeiterpartei 16), Deutsche
Sozialdemokratische Arbeiterpartei und andere Gruppierungen, die sich
jahrelang weigerten, mit den tschechischen und slowakischen Parteien
zusammenzuarbeiten, eine der schwierigen Belastungen und Prüfungen für die
tschechische Republik.
Besonders die Deutsche Nationalpartei (DNP) und die Deutsche
Nationalsozialistische Arbeiterpartei (DNSAP), beides sudetische
pro-faschistische Bewegungen, die vor allem eines gemeinsam hatten,
teutsch-nationalistisches, antisemitisches und natürlich
anti-tschechoslowakisches Gesinnungsgut. Sie standen zumeist in der
Tradition des ur-bekannten Österreichers Georg Ritter von Schönerer.
17)
Insofern war also die spätere NSDAP keine Erfindung des arischen
Deutsch-Österreichers A. Hitler, sondern des Schönerer-Freundeskreis jener
Sudeten, deren Hauptziel es war, ihre privilegierte Position aus der? guten
alten k&k-Zeit? Österreich-Ungarns zurückzuerlangen, und zwar mit allen
Mitteln.
Neben diesen Deutsch-Nationalen hat sich im östlichen Teil der
Tschechoslowakei eine andere nationale Bewegung gebildet, die Hlinkova
slovenska l?udova strana (Hlinka?s Slowakische Volkspartei). Sie wurde vom
politischen Katholizismus gefördert und stellte sich gleichfalls mit einer
separaten Autonomieforderung gegen die"SR.
Auch die junge Tschechoslowakei konnte nicht freigehalten werden
von diesem post-monarchistischen Erscheinungsbild, dem militanten
Faschismus. Mitte der zwanziger Jahre bildete sich ein
Ustredni vybor"eskoslovenskych fa?istu
(Zentralausschuß tschechoslowakischer Faschisten), der sich um 1926 mit
anderen faschistoiden Gruppierungen zur Národni obec fa?istick, also
faschistischen Volksgemeinde vereinigte, an deren Spitze R. Gajda und J.
Stribrny standen. Neben dieser erstarkte sich die Partei des Slowakenführers
Andreas Hlinka zusehends.
In Prag und in den tschechischen"Randgebieten? blieben allerdings
die Sudeten als Negativisten gleichfalls nicht untätig, zumal sie
vorzügliche Unterstützung und Rückendeckung aus dem Reich, der Weimarer
Republik, erhielten. Neben den Hakenkreuzlern, das waren zunächst die
bereits bekannte DNP und die DNSAP, gesellten sich noch weitere, der
faschistischen und deutsch-nationalistischen Ideologie nahestehende
Vereinigungen hinzu, wie z.B. der Kameradschaftsbund
18) im Sinne eines Dr. Othmar Spann 19)
und der Deutsche Turnverein, dessen"Turnvater? ein gewisser Konrad
Henlein aus Asch war, der sich später als Heim-ins-Reich-Führer
der Sudeten profilieren sollte.
In den dreißiger Jahren waren längst schon die"Geburtswehen? des
europäischen Faschismus und des deutschen Nationalsozialismus überstanden,
wobei man sich damit gleichzeitig auch der Toleranz und Liberalität
gegenüber politisch Andersdenkender oder religiöser Minderheiten entledigte.
Der Stein war geworfen, und es schien nicht nur, sondern es war
auch so, daß die Woge des Hasses und der Gewalt nun überall zu überschwappen
begann.
Wie sich die sudetische Nazibewegung darauf einstellte, geht aus
den Worten Mr. Alderman?s beim Nürnberger Prozeß am 3.12.1945 hervor:
"Im Jahre 1932 übernahmen die Rädelsführer des
Sudetendeutschen Volkssports, einer Organisation, die der Nazi-SA oder
Sturm-Abteilung entsprach, offen die 21 Punkte des Hitlerprogramms,
deren erster den Zusammenschluß aller Deutschen in einem
Großdeutschland verlangt. Kurze Zeit darauf wurden sie beschuldigt,
einen bewaffneten Aufstand zugunsten einer auswärtigen Macht
angezettelt zu haben, und wurden wegen Verschwörung gegen die
Tschechoslowakische Republik verurteilt.
Gegen Ende 1933 kam die Nationalsozialistische Partei in der
Tschechoslowakei durch ihre freiwillige Auflösung einem
Auflösungsbefehl zuvor, und einige Führer flüchteten über die Grenze
nach Deutschland. In dem darauffolgenden Jahre wurde die
Nazibetätigung in der Tschechoslowakei illegal fortgesetzt."
Die Henlein-Sudeten terrorisierten die tschechische Bevölkerung
ebenso wie ihre politischen Gegner, und in manchen Fällen wurden Feinde der
Nazis, wie z.B. Theodor Lessing (1933) und Ing.Formis (1935), die aus
Deutschland geflohen waren, ermordet.
Neben den Sudeten schlossen sich 1934 in der"SR auch andere
faschistoide Gesinnungslumpen mit ihresgleichen zur"Narodni fronta?
(Nationalen Front) zusammen. Außerdem bildete sich unter der Führung von K.
Kramar die Nationaldemokratische Partei"SR mit der Grupa Stribrny´s zur
Narodni sjednoceni (Nationalen Vereinigung), die nicht minder faschistische
Tendenzen aufwies. In der Slowakei propagierte der Autonomicky Blok
(Autonomer Block), eine 1932 entstandene Gruppierung um die Hlinka-Partei,
die"ungelösten Beziehungen? zwischen dem tschechischen und slowakischen Volk
für separatistische Bemühungen.
Mit diesen faschistischen Bewegungen standen Schulter an
Schulter, natürlich mit der Rückendeckung vom"Deutschen Reich?, demagogisch
die am 1. Oktober 1933 von Henlein gegründete Sudetendeutsche Heimatfront,
die neue irredentistische Nazipartei, die sich ab 1935 in Sudetendeutsche
Partei (SDP) umbenannte. 20)
Es liegt auf der Hand, daß Henlein seine Wählerschaft mit ihrem
Freundeskreis - der bald die ganze Sudetenschaft ergriff -, in hysterischen
Freudentaumel und Enthusiasmus ausbrechen ließ, als Hitler 1933 in
Deutschland die Macht ergriff. War doch Hitler selbst einer von ihnen, oder
zumindest ein in Braunau am Inn geborener Deutsch-OberÖsterreicher.
Mit der Machtergreifung Hitlers im Jahre 1933 wurde der
deutsche Nationalsozialismus, der seinesgleichen zunächst in Italien,
Spanien, Österreich, und später in Ungarn, in Rumänien, im Vichy-Frankreich,
ja selbst in der Schweiz freundschaftlich kollabierende Parallelen fand, auf
der politischen Ebene hoffähig. Gleichzeitig aber entstand mit dem Aufkommen
des Nationalsozialismus und des Faschismus auch die Gefahr von Aggressionen
gegenüber anderen ost- und westeuropäischen Ländern, bei der sich vor allem,
aufgrund der Eroberung neuen Lebensraumes des Hitler-Deutschlands, die
Tschechoslowakei bedroht fühlte. Aus dieser Situation heraus war der am 16.
Mai 1935 mit der Sowjetunion unterzeichnete Bündnisvertrag nicht nur von
internationaler Bedeutung, sondern wurde - wie es R. Dau und F. Svatosch in
einer Dokumentation bemerkten -? für die Tschechoslowakische Republik zu
einer Lebens- und Existenzfrage.
Schon die Parlamentswahlen im Mai gleichen Jahres waren
gekennzeichnet durch offene Auseinandersetzungen zwischen den Agitatoren des
Faschismus, den sudetischen Nationalsozialisten und den tschechischen
Demokraten sowie den Kommunisten. In der Slowakei siegte der Autonomistische
Block und der Block der ungarischen nationalistischen Parteien. Im
Sudetengebiet gewann natürlich die Henlein-Partei an Zuwachs und wurde mit
1.250.000 Stimmen die stärkste Partei des Landes.
21)
Gleichfalls 1935, am 18. Dezember, trat Edvard Bene? als neu
gewählter Präsident der Tschechoslowakischen Republik und Nachfolger des
inzwischen erkrankten T.G. Masaryk in das Amt ein, nachdem Prof. Bohumil
Némec vom Dezemberblock seine Gegenkandidat wieder zurückzog.
Inzwischen wuchs die Gefahr, die immer mehr von den
faschistischen und nationalsozialistischen Kräften ausging. Die
Verhandlungen der Hlinka-Partei mit der Regierung Hodza in Prag scheiterten,
da sich die Regierung weigerte die slowakischen Autonomisten an der
Regierung und an der legislativen, sowie exekutiven Macht teilnehmen zu
lassen. Mag sein, daß dies ein Fehler gewesen war - oder auch nicht -, denn
nun begannen ohnehin die klerikalen Faschisten offen mit den
Nationalsozialisten zusammenzuarbeiten.
Dies tat Henlein übrigens schon längst mit seiner Partei. Neben
seiner antitschechoslowakischen Tätigkeit, die von Berlin aus tatkräftig
unterstützt wurde, nahm er mit den slowakischen und ungarischen Faschisten
eine"neue Haltung? ein, was nicht zuletzt auch im gesamten Westeuropa,
einschließlich Amerika begrüßt und wohlwollend aufgenommen wurde: Der
Kampf gegen die Bolschewisierung. In diesem Zusammenhang wurden
propagandamäßig alsbald unhaltbare Gerüchte in Umlauf gebracht, z.B. das
überall schon sowjetische Flugzeuge stationiert seien, die"SR als
Flugzeugmutterschiff der Sowjetunion, quasi als"Ausfallstor des
Bolschewismus? zu sehen sei; dann wiederum wurde sie als Nest unterirdischer
Revolution gegen Deutschland und womöglich auch gegen die übrige Welt
diskreditiert.
Diese Gerüchte waren selbstverständlich hirnrissig und
entsprachen nicht im geringsten der Realität. Daß aber die Stimmung der
Sowjetregierung sich ausgesprochen gegen die Politik Deutschlands richtete,
ist andrerseits jedoch nicht von der Hand zu weisen.
Was aber die Verbindung"SR und UdSSR betraf, hatte W. Churchill in
seinem Buch Der Zweite Weltkrieg richtig erkannt:
"Stalin hatte das Gefühl einer persönlichen Schuld
gegenüber Präsident Benes, und in der Sowjetregierung regte sich ein
starker Wunsch, Benes und seinem bedrohten Land gegen die Nazigefahr
zu helfen."
Henlein aber versuchte nun unentwegt, auch die Herzen der
Westmächte zu erobern und begann unter dem Deckmäntelchen des
Anti-Bolschewismus seine Kampagne"für die sudetendeutsche Frage? im
Völkerbund durchzudrücken. Ja, er machte sie schlicht zu einem
internationalen Problem! Daß dies völlig dem Interesse Hitler-Deutschlands
diente, braucht hier nicht besonders erörtert werden.
Das nationalsozialistische Deutschland begann unterdessen (nicht
einmal geheim) mit der Neuordnung Europas, indem es mit Hilfe seiner
Außenpolitik - besonders unter der Flagge des
Anti-Bolschewismus - die übrigen Länder mit Zusagen und Versprechungen
einlullte. Denn schon Mitte 1937 war die exakte Ausarbeitung des
Planes"Grün? durch den Kriegsminister General Blomberg, die militärische
Zerschlagung der"SR, grundlegend vorbereitet worden. 22)
Wie fein und ausgeklügelt die Methode und Strategie war, mit der
Hitler bei der Neuordnung Europas für sein Groß-Deutschland vorging,
haben damals die Westmächte kaum erkannt, sondern ließen sich allesamt
blenden. André François-Poncet hat in seinem Buch >Als Botschafter in
Berlin 1931-1938< die Verwirklichung des Großdeutschen Reiches
folgendermaßen beschrieben:
"Diese Methode besteht darin, zunächst eine wohlüberlegte
und steigende Aufreizung der unruhigen Elemente in dem Land zu
betreiben, dessen man sich bemächtigen will oder das niedergeschlagen
werden soll. Dazu benutzt man Agenten, die von draußen kommen oder
sich im Lande selbst finden. Die von ihnen hervorgerufenen
Zwischenfälle waren sorgfältig und in immer kürzeren Zwischenräumen
von der Goebbels-Presse in großer Aufmachung wiedergegeben um die
öffentliche Meinung in Atem zu halten und eine internationale
Krisenstimmung vorzubereiten. Dann greift Hitler ein und erklärt, daß
ihm das Schicksal einer Bevölkerung nicht gleichgültig sein könne, die
er als Zweig der deutschen Familie betrachtet, als eigenes Fleisch.
Unter dem Druck von Berlin, das nach seinem Wunsch nach Verständigung
beteuert, und dem der am Frieden interessierten Mächte werden
Verhandlungen eröffnet. Sie ziehen sich mehr oder weniger lange hin,
die Forderungen Deutschlands wachsen, bis die begehrte Frucht reif zu
sein scheint. In diesem Augenblick läßt Hitler unter irgendeinem
Vorwand die Maske fallen, und seine Truppen greifen ein."
Daß die westlichen Mächte beim Anschluß Österreichs, 12./13. März
1938 keine besonderen Reaktionen zeigten, mag noch entschuldbar sein, zumal
die Österreicher, geschult an ihrem Austro-Faschismus, nicht nur Parallelen
zum Deutschen Reich vorwiesen, sondern sich selbst unter klerikalem Gequäke
mit Seyß-Inquart ins Reich drängten.
Wie bemerkte François-Poncet folgerichtig weiter:
"Die Haltung des Volkes (Österreicher) drängt alle
Erinnerungen an die zynischen Gewalttaten, mit denen Deutschland sich
eines Dollfuss und eines Schuschnigg entledigte, in den Hintergrund,
und so müssen alle Proteste platonischen Charakters sein."
Daß es unter den Österreichern natürlich einige gab - von Juden,
Kommunisten und Weitsichtigen abgesehen, versteht sich -, die nicht mit der
Eingliederung ins Großdeutsche Reich einverstanden waren, ist unbestritten.
Nach dem Anschluß Österreichs" meinte Hitler ganz offen zu General
Halder:
"Das wird den Tschechen sehr unangenehm sein""
Und Goering log derweil dem tschechischen Gesandten ins Gesicht:
"Deutschland hegt keine bösen Absichten gegen die
Tschechoslowakei".
Die Wahrheit aber sah so aus:
"Die deutsche Propaganda und die deutschen Streitkräfte
konnten sich jetzt unmittelbar gegen die Westgrenze der
Tschechoslowakei wenden," schrieb Churchill, "in deren von den
Sudeten besiedelten westlichen Randgebieten eine aggressive deutsche
nationalistische Partei tätig war, die nur darauf wartete, im Falle
von Unruhen als fünfte Kolonie aufzutreten".
So kam es dann auch! Bei einer Rede am 20.2.1938 forderte Hitler
das sudetendeutsche Volk - über das er den Schutz übernehme - zur Einigkeit
auf.
Nach dem besagten Anschluß Österreichs sah sich Henlein
veranlaßt,"seinem Führer? zu danken und schrieb an den Reichsaußenminister
Ribbentrop:
"In unserer tiefen Freude über die glückliche Wendung in
Österreich haben wir das Bedürfnis, all jenen, die am Gelingen des
neuen großen Werkes des Führers Anteil haben, unseren Dank zum
Ausdruck zu bringen.
Nehmen Sie, hochverehrter Herr Minister, demnach auch den
aufrichtigen Dank des Sudetendeutschtums hiermit entgegen. Den Dank an
den Führer werden wir durch verdoppelten Einsatz im Dienst der
großdeutschen Politik abstatten."
Die Henlein-Gruppen, die gerne von einigen
als"Widerstandsbewegung? gesehen werden, hatten keineswegs diesen Anschein,
sondern sie waren gleichfalls wie die militanten Nazis organisiert. Sie
betrieben verstärkt und offen ihre Aggressionen mittels anti-tschechischer
und antisemitischer Propaganda.
Freiwillig, und dies sei hier betont, traten die deutschen
Agrarier und Christlich-sozialen gesamt zur Henlein-Partei über. Eine Hetz-
und Terrorkampagne gegen die tschechische und jüdische Bevölkerung, aber
auch gegen die, die sich noch nicht der
Volksgemeinschaft angeschlossen hatten, fand in immer kürzeren
Intervallen statt.
Der 24. April 1938 stand ganz im Zeichen Henleins und des
Karlsbader Programm, wo der NS-Agitator der Sudeten in einer Rede (nicht
nur nach Anweisungen von Berlin) forderte, das Grenzgebiet der Sudeten
gänzlich aus dem tschechoslowakischen Staatenverband herauszulösen und es
schließlich Deutschland anzugliedern. Damit war die"Heimkehr ins Reich?
ausgesprochen. Und nicht nur das, damit gelang es den Nazis wiederum, die
Weltöffentlichkeit zu täuschen, indem sie eine innere Angelegenheit der
Tschechoslowakei zu einem internationalen Problem machten.
Die Regierung Chamberlain wollte es genau wissen und entsandte
Lord Runciman, über den Maiski, der Botschafter der UdSSR, schrieb:
"Sein Verstand war langsam und träge, seine rednerische
Begabung mittelmäßig, sein Wissen sehr beschränkt."
Dieser Runciman also wurde als Leiter einer Sondermission nach
Prag 23) entsandt, um"Methoden zur Regulierung der
Beziehungen? zwischen der Tschechoslowakei und Deutschland ausfindig zu
machen. Eine Reihe von schwierigen und endlosen Diskussionen und Debatten
fanden statt, die letztlich aber scheiterten, und bei denen Runciman
übrigens gewissermaßen auch den Überblick verlor, so daß er eigentlich
unkundig nach 14 Tagen wieder zurückkehrte.
Unterdessen terrorisierten die Einheiten des"Sudetendeutschen
Freikorps? (Henlein-Schlägertrupps) wiederum die tschechische und nun
vermehrt auch die jüdische Bevölkerung und griffen" und das war wirklich
neu" staatliche Behörden und Ämter an, mit dem Ziel, die politische Macht an
sich zu reißen. 24)
Dieser Putsch aber konnte durch die Zusammenarbeit
antifaschistischer Selbstschutzgruppen und Militär- und
Gendarmerie-Einheiten innerhalb weniger Stunden niedergeschlagen werden.
Henlein und sein Hauptunterführer, Karl Hermann Frank, flohen nach
Deutschland. Die Partei zerfiel und wurde am 17. September durch die
tschechische Regierung verboten.
Der Stabschef Schmundt 25)
schrieb am 26.9.1938 darüber:
"Herr Bene? hat die Sudetendeutsche Partei aufgelöst und
glaubt damit, die Einheit der sudetendeutschen Volksgruppen
zertrümmern und den Sudetendeutschtum den Todesstoß versetzen zu
können. Konrad Henlein wußte die Antwort. Er rief am 17.9.38 zur
Bildung des Sudetendeutschen Freikorps auf.
Tausende Sudetendeutscher füllten schon in den ersten Stunden die
Reihen des Freikorps entlang der ganzen Grenze. (...) Seit dem 19.
September ist das Freikorps in mehr als 300 Unternehmungen mit
bewundernswertem Abwehrgeist und mit einer bis zur Selbstaufopferung
gesteigerten Einsatzbereitschaft seiner Aufgabe nachgekommen. (...)
An den Grenzen der Heimat stehen Tausende Schulter an Schulter in den
Abteilungen des Sudetendeutschen Freikorps und sind beseelt von dem
einzigen Wunsch: Die Freiheit der Heimat im großen deutschen Reich
Adolf Hitlers!" 26)
Dies war genau das, was die Nazis erreichen wollten, nämlich die
Westmächte glauben zu machen, daß die tschechische Regierung"in Wahrheit das
Übel? der sudetendeutschen Auseinandersetzungen sei. Dies gelang Hitler
übrigens bereits am 15. September in Berchtesgaden und am 22. September 1938
in Bad Godesberg, wohin jeweils Chamberlain -? als
Befehlsempfänger - eilte.
Unterdessen brüllte Henlein im Reich-Sender mit großen Tönen
seinen Entschluß heraus, endlich die Sudetendeutschen"heim ins Reich zu
holen?, und klagte mit verlogenen Worten die, wie er sie bezeichnete,
hussitisch-bolschewistischen Verbrecher in Prag vehement an.
Er konnte es sich erlauben, denn am 18.9. kam um 10.45
Uhr ein Telegramm in Berlin an, in dem zu lesen stand:
"Das Sudetendeutsche Freikorps bleibt Konrad Henlein
unterstellt.
Zweck: Schutz der Sudetendeutschen und Aufrechterhaltung weiterer
Unruhen und Zusammenstöße. Die Aufstellung des Freikorps erfolgt in
Deutschland. Bewaffnung nur mit Österreichischen Waffen. Beginn der
Tätigkeit des Freikorps so schnell wie möglich."
England und Frankreich sandten inzwischen der tschechoslowakischen
Regierung eine Note, datiert mit 19. September, mit der sie die Abtretung
des Sudetengebietes an Deutschland forderten. Gleichfalls ging aus dieser
Note hervor, daß die"SR, sollte sie sich nicht dem"Wunsche? beugen,
andernfalls nicht mehr mit einer Hilfe der westlichen Verbündeten rechnen
darf. Nebenbei bemerkt, Stalin hätte auch nichts mehr tun können, denn Polen
lag dazwischen, welches einen Durchmarsch sowjetischer Truppen nicht zuließ;
außerdem waren Verhandlungen mit Rumänien problematisch, und selbst wenn sie
gewissermaßen zu einem Erfolg geführt hätten, so stand immerhin noch Ungarn
dazwischen.
Die Erwürgung der Tschechoslowakei: das?Protektorat
27)
Mit dem Münchner Abkommen vom 29. September 1938, in dem Hitler
schon als Sieger über Chamberlain und Daladier stand - Mussolini war ja
ohnehin auf seiner Seite, Rußland hatte man erst gar nicht dazu eingeladen -
war die vollständige Zerschlagung der SR mit Beginn des 1. Oktober
beschlossene Sache. Während der Gespräche standen nämlich schon die
Wehrmachtsverbände vollständig zum Angriff vorbereitet an der Grenze und
warteten nur noch"auf Hitlers Wort?, um den Überfall vollziehen zu können.
Die sogenannten Gegner Hitlers hatten sich in dieser Angelegenheit
(um des"Friedens? willen, wie sie es meinten) wie"Verbündete? benommen, bei
der sie eher ihre Schäfchen ins Trockene brachten; Schließlich, waren
sie ja selbst alle gegen die Gefahr des Bolschewismus, oder? Denn
Chamberlain schrieb, was er dachte:
"Ich muß bekennen, daß ich Rußland mit tiefstem Mißtrauen
gegenüberstehe. Ich halte nicht das geringste von seiner Fähigkeit,
eine wirksame Offensive durchzuführen, selbst wenn es den Willen dazu
hätte. Und ich mißtraue seinen Absichten, die mir nichts mit unserer
Auffassung von Freiheit gemeinsam zu haben."
Wie sehr sie sich dabei alle geirrt hatten, als sie mit Hitler
Geschäfte gemacht hatten, sollten sie, jeder für sich" auch Stalin" nach dem
1. September 1939 auf die tragischste und blutigste Weise erfahren.
Zunächst aber fiel am 21. November 1938 lediglich das
Sudetengebiet an Deutschland, mit Henlein als Gauleiter. Dann nahm sich
Polen einen größeren Teil Te?ins und einige nord-slowakischen Orte. Die
südlichen Gebiete der Slowakei wurden an Ungarn angehängt.
Innenpolitisch zerfiel das Koalitionssystem, wodurch eine tiefe
politische und moralische Krise zu Tage kam. Mehrere Parteien wurden im
Oktober 1938 verboten, darunter auch die Kommunisten. Im gleichen Monat
legte E. Bene? sein Amt nieder und emigrierte nach England, so daß Emil
Hacha, als Diener Hitlers, Präsident der"zweiten Republik? wurde. In der
Slowakei übernahm der katholische Geistliche Jozef Tiso als
klerikal-faschistische Marionettenfigur die Macht, an der sich auch Franz
Karmasin 28), der Führer der slowakischen deutschen
Minderheit, als wirksames Nazi-Organ beteiligte. Sie alle hatten:
"Sympathie für den Führer; Dank, daß durch den Führer den
Slowaken das Selbstbestimmungsrecht ermöglicht worden ist. (...)
Judenproblem wird ähnlich wie in Deutschland gelöst. Kommunistische
Partei verboten. Deutsche in Slowakei wollen nicht nach Ungarn,
sondern bei der Slowakei bleiben. Deutscher Einfluß auf slowakische
Staatsführung groß; ein deutscher Minister zugesagt."
29)
Am 4. Dezember 1938, es waren sudetendeutsche Ergänzungswahlen
zum"Großdeutschen Reichstag? angesagt, bekannten sich in geheimer Abstimmung
98% der Wähler zum Retter des Sudetenlands, Adolf Hitler. Der also
nahm ungeschminkt den ersten Platz ein, gefolgt von Konrad Henlein an
zweiter und Karl Hermann Frank an dritter Stelle!
Danach ging eigentlich alles sehr rasch, und zwar im Sinne
Hitlers: Am 14. März 1939 schufen die slowakischen Separatisten ihren
unabhängigen Slowakischen Staat; einen Tag später, am 15. März gaben
Präsident Hacha mit seinem Außenminister Chvalkovsky in Berlin ihre
Zustimmung für das Protektorat Böhmen und Mähren:
"Der tschechoslowakische Präsident ... legt das Schicksal
des tschechischen Volkes und Landes vertrauensvoll in die Hände des
Führers des Deutschen Reiches."
Mit dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht in Prag hörte das Herz
der Tschechischen Republik auf zu schlagen. Damit war aber vorerst nur eines
der Ziele erreicht, die sich die Nazis auf ihrer Konferenz in Berlin, am 5.
November 1937(!), gesteckt hatten, und alsbald sollte Polen folgen.
Die Strategie der Nazis war folgende" Mr. Alderman brachte sie
während der Nachmittagssitzung des Nürnberger Prozesses am 4. Dezember 1945,
präzise zum Ausdruck:
"Außer den Slowaken benutzten die Nazi-Verschwörer auch die
wenigen Deutschen, die noch immer in der verstümmelten
Tschechoslowakischen Republik wohnten. KUNDT, der Vertreter Henleins,
der zum Führer dieser deutschen Minderheit ernannt worden war,
schaffte möglichst viele"Brennpunkte deutscher Kultur?. Deutsche aus
den Gebieten, die an Deutschland abgetreten waren, bekamen von Berlin
aus den Auftrag, ihre Studien an der deutschen Universität in Prag
fortzusetzen und diese zu einem Zentrum des aggressiven Nazismus zu
machen.
Mit Hilfe von deutschen Beamten wurde ein wohlerwogener Feldzug zur
Nazi-Durchdrin-gung der tschechischen öffentlichen und privaten
Einrichtungen durchgeführt, und die Henlein-Bewegung stellte ihre
volle Mitarbeit den Agenten der Gestapo aus dem Reich, die auf
tschechischem Boden erschienen, zur Verfügung. Die politische
Tätigkeit der Nazis hatte zum Ziel, die tschechische Widerstandskraft
gegen die Herrschaft Deutschlands zu unterminieren und zu schwächen."
Von nun an lag alle Macht in den Händen des Reichsprotektors
Konstantin von Neurath, bei seinem Stellvertreter, dem"?-Gruppenführer Karl
Hermann Frank (ein ehemaliger Abgeordneter der Henlein-Partei im
tschechoslowakischen Parlament), bei Henlein selbst und beim Chef des
Reichssicherheitshauptamtes, Reinhard Heydrich. 30)
Das"tschechische Problem? wurde in einem Memorandum folgendermaßen
geregelt: 31)
"a) Deutsche Durchdringung Mährens und Rückbau des
tschechischen Volksteiles auf Restböhmen.
b) Aussiedlung der gesamten Tschechen (Anm.: dies wurde dann doch
verworfen.)
c) Assimilierung des Tschechentums, d.h. Aufsaugen etwa der Hälfte
des tschechischen Volksteiles im Deutschtum, insoweit diese blut- und
sonst wertmäßige Bedeutung hat."
Den restlichen Teil der Tschechen, hatte man "entmachtet,
ausgeschaltet und außer Landes gebracht", was vorwiegend für die
rassisch-mongoliden Teile (?), auf einen Großteil der intellektuellen
Schicht und natürlich für alle Juden galt.
Was schließlich folgte, abgesehen von dem schrecklichen Holocaust,
der Vernichtung von 6 Millionen Juden und mehreren Hunderttausend Zigeunern
(Roma / Sinti), ist bereits in unzähligen Dokumenten dargestellt worden, und
doch läßt es sich kaum in Worte oder logische Darstellung fassen. Es läßt
sich lediglich aus dem nationalsozialistischem Wahn, seinem Untertanentum
und seinem wahnwitzig überstiegenem Deutschtum erklären, an dem die
Sudetendeutschen, Schlesier und Polendeutschen, Rußlanddeutschen,
Ungardeutschen, Rumäniendeutschen und nicht zuletzt auch die Österreicher
beteiligt waren, die alle durch ihr Verhalten den Weg oder vielmehr
den"Drang nach den Osten? aus ihrer"verklärt historischen Sicht? ebneten und
dazu beitrugen, daß die ost- und westeuropäische Welt bis heute keinen
ausdauernden Frieden finden konnte.
Zusammengefaßt, am Plan-Thema Grün, also der Vernichtung
der Tschecho-Slowakei bzw."Eroberung deutschen Lebensraumes? im Osten, waren
maßgeblich Sudetendeutsche beteiligt, vor allem die, die sich zu Konrad
Henlein und zum Nationalsozialismus bekannt hatten, wobei es nicht nur die
1.250.000 der 1935 gezählten Wählerstimmen waren, die sich bis zum Überfall
sogar noch drastisch erhöhten. Sie alle tragen nicht nur für die
Verschleppung von 600.000 tschechischer Bürger nach Deutschland, während der
Jahre 1939-1944, sondern auch für die Ermordung unzäliger Menschen
(Tschechen, Slowaken, Juden, Zigeuner und Nazigegner) die Mitschuld, ja
selbstverständlich auch die Verantwortung! Ohne sie, den willigen
verbrecherischen Werkzeugen und Handlangern der Nazi-Okkupanten - und dies
gilt gleichwohl für die übrigen Menschen und Kollaboranten des
Hitlerregimes" hätten niemals diese grausamen Ereignisse und Tatsachen
zwischen 1933-1945 stattfinden können, für die sie wohlgeschult" und nicht
erst seit 1933" vorbereitet wurden.
Der"Traum? ist aus, jedoch der"Drang? besteht noch immer! 32)
Ihre große Mitschuld am Verbrechen der Menschheit wollten aber
viele Deutsche und Österreicher sich nicht eingestehen. Sie sahen sich
vielmehr seit dem 9. Mai 1945, dem Tag des Sieges über den Faschismus,
plötzlich als"Opfer?, weil die Welt sie mit Verachtung betrachtete" und weil
ein anderer Teil, eben in Osteuropa, vom heimisch gewordenen Boden, auf dem
sie friedlich mit Slawen und Juden hätten zusammenleben können, mit Schimpf
und Schande" jedoch mit einer unberechtigten Brutalität" hinausgeworfen
wurden.
Dr. Vaclav Kral hat in seiner Dokumentation"Die Vergangenheit
warnt? den Grund für die Vertreibung auf folgenden Nenner
gebracht:
"Bereits 1943 gaben Großbritannien, die Sowjetunion und die
Vereinigten Staaten ihr grundsätzliches Einverständnis dazu, nach dem
Krieg die deutsche Bevölkerung der Tschechoslowakei, soweit sie sich
gegenüber der Republik schuldig gemacht hatte, auszusiedeln. Es wurde
jedoch klar gesagt, daß das Nachkriegslos der Sudeten in ihren eigenen
Händen liege und daß sie durch einen Widerstandskampf gegen die
Nationalsozialisten so manches von dem, was sie 1938 verursacht hatten,
wiedergutmachen könnten. Die Sudetendeutschen, die in ihrer
überwiegenden Mehrheit der nationalsozialistischen Ideologie unterlagen
und zu einem willigen Werkzeug der Aggression geworden waren, blieben
jedoch dem Nazismus bis in die letzten Stunden der Existenz des
Hitler-Reiches treu."
Die Aussiedlung der Sudetendeutschen lag aber nicht alleine im
staatlichen oder wenn man will auch nationalem- Interesse, sondern war klar
auf der Potsdamer Konferenz" von allen Alliierten" bestätigt worden.
Daß sich ein, ins Verbrechen gehender Zorn, seitens der
tschechischen und slowakischen Bevölkerung, auf diese Sudeten beim Abschub
entlud, ist zwar nicht entschuldbar, aber vage aus damaliger Sicht
erklärbar. Viele Tschechen und Slowaken litten, hatten einige
Familienangehörigen bei Verschleppungen, bei Erschießungen und nicht selten
auch in deutschen KZ verloren," wo übrigens auch etliche Sudeten einsaßen,
andere aber dort Dienste verrichteten.
Die Menschen, und da waren die Tschechen nicht die einzigen,
suchten hernach eine ausgleichender Gerechtigkeit für das widerwärtige
Unrecht, das ihnen vor allem während der Nazijahre geschah. Leider griffen
sie gelegentlich auch auf jene Maßnahmen zurück, die seinerzeit ihre
Peiniger anwandten, und die nach 1945 noch frisch und tief in den Wunden
schmerzten.
Reinhard Kühnl hat in seinem bis heute unvergleichlichem Buch"Der
Faschismus? auf die Frage:"Wie kam es, daß Polen und Tschechen ein
solches Maß an Haßgefühlen gegenüber Deutsche entwickelte?? eine
vielleicht erklärbare Antworten gegeben" wohlgemerkt, für die damalige
Sichtweise:
"(Es war) ein Versklavungs- und Vernichtungskrieg
vorausgegangen, wie ihn die Welt noch nicht gesehen hatte. Die
gigantischen Pläne der Eroberung Europas vom Atlantik bis zum Ural waren
nur durchzuführen, wenn Methoden äußerster Brutalität angewandt wurden.
Und so ist dieser Zweite Weltkrieg geführt worden: (...) Er ist
besonders geführt worden mit dem Ziel der vollständigen Ausrottung der
geistigen und politischen Führungsschichten in den osteuropäischen
Völkern. Zur ideologischen Rechtfertigung wurde propagiert, daß es sich
ja bei den Deutschen um Herrenmenschen, bei den slawischen Völkern
hingegen um Untermenschen handle."
Wie schmerzhaft aber mußte es für die vielen Tschechoslowaken
gewesen sein, die sich seinerzeit nicht
am"Rächen? beteiligten, sondern sich bemühten alles zu vergessen, als bald
sich nach dem Zweiten Weltkrieg sich wiederum die Sudeten regten, diesmal
gestärkt durch ihre verschiedenen inzwischen neugegründeten
Vertriebenenverbände und Landsmannschaften, nicht aber sich um
Versöhnung bemühend, sondern um lautstark ihr Recht auf Heimat
zu fordern.
Der Stoßtrupp für das Recht auf Selbstbestimmung der Heimat
wurde bereits im Dezember 1958 als"Bund der Vertriebenen? oganisiert,
welcher seine Starthilfe durch die Amtskirche erhielt, wie es Max Hildebert
Boehm (Leiter der Ostdeutschen Akademie in Lüneburg) so zart formulierte:
... die
(...) vielfach die Bedeutung einer schützenden und tarnenden
Glocke über den zunächst noch verbotenen landsmannschaftlichen und
anderen Gruppenbildungen der Vertriebenen gewonnen." ...
hat.
Es war aber nicht nur die Amtskirche an der Gründung
beteiligt, da gab es auch involvierte Politiker und Persönlichkeiten
des frischen Adenauer-Nachkriegs-Deutschlands, wie z.B. die alten ss- und
Henlein-Kameraden, Walter Becher, Franz Böhm, Walter Brand, Konstantin Höss,
Paul Illing, Franz Karmasin, Theo Keil, Fritz Köllner, Heinz Lange, Leo
Schubert, Rudolf Staffen, Walter Stain und der Volksgenossen-Schriftsteller
Ernst Frank," um wenigstens einige beim Namen genannt zu haben" , die
gezielt und bewußt die stark rechtsextremen Tendenzen dieser
Vertriebenen-Organisationen, Turnverbände,
Notverwaltungen, Witiko-Bündnisse etc. und besonders die eigene
Geschichte zu vertuschen wußten.
Warum die Vertriebenengruppen niemals weniger wurden, erklärte
Franz Neubauer, Staatsminister a.D., während eines Treffens im Jahre 1988
damit:"daß jeder Besucher, der durch Tod und Alter ausfiel, durch einen
jüngeren ersetzt wurde?.
Wieso Neubauer dieses sagen konnte, erklärt sozusagen der §7
des Bundesvertriebenen Gesetz (von 1971), wo es da heißt:
"Kinder, die nach der Vertreibung geboren sind, erwerben die
Eigenschaft als Vertriebener oder Sowjetzonenflüchtling des Elternteils,
dem im Zeitpunkt der Geburt oder Legitimation das Recht der
Personensorge zustand oder zusteht".
Weshalb solch ein Paragraph immer noch Gültigkeit hat, läßt
eventuell nur noch Vermutungen zu. Vermutlich hängt dieser Kult u.a. auch
damit zusammen, daß nämlich das nationalsozialistische Gedankengut nicht
verloren geht, welches für die geplante Rückbesiedlung der verlorener
Heimat dann als Basis mit diesen dafür geeigneten Menschen legitimiert
werden könnte.
Richtungsweisend für diese Vermutung ist nämlich ein Ausspruch des
ehemaligen Landesobmanns der Sudetendeutschen, Frank Seibold, der 1958 von
sich gab:
"Der deutsche Osten war nicht nur in der Vergangenheit die
Kornkammer (sic"!) des Reiches. Er wird es wieder einmal sein müssen,
und er wird außerdem deutsche Menschen aufnehmen müssen, damit wir in
der Enge des halben Deutschlands nicht ersticken."
Dieses"halbe Deutschland? wird gewiß nicht ersticken! Dafür
sorgt schon alleine die 1970 im Rahmen einer
Verfassunggebenden Nationalversammlung des deutschen Ostens von Bolko
Richthofen und Fritz Münch gegründete Gemeinschaft Ost- und
Sudetendeutscher Grundeigentümer und Geschädigter (e.V.?). Bei diesem
Nazi-Verein fängt schließlich der"deutsche Osten? bereits am
Atlantischen Ozean an, genauer gesagt in der Erkenntnis: (Zitat)
"...daß die Niederländer ebenso ein Teil des vielfältigen
deutschen Volkes bilden wie die Deutschen im Gebiet des Deutschen
Reiches. Die Elsässer, Luxemburger und die Deutschschweizer zählen
selbstverständlich auch dazu. Die Niederlande sind ebenso wie das
Deutsche Reich ein Teil von Deutschland."
Der Namensgeber des Münchner Flughafens, Franz Josef Strauß,
setzte dem eine viel feinere und subtilere Anschauungsweise entgegen:
"Wenn die Bundesregierung es versteht, dieses Kapital, das in
den Vertriebenenverbänden lebendig ist, mobil zu machen (...), hätte sie
die psychologische Schlacht bereits halb gewonnen. Ehe man neue Truppen
aufstellt, sollte man die vorhandenen einsetzen. Wir haben gegen die
heimatlose Linke die heimatvertriebene Rechte."
Die Frage nach Täter / Opfer
Um nun Untaten genauer gesagt Verbrechen an Menschen, ja sogar an
Volks-Gruppen" die in einem gewissen Moment, in einem gewissen Zeitabschnitt
oder auch konzentriert und speziell in einer Epoche begangen wurden" als
solche zu erkennen oder zu beurteilen, genügt es nicht, bloß mittels
üblichem schwarz-weiß Denken (?hier das Gute, dort das Böse" dort der Täter,
hier das Opfer?), die Geschehnisse und Taten zu analysieren.
33)
Dieses schwarz-weiß Denken wird zwar tagtäglich erfolgreich
praktiziert: z. B von Justiz- und Ermittlungsbeamten, von Polizisten, von
Innenministern, von fanatisierten Polit-Gruppen und anderen Individuen, die
sehr schnell etwas in ein gewisses Licht gerückt sehen wollen, damit ihre
Welt sehr rasch wieder in Ordnung kommt" damit Täter verurteilt, und damit
Opfer" wie auch immer" entschädigt werden können.
Das mag vielleicht bei der täglichen Arbeit zur
Verbrechensbekämpfung so funktionieren" aber all das verhindert jedoch
nicht, daß irgendwo und irgendwann nie wieder Verbrechen begangen werden.
Zu diesem Zweck muß nämlich hinterfragt werden, einmal
wieso
es zu Verbrechen kommen kann und konnte" wo doch jedes Volk auf dieser Welt
fast die gleichen ethischen Regeln kennt, nämlich u.a.: ... du sollst
nicht töten, ... du sollst nicht stehlen, usw." und andererseits
muß ebenfalls gefragt werden, wieso der eine ein Täter und der andere
ein Opfer werden kann" und konnte.
Diese Fragen können jedoch nicht bloß aus einer rein historischen,
respektive lediglich politischen, sondern" wenn überhaupt" dann aus einer
soziologischen und soziometrischen Perspektive erforscht und beantwortet
werden. Denn nur mit einer soziologischen Sichtweise könnte man vieles
hinterfragen und darum auch erkennen, vor allem wie gestört und krankhaft
unsere mitmenschlichen Beziehungen sind." Und weil man vielleicht auch gar
nicht gewillt ist, etwas dagegen zu unternehmen" wird es weiterhin, auch für
die nächsten Generationen, Mißstände und Mißverständnisse geben.
Juristisch gesehen" selbst im Hinblick auf den 60-jährigen
Staubmantel der jüngsten Geschichte" sind jedenfalls die Grenze zwischen
Tätern und Opfern nicht so schwer auszumachen, als es manche glauben. Die
Sichtweise bedarf bloß eines scharfen, nicht aber durch Emotionen
entstellten Blicks in die Vergangenheit und auf die Untaten, die begangen
wurden!
In Den Haag stehen gegenwärtig Kriegsverbrecher vor Gericht, die
sich am Balkan schuldig gemacht haben (hier gibt es kaum wesentliche
Unterschiede zwischen bosnische, serbische oder kroatische Täter)" und sie
sehen sich selber ebenso unschuldig, wie jene betagten Verbrecher die vor
verschiedenen anderen Gerichten stehen, und deren Schuld und Täterschaft
bereits Jahre zurück liegen. Auch diese NS-Verbrecher und Mörder die sich
seinerzeit am Balkan, in der Ukraine, in der Slowakei, in Litauen,
Frankreich, Italien und sonst wo, mit unter auch in Verbindung einer
Kollaboration, schuldig gemacht hatten, sehen sich" weil sie inzwischen alt
und krank geworden" vielmehr als Opfer und jene, die
sie damals peinigten nun als Täter, weil sie es wagten sie vor ein
Gericht zu zerren, nach so vielen Jahren anzuklagen, und immer noch nach
Gerechtigkeit schreien.
In diesem Zusammenhang muß man die (z. T. antisemitischen)
Reaktionen der Schweizer bezüglich dem Raubgold-Skandal sehen, als auch das
Verhalten so mancher Direktoren von Versicherungen und Banken in
Deutschland, Österreich und anderen europäischen Ländern, deren Vorgänger
sich dank der Ermordung ihrer Klienten bereichern konnten" und so ist?s auch
mit der verständnislosen Haltung so mancher deutscher und österreichischer
Bürger (Sudeten sind da ebenso gemeint) auf die verspätete aber berechtigte
Forderungen der Zwangsarbeiter aus Osteuropa, denen bis heute weder
Gerechtigkeit noch Lebenshilfe zuteil geworden ist.
Die Menschen des ausgehenden Jahrhunderts möchten gerne eine
Bilanz ziehen; - und Gerichte und Historikerkommissionen bemühen sich diesem
Wunsche nachzukommen und haben es überaus schwer. Nach so vielen Jahren, die
zwischen den Verbrechern und dem Heute liegen, fällt es ihnen wahrlich nicht
leicht den Opfern gerecht zu werden" aber auch die Täter (sobald diese
überhaupt noch am Leben sind) zur Verantwortung zu ziehen.
Nach Jahren der Verschwiegenheit (das war seit 1945 bis zu den
60er Jahren) haben die Historiker und Kommissionen geforscht und Dinge
heraus gefunden, die je nach Bedarf so oder so verwendet werden
konnten" und so fielen die Ergebnisse (falls man es so bezeichnen darf)
jeweils nach ihrem persönlichen Ermessen und eigener Geschichtsauffassung
aus. Insofern dauert also der Historikerstreit folglich noch an ...
Ferner" was für etliche einfache Menschen, und selbst für so
manche Historiker in ihrer starren Denkstruktur bis heute noch nicht so
recht nachvollziehbar blieb" traten unterdessen neue Geschichtsmomente
zutage, wie z.B. der Zerfall der Sowjetunion, der Zusammenbruch des
sogenannten Kommunismus oder die Wiedervereinigung Deutschlands usw.
Diese unerwarteten Gegebenheiten riefen folglich wiederum neue
Historiker und neue Kommissionen hervor, die nun mit neuer,
entsprechend abgeänderter Ansicht ebenfalls zu historisieren begannen.
Eifrig bemühte sich so mancher um Umkehrung gewohnter Sichtweisen" man
könnte fast sagen um einen bewußt geführten Revanchismus. Plötzlich begann
eine sonderbare Abwägung von Dingen und Fakten, und man ergoß sich förmlich
in sonderbare Diskussionsforen, wo beleuchtet wurde, was nun für die
Menschheit schrecklicher gewesen sei: entweder der Kommunismus oder
vielleicht doch" wenigstens wie bisher gesehen" der Nationalsozialismus?!
Und hierin, im Polemisieren und historisierendem Zweifeln standen
die Historiker in Osteuropa keineswegs ihren Kollegen im Westen nach.
Auch hier bemühte man sich eifrig in Büchern, in Dokumentationen
und in entsprechenden Vorträgen und Reden die Geschichte
neu zu interpretiert und zwar so, wie es das momentane Empfinden
der Menschen und Politiker, es von den damit befleißigten Historikern und
Kommissionen abverlangen, nämlich: gewissenhaft und vor allem ungeachtet
aller bisherigen Tatsachen und Fakten. So kam es, daß in Osteuropa (wie auch
in der DDR) nach der"Wende? plötzlich der Nationalsozialismus mit dem
Stalinismus geschmacklos abgewogen werden konnte, - auch Stalingrad wurde
neu untersucht und interpretiert" und selbst die Geschichte von Buchenwald
hat man versucht neu zu schreiben, nämlich dahingehend, daß aus ehemaligen
Täter nun Opfer werden konnten" und umgekehrt, versteht sich.
Hingegen die"klassischen? Themen, wie z. B. Sudeten,
Schlesier und andere Aussiedler-Gruppen, mit ihrer zum Teil immer noch offen
völkisch ausgerichteter Geschichtsauffassung und Ansicht, dieses Kapitel
wurde geradezu unberührt belassen.
Weder Osteuropa-Spezialisten" oder solche Historiker, noch die
betroffenen Gruppen selber haben sich jemals darum bemüht, gerade in ihren
Schriften und Dokumentationen, gewisse Korrekturen (die endlich einmal
getätigt werden müßten) vorzunehmen oder (was sie ja aber stets von der
anderen Seite abverlangen), daß sie sich, wenn möglich sogar mittels
entsprechend aufrichtiger Studien, endlich ihrer eigenen Verantwortung
stellen.
In gleicher Weise muß dieser Vorwurf auch in anderer Richtung
gemacht werden. So waren bisher, weder tschechische, polnische, slowakische,
ungarische, noch russische wie rumänische Historiker daran bis heute
interessiert, ihre eigene glorifizierende Geschichtsschreibung, und was den
Westen betraf die polemisierenden Schriften und Dokumentationen,
entsprechend der Fakten und Tatsachen zu überarbeiten.
Dies gilt einerseits für die Geschichte der Deutschen im Osten
(eben aus slawischer Sicht) und die Beziehung zu ihnen, als auch für die
längst überfälligen Studien bezüglich der Kollaboration mit den Okkupanten"
was nämlich gar nicht so gering war, wie es manchen gerne meinen (!). Darum
müßten meiner Meinung nach auch die, vor allem unter dem stalinistischen
Regime erzeugten Schriften und Dokumentationswerke bezüglich
des"heldenhaften Widerstands? (den es gewiß vereinzelt, aber niemals
kollektiv gab), als auch die Tatsachen über die deutsche Aussiedlung, die
keineswegs so human verlief, neu überarbeitet und mit realistischerem Licht
betrachtet werden.
Dabei muß allen Ernstes aber gesagt werden, daß für die
Wahrheitsfindung" was sich neuerdings bei einigen osteuropäischen
Schriftstellern und Historikern für welchen Zweck auch immer nachweisen
läßt" ein quasi modisch scheinender und übertriebener Philo-Germanismus
ebenfalls unbrauchbar ist.
Die Wahrheit scheint vermutlich" wie immer bei diversen
unversöhnlichen Auseinandersetzungen" genau in der Mitte zu liegen!
Und die goldene Mitte bedeutet jedenfalls: daß die Geschichte in
Mittel- und Osteuropa nicht ohne der deutschen Bevölkerung,
aber auch nicht ohne die der Slawen, Juden und Zigeuner betrachtet werden
kann. Jede dieser Gruppen trug, nicht nur für sich gesehen" und egal in
welchem Land sie als Minderheit oder Mehrheit auftraten", einen wesentlichen
Baustein für das historische Gebilde mit dem Namen "Europa" bei. Es ist ein
kulturell reichhaltiges Gebäude, dieses Europa, das aber nicht hinter
Deutschland oder Österreich endet, ... und enden darf! Für mich reicht
dieses Europa sogar" und ich sag es oft und gerne" bis zum Ural.
Und weil die Fakten so liegen darf es auch kein"Verdrängen?
und"Verschweigen? geben! Weder von existierenden Minderheiten" noch von
irgendwelchen historischen Tatsachen und Problematiken, auch wenn diese für
einige Nationen gewissermaßen schmerzlich und unverdaulich geblieben sind.
Die Vernunft hatte stets und in allen Epochen für sich einen
goldenen Mittelweg gefunden" die Menschen, die eigentlich von Geburt an mit
ihr ausgestattet sind, tun sich jedoch hart, weil sie lieber ihren Gefühlen
und ihren Empfindlichkeiten folge leisten als der Vernunft.
Der Irrtum, der zwischen den Aussiedler-Verbänden und Prag bzw.
Warschau vorherrscht, ist, daß beide stets im anderen
den Täter sehen" und sich selbst aber unentwegt als
Opfer betrachten.
Darum sind die Worte von Frau Dr. Rita Süssmuth, der Präsidentin
des Deutschen Bundestag, die sie am 24. April 1997 bezüglich der
Deutsch-Tschechischen Erklärung sprach" nicht bloß von Tschechen,
sondern endlich auch von den ewiggestrigen Teilen der Vertriebenen zu
beachten: (Zitat)
Wir sind geschichtlich und kulturell eng miteinander
verflochten.
Gerade in dieser Zeit, in der auch das vereinte Deutschland seine
neue Identität und neue Stellung in Europa und der Welt sucht, wächst
die Bedeutung unseres Verhältnisses. Ohne sich den belastenden
Wahrheiten der jüngsten Geschichte zu stellen, können auch die guten
Traditionen unserer Geschichte keine wirkliche Kraft entfalten.
Dabei dürfen "Ursache und Wirkung in der Abfolge der Geschehnisse
nicht verkannt werden". Wir haben gelernt, 50 Jahre sind eine kurze
Zeit, wenn wir daran denken, daß tiefe Wunden nicht allein durch die
Zeit verheilen. Deshalb haben wir Deutschen uns in der Gemeinsamen
Erklärung auch zu dem Unrecht bekannt, das dem tschechischen Volk
durch die nationalsozialistische Gewaltherrschaft angetan worden ist.
Auf beiden Seiten ist Menschen unendliches Leid zugefügt worden.
(...) Der Aussöhnungsprozeß zwischen Deutschen und Tschechen
ist durch die Erklärung auf ein tragfähiges Fundament gestellt worden.
Die Botschaft der Erklärung ist die Zukunftsperspektive: die gemeinsame
Arbeit in und für Europa im Geiste guter Nachbarschaft und
Partnerschaft.
Vielleicht darf ich nochmals die zwei entscheidenden Sätze
hervorheben, die sie sagte, einmal in beide Richtungen:
Ohne sich den belastenden Wahrheiten der jüngsten
Geschichte zu stellen, können auch die guten Traditionen unserer
Geschichte keine wirkliche Kraft entfalten.
... und dann, insbesondere in Richtung der Aussiedler-Verbände:
Dabei dürfen "Ursache und Wirkung in der Abfolge der
Geschehnisse nicht verkannt werden".
Wenn wir also diagonal zu dieser Aussage die
Ziffer 2
der deutsch-tschechischen Erklärung (vom 3. Dez. 1996) betrachten, wird man
sehr leicht erkennen, warum die revanchistischen Kreise sich in Deutschland
sträuben, diese endlich einmal offene und versöhnliche Erklärung zu
akzeptieren" weil es da heißt: (Zitat)
Ziffer 2 Die deutsche Seite
bekennt sich zur Verantwortung Deutschlands für seine Rolle in einer
historischen Entwicklung, die zum Münchner Abkommen von 1938, der Flucht
und Vertreibung von Menschen aus dem tschecho-slowakischen Grenzgebiet
sowie zur Zerschlagung und Besetzung der Tschechoslowakischen Republik
geführt hat. Sie bedauert das Leid und das Unrecht,
das dem tschechischen Volk durch die nationalsozialistischen Verbrechen
von Deutschen angetan worden ist. Die deutsche Seite würdigt die Opfer
nationalsozialistischer Gewaltherrschaft und diejenigen, die dieser
Gewaltherrschaft Widerstand geleistet haben. Die deutsche
Seite ist sich auch bewußt, daß die
nationalsozialistische Gewaltpolitik gegenüber dem
tschechischen Volk
dazu beigetragen hat, den Boden für Flucht und Vertreibung und
zwangsweise Aussiedlung nach Kriegsende
zu bereiten.
Nun, und dann bräuchten die Sudeten" und zwar alle" nur einmal
weiter zublättern, wo ja ganz eindeutig unter Ziffer 3 zu lesen steht:
Ziffer 3 Die tschechische Seite
bedauert, daß durch die nach dem Kriegsende erfolgte Vertreibung
sowie zwangsweise Aussiedlung der Sudetendeutschen aus der damaligen
Tschechoslowakei, die Enteignung und Ausbürgerung unschuldigen
Menschen viel Leid und Unrecht zugefügt wurde, und dies auch
angesichts des kollektiven Charakters der Schuldzuweisung. Sie bedauert
insbesondere die Exzesse, die im Widerspruch zu elementaren humanitären
Grundsätzen und auch den damals geltenden rechtlichen Normen gestanden
haben, und bedauert darüber hinaus, daß es aufgrund des Gesetzes Nr. 115
vom 08. Mai 1946 ermöglicht wurde, diese Exzesse als nicht
widerrechtlich anzusehen und daß infolgedessen diese Taten nicht
bestraft wurden.
Das also sind die Worte, die beide Staaten" neben den anderen
Textstellen, versteht sich" aussöhnen läßt. Nicht so ist es jedoch mit den
Aussiedler-Verbänden. Die Vertribenen-Organisation, die sich unentwegt in
alle außenpolitischen Handlungen einmischt, vor allem die zwischen Bonn und
Prag verliefen, möchte aber nicht zu der
deutsch-tschechischen Erklärung stehen. Solche querulanten Kräfte
gab es schon einmal, und wohin dies führte wissen wir zu genüge! Denn" ich
sagte es ja vorhin" sie möchten auch weiterhin ausschließlich sich selbst
als Opfer sehen, hingegen die anderen als Täter.
Und so war es bereits im 19. Jahrhundert, dann nach 1918 und
schließlich 1938, und darum fühlten sie sich nach 1945 erst recht als Opfer,
eben durch die erfolgte Vertreibung. Dieser Blickwinkel ist völlig
verstellt, und kommt daher, wie es Frau Dr. Süssmuth ja so eindringlich
sagte, weil sie die "Ursache und Wirkung in der Abfolge der
Geschehnisse" (auch zum Teil mutwillig) verkennen wollen.
Und diese Kontinuität der Blindheit läßt sich gewissermaßen auch
erklären:
zum einen damit, weil sich die einzelnen Verbände nie von ihren
ideologisch negativen Kräften trennten und dies auch niemals wollten (die
ideologischen Gründer und Führer waren nicht wenige davon SS- und NS-Größen;
siehe z.B die Unterzeichner der "Eichstätter Erklärung" vom 14. 7.
1947)" und zum anderen, daß eben diese, mit Tschechen-Haß erfüllten Kräfte,
jährlich mittels völkischem Folklore-Aufgebot ihren brösligen Zeitgeist auf
die jüngeren, zum Teil in dritter Generation bereits in Deutschland
geborenen Genossen hinüber leeren, und ihnen weiß machen wollen, daß auch
sie" im wortwörtlichen Sinn" Vertriebene seien.
Dabei sollten diese" und das kann man eben nicht verschweigen"
unter brutalsten Umständen vertriebenen Deutschen" im Rückblick auf die
Jahre danach, eigentlich zufrieden und dankbar sein. Zufrieden dahingehend,
daß sie es geschafft hatten nach dem Krieg ein ordentliches und finanziell
abgesichertes Leben geführt zu haben. Viele von ihnen hatten ein höheren
Lebensstandard erreicht als früher und bereicherten mit ihrem Fleiß und
ihrem Können ihre Deutsche Heimat, zumeist Bayern und Franken, die
wirtschaftlich überaus von diesen hinzugekommenen Deutsch-Böhmern
profitierten.
Und darum sollten die Aussiedler andrerseits auch wiederum dankbar
sein, daß sie über all die Jahre ein zufriedenes Leben führen konnten, im
Vergleich zu den Tschechen, Slowaken und Polen, die nach 1945 eben keine
Freiheit
genasen, sondern erneute politische und physische Unterdrückung erlebten.
Das waren zunächst die letzten Jahre unter Stalin, dann die Zeit
des Kalten Krieges und des politischen Umbruchs, der wiederum Menschen auf
der Strecke zurückließ.
Hier könnte man" als herzloses Individuum" sogar sagen, daß die
Tschechen (die Ungarn, die Rumänen und Polen ebenso) genug gelitten haben
für ihre willkürlichen Untaten, die sie nach
1945 begangen hatten.
Aber so leicht geht das Aufrechnen eben nicht. Denn nicht jeder
Tscheche, Ungar, Rumäne oder Pole beteiligte sich am Abschub der" durch den
Faschismus bedingt verhaßten" Deutschen. Und auch umgekehrt: nicht jeder
Deutsche beteiligte sich am grausamen Nationalsozialismus" aber nur wenige
Gerechte taten etwas, um das Schreckliche zu verhindern. Und man darf
dankbar sein, das es solch mutige Menschen überhaupt gab, in einer
unmenschlichen Epoche.
Welche Antworten gibt man aber der jüngsten Nachkriegsgeneration,
die überhaupt nicht mehr von Trauer und Leid betroffen ist, sie nur von
Erzählungen und Schilderung anderer kennt? Aber sie wird auch heute Fragen
stellen, aufgrund der gegenwärtigen Stellung des vereinten Deutschlands und
den Bezug zwischen Ost- und Westeuropa.
Eine befriedigende Antwort wird man freilich schwer finden" und
was schwelender Haß bedeutet, sehen wir alle heute am Balkan.
Man könnte aber die Jugend im positiven Sinne aufklären, auch
mittels einer ehrlichen Geschichtsaufarbeitung und sie vor allem vor
negativen Kräften warnen, von denen sie angezogen oder verschlungen werden
könnten; vor Nihilisten und faschistoiden Ideologien, die wieder die
Untermenschen-Ideologien avancieren und damit erneut versuchen, die"alte?
Herrenmenschen-Politik, diesmal mittels Einfluß und Macht des Geldes,
heraufzubeschwören.
Viel besser wäre es da sich der Ziffer 4 der deutsch-tschechischen
Erklärung zu widmen, die auch Richtungsweisend sein könnte für eine
demokratische Zukunft:
Ziffer 4 Beide Seiten stimmen darin
überein, daß das
begangene Unrecht der Vergangenheit angehört und werden daher
ihre Beziehungen auf die Zukunft ausrichten. Gerade deshalb,
weil sie sich der tragischen Kapitel ihrer Geschichte bewußt bleiben,
sind sie entschlossen, in der Gestaltung ihrer Beziehungen weiterhin der
Verständigung und dem gegenseitigen Einvernehmen Vorrang einzuräumen,
wobei jede Seite ihrer Rechtsordnung verpflichtet bleibt und
respektiert, daß die andere Seite eine andere Rechtsauffassung hat.
Beide Seiten erklären deshalb, daß sie ihre Beziehungen nicht mit aus
der Vergangenheit herrührenden politischen und rechtlichen Fragen
belasten werden.
Die Zukunft, wird es sicherlich zeigen, welchen Weg man in Europa
gehen wird! Und hier gibt es leider nur zwei Möglichkeiten: Entweder einen
vernünftigen Schritt in die Zukunft, mit Verständnis als auch Vergebung"
oder, die tragisch andere Richtung, wie es sich bereits am Balkan
abzeichnet, eine erneut kriegerische Zukunft, bei der wieder der eine zum
Täter, der andere zum Opfer wird.
Anmerkungen:
- 1 Palacky, Franticek (1798-1876), Historiker und
Politiker, Verfasser der >Geschichte des tschechischen Volkes in Böhmen
und Mähren".
- 2 Österreich bestand ja schließlich aus drei Ländern:
Österreich, Ungarn und die Länder der Böhmischen Krone.
- 3 Erwähnung u. a. in EKD: "Zur Verständigung
zwischen Tschechen und Deutschen", Teil 1: Miteinander über die
Geschichte sprechen", © 1998 Evang. Kirche Deutschland,
Pressestelle. Hannover.
- 4 Dies übersieht der Westen und die NATO auch heute
noch, beim Balkan-Konflikt!
- 5 Portal, Roger: Les Slaves. Peuples et Nations;
Librairie Armand Colin, Paris 1965
- 6 Am 18. Oktober 1918 richtete Präsident Wilson eine
Note mit 14 Bedingungen an Kaiser Karl II., worin es u.a. hieß: "Den
Völkern Österreich-Ungarns, deren Platz unter den Nationen wir gestützt
und gesichert zu sehen wünschen, soll die Möglichkeit autonomer
Entwicklung gewährt werden."
- 7 Am 16. Oktober 1918 rief Kaiser Karl II. durch sein
Manifest die Selbstbestimmung der Völker Österreichs aus. "Der
deutsch-österreichische Staat, beansprucht die Gebietsgewalt über das
ganze deutsche Siedlungsgebiet, insbesondere der von Deutschen bewohnten
Teile der böhmischen Länder
(und zwar auch der "deutschen Siedlungsgebiete Brünn, Olmütz und Iglau")
", hieß es auf der Gründungsversammlung am 21. Oktober 1918. (zitiert
nach Karl Renner: > ... der Anschluß und die Sudetendeutschen<, Wien
1938; s.25)
- 8 Karl Renner: > ... der Anschluß und die
Sudetendeutschen<, Wien 1938; s. 42
- 9 Der Name Sudetenland / Sudety wurde erst nach 1918
als zusammenfassende Bezeichnung für die von Deutschen besiedelten
Gebiete Böhmens, Mährens und Schlesiens benutzt.
- 10 EKD: "Der trennende Zaun ist abgebrochen - Zur
Verständigung zwischen Tschechen und Deutschen", Teil 1:
Miteinander über die Geschichte sprechen", © 1998 Evang.
Kirche Deutschland, Pressestelle. Hannover.
- 11 Karl Renner: > ... der Anschluß und die
Sudetendeutschen<, Wien 1938; s. 50 ff
- 12 H. Rauschning: Gespräche mit Hitler,
Europa-Verlag, New York 1940, 1.Auflage, s. 43
- 13 Chaim Frank: in Mitteilungsblatt (Sonderausgabe)
Die Sudetendeutschen; München 1992, 1993; s. 8
- 14 Der Landeshauptmann von Deutsch-Böhmen war Rudolf
LODGMANN von AUEN (1877-1962), der später in der BRD die revanchistische
Sudetendeutsche Landsmannschaft gründete.
- 15 Diese Stuttgarter"Ausland-Organisation? der NSDAP,
deren Gauleiter Bohle war, war eine der Propagandamaschinerien, die mit
den Deutschen im Gau Ausland
zusammenarbeitete.
- 16 wurde 1918 umbenannt, sie hieß seit 1904 Deutsche
Arbeiter Partei und stand in Opposition zu der Gewerkschaftsbewegung.
- 17 Georg Ritter von Schönerer (1842-1921), war der
Begründer
des österreichischen Antisemitismus. War berühmt wegen sein
(1883)"soziales großdeutsches und antisemitisches Linzer Programm? und
strebte (für Österreich) zum großdeutschen Reich unterpreuß. Führung
(als Anschluß).
- 18 Kameradschaftsbund für volks- und
sozialwirtschaftliche Erziehung wurde 1930 von Heinrich Rutha und
Dr. Walter Heinrich gegründet. Beide waren Schüler von (5)* und führten
diesen"Bund? in der Idelogie von Spann. Der erste Geschäftsführer wurde
Dr. Walter Brand, auch ein Spann-Schüler. Sie alle wurden enge
Mitarbeiter von Henlein und drängten sich später um Heydrich.
- 19 Wiener Soziologe Othmar Spann (1878-?). Die
Gesellschaft sah er als Glieder in einer hierarchisch gestuften Ordnung.
In den 20er Jahren benutzte er seine"Darstellungskunst? bei den von ihm
ins Leben gerufenen Gaminger Wochen
(akadem. Treffen in der Kartause Gaming). Damit ist er als Urheber der
nationalsoz. Ideologie zu sehen, der unzählige Schüler hatte und
auf nachfolgende Generationen großen Einfluß ausübte.
- 20 Die Sudetendeutsche Partei erhielt seit 1935 vom
Deutschen Außenministerium eine monatliche Zuwendung von 15.000 RM.
(Nürnbg. Proz. Dokum: 3059-PS).
- 21 das waren 60% aller Stimmen der Sudetendeutschen.
Gesamt, auf die Tschechoslowakei gesehen, waren es ein Anteil von 15,2%,
der es der SDP ermöglichte, mit 44 Sitze ins Parlament einzuziehen.
- 22 Am 5.11.1937 kam es zu einer grundlegenden
Beratung Hitlers mit Blomberg, Fritsch, Raeder, Göring und dem
Außenminister von Neurath bezüglich der? Eroberung neuen Lebensraumes?
- 23 Lord Runciman traf am 4. August 1938 in Prag ein.
Für die Nazis war dieser Lord quasi ein Freund, was auf Gegenseitigkeit
beruhte. Kein Wunder also, wenn sie schrien: "Was brauchen wir? nen
Weihnachtsmann, wir haben unsern Runciman!"
- 24 Henleins Putsch fand am 12. Sep. 1938 statt.
- 25 Nürnberg-Prozeß Dokument 388-PS (30).
- 26 Nach Karl Hermann Frank bestand das Freikorps
überwiegend aus Sudetendeutschen und war etwa 15.000 Mann stark.
- 27 Chaim Frank: in Mitteilungsblatt (Sonderausgabe)
Die Sudetendeutschen; München 1992, 1993; s. 14
- 28 Karmasin bekam vom Auswärtigen Amt monatlich
30.ooo.- RM.
- 29 Niederschrift einer Unterhaltung Görings mit
Durcansky, dem stellvertretenden Ministerpräsidenten der Slowakei.
(2801-PS)
- 30 Am 27.Mai 1942 fiel Heydrich einem Attentat (von
J. Kubis und J. Gabcik) zum Opfer, daraufhin wurden alle Einwohner von
Lidice und Lezaky verschleppt sowie ermordet und beide Ortschaften dem
Erdboden gleichgemacht.
- 31 verfaßt am 9.10.1940 vom Generalleutnant FRIDERICI
in Prag. (Nürnb.-Proz. Dokum: 862-PS)
- 32 Chaim Frank: in Mitteilungsblatt (Sonderausgabe)
Die Sudetendeutschen; München 1992, 1993; s. 19
- 33 Beispielsweise würden vereinfacht aus der
schwarz-weiß Sicht die Frage" entsprechend unseres Themas "Täter und
Opfer - Diskussion über Schuld und Verantwortung" folgend lauten: a)
Wieso verstehen sich die Deutschen und Tschechen nicht? b) Wer
ist Täter und wer das Opfer? c) Wer trägt die Schuld und
Verantwortung? und ...d) Welche Lösung kann für die Zukunft
getroffen werden?
Die polemische Antwort, aus einer kurzsichtig und schwarz-weiß
geprägten Froschperspektive wäre folglich: a) Die Deutschen und
Tschechen verstehen sich nicht, weil sie nicht die gleiche Sprache
sprechen. b) Täter und Opfer: Von 1938-1945 waren die Deutschen die
Täter und die Tschechen die Opfer" und von 1945-1948 waren die Deutschen
die Opfer und die Tschechen die Täter. Das mach summa summarum: 7 böse
Jahre der Deutschen gegen 3 böse Jahre der Tschechen. c) Die Schuld
haben die Deutschen, weil laut der Rechnung aus Antwort "b)" liegen die
Deutschen mit 4 bösen Jahren im Vorsprung." und ... d) Die Lösung
wäre: Sollen die Deutschen Tschechisch und die Tschechen Deutsch lernen,
so werden sie sich endlich verstehen und könnten dann über die Täter und
Opfer-Rolle, als auch über Schuld und Verantwortung vernünftig
diskutieren!
Anm.: Dies würde natürlich die Dummheit pur
aufzeigen, aber immerhin solche und ähnliche Antworten habe ich bei
verschiedenen Gesprächen selber schon von Fritzchen und Franticek hören
müssen! (cf)
***
cf |