"... ein Fehler der Weltgeschichte"? - 
            Judentum, Zionismus und Antisemitismus aus der Sicht 
			Rudolf Steiners
			Von Ralf Sonnenberg 
            War Rudolf Steiner ein "völkischer 
			Antisemit"? Kritische Kurzbibliografie und Resümee 
            
            Vor allem seit Mitte der neunziger 
			Jahre äußern Autoren den Verdacht, die Anthroposophie transportiere 
			antisemitische bzw. rassistische Inhalte und sei mitunter sogar 
			Wegbereiterin des Nationalsozialismus gewesen.(89) 
			Für kurzweiliges Medieninteresse sorgte ein 2007 bei der 
			"Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien" (BPjM) eingegangener 
			Antrag auf die Indizierung zweier Vortragszyklen Steiners wegen 
			"rassistischer Passagen", dem jedoch nicht stattgegeben wurde. 
			(90) 
			  
			Tatsächlich bediente sich der Gründer der Anthroposophie aus dem 
			Repertoire theosophischer und anderer Rassentheorien 
			(91), 
			auch wenn der Behandlung des Themas "Rassen" – sofern dieser Begriff 
			somatische Varietäten und nicht bewusstseinsgeschichtliche Etappen 
			im Sinne theosophischer Terminologie meint – in Steiners 
			umfangreichem Werk eine recht marginale Stellung einnimmt.(92) 
			Steiner ersetzte zudem – was von Anthroposophie-Kritikern bisweilen 
			unterschlagen wird – den von Helena P. Blavatsky in erster Linie zu 
			Periodisierungszwecken verwendeten Begriff "Wurzelrasse" durch 
			semantisch zutreffendere Ausdrücke wie "Epoche", "Hauptzeitraum" 
			oder "Zeitalter". Blavatskys "Unterrassen", welche die 
			"Wurzelrassen" untergliedern sollten, nannte er nach 1907 zunehmend 
			und dann ausschließlich "Kulturepochen", "Kulturperioden" oder 
			"Kulturzeitalter", worin ein deutlicher Versuch gesehen werden kann, 
			rassenbiologische Konnotationen in den Hintergrund treten zu lassen.(93)  
			 
			Als "rassistisch" muss jedoch aus heutiger Sicht Steiners 
			sporadisches Bemühen gewertet werden, biologische "Rassen" mit dem 
			Grad der mentalen "Entwicklungsreife" ihrer Angehörigen zu 
			korrelieren und somit eine Hierarchisierung von Menschengruppen 
			spirituell zu begründen, deren unterste Sprossen den – aufgrund 
			ihrer physischen "Degeneration" zum Aussterben verurteilten – 
			Indianern 
			(94) 
			sowie den von "Trieben"(95) 
			und "Witterungen"(96) 
			dominierten "Negern" vorbehalten bleiben. Die Tatsache, dass der 
			Anthroposophie-Begründer bisweilen auch anerkennende Worte über den 
			Animismus der Indianer, die "Naturgeistigkeit" der Afrikaner oder 
			die "Tao-Religion" der Chinesen verlor kann nicht darüber hinweg 
			täuschen, dass außereuropäische Kulturen in dessen Augen 
			grundsätzlich "atavistisch" waren und – gemäß der eurozentrischen 
			Binnenlogik seines geschichtsevolutionären Denkens – sogar noch 
			unter der materialistisch geprägten Zivilisation des modernen Europa 
			rangierten, die immerhin eine Vorbereitungs- und Durchgangsstufe zur 
			Entwicklung der "Bewusstseinsseele"(97) 
			markierte. 
			 
			Die "arische" oder europäische hielt Steiner, der hieraus allerdings 
			keine imperialen, kolonialistischen oder sozialdarwinistischen 
			Zielsetzungen ableitete, für die "zukünftige, da am Geiste 
			schaffende Rasse".(98) 
			Sie repräsentiert innerhalb seines Weltanschauungskosmos die "fünfte 
			nachatlantische Kulturepoche", deren Anfang er auf den Beginn der 
			frühen Neuzeit datierte.(99) 
			Die diskriminierenden Implikationen des evolutionsgeschichtlichen 
			Stufenmodells hoffte Steiner durch eine Dialektik einzuholen, die er 
			seinen gelegentlich auch rassenkundlichen Überlegungen vorschaltete: 
			Die Reinkarnationsfolgen der menschlichen Individuen führten demnach 
			durch die verschiedenen biologischen "Rassen" hindurch, so dass, 
			"obgleich man uns entgegenhalten kann, dass der Europäer gegen die 
			schwarze und die gelbe Rasse einen Vorsprung hat, doch keine 
			eigentliche Benachteiligung" bestehe.(100)  
			 
			Nach Auffassung des Politologen und Religionswissenschaftlers Helmut 
			Zander ist Steiners Oeuvre "von einer nicht systematisierten oder 
			hermeneutisch integrierten Ambivalenz gekennzeichnet", "in der 
			Unvereinbares und Widersprechendes stehengeblieben" seien. Es hinge, 
			worin Zander Recht zu geben ist, somit auch "von den Interessen der 
			Leser ab, ob die Anthroposophie rassistisch interpretiert wird oder 
			nicht."(101) 
			Die völkische Tradition, unter welcher Zander recht allgemein 
			"sozialdarwinistische" und "rassistische" Auffassungen versteht, 
			ließe sich auch heute noch "neben und in den humanistischen 
			Vorstellungen" der Anthroposophie auffinden.(102) 
			Zander konzediert jedoch, dass Steiner kein "scharfmacherischer 
			politischer Rassist oder Antisemit" gewesen sei, auch wenn er "zum 
			intellektuellen Hintergrund und Überbau der deutschen Tragödie" 
			gehöre.(103)  
			 
			In früheren Beiträgen verortete Zander die Entstehungsgeschichte der 
			theosophisch-anthroposophischen Bewegung im Sammelsurium völkischer 
			Sondergemeinschaften (104), wie sie sich 
			seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert im deutschsprachigen Raum zu 
			formieren und in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg zu 
			konsolidieren begannen. In seinem 2007 erschienenen Werk 
			"Anthroposophie in Deutschland" revidierte er jedoch fast 
			geräuschlos die vormalige Situierung der Anthroposophie im 
			völkischen Lager (105), auch wenn der 
			Autor weiterhin "Konvergenzen" und "Berührungspunkte" etwa zwischen 
			Steiners "rassentheoretischem Denken" und den Ideologien völkischer 
			Aktivisten auszumachen glaubt (106) – 
			was zur Rückfrage Anlass gibt, weshalb Zander nicht mit derselben 
			Akribie in die entgegengesetzte Richtung blickt, was ihm gestatten 
			würde, beispielsweise auch "sozialistische" und "kryptomarxistische" 
			Spurenelemente (107) in den vielfältigen 
			Anschauungen Steiners aufzuspüren. 
			 
			Die Subsumierung der Anthroposophie unter die völkischen Lehren der 
			Kaiserzeit und Weimarer Republik wäre ohnehin nur dann sinnvoll, 
			wenn sich der Nachweis erbringen ließe, dass sozialdarwinistische, 
			eugenische, pangermanische und antisemitische Begründungsmuster 
			einen zentralen Stellenwert innerhalb anthroposophischer Lehren 
			einnähmen und deren kosmopolitischen und humanistischen Gehalt 
			überlagerten bzw. marginalisierten. Programmatische Inhalte 
			völkischer Agitation wie die Forderung nach Segregation der Juden, 
			nach Bildung einer "artgerechten" Religion, nach Selektion und 
			Ausmerze oder nach Errichtung eines imperialen Rassenstaates müssten 
			demnach das ideologische Bindeglied für die unterschiedlichen 
			anthroposophischen Ideen und Aktivitäten abgeben und das 
			Selbstverständnis ihrer Protagonisten entscheidend prägen.(108) 
			Aus der partikularen Konvergenz von rassistischen 
			Argumentationssträngen und Ideologemen, wie sie im ersten Quartal 
			des 20. Jahrhunderts den gesellschaftsübergreifenden Diskurs 
			dominierten und somit kein Spezifikum völkischer Ideologiebildungen 
			darstellten, eine strukturelle Koinzidenz von völkischer und 
			anthroposophischer Lehre extrapolieren zu wollen, hieße jedoch die 
			Begriff "völkisch" auf eine Weise zu inflationieren, die diesen als 
			Instrument der geschichtswissenschaftlichen Analyse gänzlich 
			untauglich machte.  
			 
			Historiker wie George L. Mosse (109), 
			Jörn Rüsen (110), Uwe Puschner (111), 
			Wolfgang Benz (112), Michael Rißmann (113) 
			und jüngst – ungewöhnlich dezidiert – auch Helmut Zander 
			(114)
			meldeten daher zu Recht Vorbehalte 
			gegenüber dem Versuch an, Steiner unter die völkisch-antisemitischen 
			"Systembauer" und Aktivisten einzureihen: "Von den völkischen 
			Theorien über die Geschichte des Judentums unterscheidet sich dieser 
			Entwurf [der Steinersche, R.S.] erheblich. Bereits die Annahme, die 
			Existenz des Judentums habe überhaupt einen Sinn gehabt, hätten 
			Vertreter des völkisch-nationalsozialistischen Spektrums 
			widersprochen, die im Judentum eher einen ‹Menschheitsverderber› vom 
			Beginn der Geschichte an sahen. Das von Steiner geforderte 
			‹Aufgehen› des Judentums in der Menschheit darf … keinesfalls mit 
			jenem ‹Erlösungsantisemitismus› der Nationalsozialisten verwechselt 
			werden, der im Genozid seine konsequente Vollendung fand."(115) 
			Und Wolfgang Benz, Leiter des Berliner Zentrums für 
			Antisemitismusforschung, resümiert, nachdem er Steiners 
			"ausdrückliche Distanzierung vom rassistisch-völkischen 
			Antisemitismus seiner Zeit" kenntlich gemacht hat: "Steiners 
			Plädoyer für die Assimilation unterscheidet ihn vom Anhänger des 
			Rasseantisemitismus, wenngleich der Esoteriker in anderen 
			Zusammenhängen durchaus rassistisch argumentierte."(116) 
			 
			Wirft schon die Konnotation des Adjektivs "völkisch" mit dem 
			Substantiv "Religion" Probleme auf, da fragwürdig ist, ob im 
			Hinblick auf den Eklektizismus völkischer Sinntstifungsversuche 
			überhaupt von Religion im herkömmlichen Sinne gesprochen werden 
			kann, so erweisen sich Formulierungen wie "‹arteigenes› 
			Glaubenssystem" oder "arteigene Religiösität", wie sie in den Titeln 
			einschlägiger Sammelbände auftauchen 
			(117), 
			in Bezug auf eine Charakterisierung des anthroposophischen 
			Selbstverständnisses gleich in zweifacher Hinsicht als irreführend: 
			Steiner begriff die Anthroposophie nicht als Religion, sondern als 
			"Weg meditativer Schulung", welcher dem esoterischen Verständnis der 
			Weltreligionen, vor allem aber des Christentums und (antiken) 
			Judentums, diene. Die Schaffung einer "arteigenen Religion" lehnte 
			er, der sich als Erneuerer einer christlichen Esoterik sah, 
			ausdrücklich ab: "Der Christus ist kein Volksgott, ist kein 
			Rassengott, der Christus ist überhaupt nicht der Gott irgendeiner 
			Menschengruppe, sondern der Christus ist der Gott des einzelnen 
			Menschen, insofern dieser einzelne Mensch nur ein Angehöriger der 
			gesamten Menschheit ist". 
			(118) 
			 
			Anders als Theodor Fritsch, Alfred Rosenberg oder Max Bewer, die 
			einen "arischen Christus" propagierten, sah Steiner in Jesus von 
			Nazareth einen hochstehenden jüdischen "Eingeweihten", der während 
			der Jordan-Taufe den Christus-Geist in sich aufgenommen habe.(119) 
			Im Unterschied zur Argumentationsweise der Rassenantisemiten, die 
			einen "manichäischen" Antagonismus von "arischer" und "jüdischer" 
			Rasse konstruierten, erblickte Steiner zudem gerade in den 
			"Ursemiten" die Begründer der "arischen Wurzelrasse", deren 
			Angehörige vor allem die "Denkkraft" entwickelt hätten.(120) 
			Steiner deutete die Weltgeschichte auch nicht wie Arthur Comte de 
			Gobineau als Arena von "Rassenkämpfen" oder wie Alfred Ploetz als 
			Laboratorium eugenischer Zuchtexperimente, sondern sah in ihr einen 
			Prozess allmählicher Emanzipation von "Gattungsmerkmalen" wie Rasse, 
			Vererbung oder Geschlecht. Dem Selbstverständnis ihres Urhebers nach 
			bildete die Anthroposophie somit einen Gegenentwurf zur 
			zeitgenössischen naturalistischen Anthropologie, welche die 
			vermeintliche genetische Determination des Menschen zur Richtschnur 
			ihres Denkens und Handelns bestimmte und in letzterem oft ein 
			Zielobjekt rassenhygienischer Manipulation und Selektion erblickte.(121) 
			Realpolitisch relevant wurde die Ablehnung eugenischer Optimierungs- 
			und Ausmerzungsgedanken in der NS-Zeit, als es dem Einsatz 
			anthroposophischer Heilpädagogen zu verdanken war, dass mehrere der 
			von den Machthabern als "lebensunwert" eingestuften Heiminsassen – 
			darunter auch jüdischstämmige – vor dem "Euthanasie"-Programm in 
			Sicherheit gebracht werden konnten.(122)  
			 
			Die im 1897er Programm der Theosophischen Gesellschaft proklamierte 
			Vision einer völker- und rassenübergreifenden "Menschenverbrüderung" 
			präzisierte Steiner 1923 dahingehend, "… dass die Menschen über die 
			Erde hin eigentlich alle aufeinander angewiesen sind. Sie müssen 
			einander helfen. Das ergibt sich schon aus der Naturanlage."(123) 
			Die Ausdifferenzierung der Menschheit in biologische Rassen, so 
			seine Überzeugung, sei eine vorübergehende Erscheinung der 
			Geschichte. Sie werde in Zukunft immer mehr an Bedeutung verlieren 
			und eines Tages völlig überwunden sein. Dieser Prozess beginne 
			bereits in der Gegenwart. Es werde dahin kommen, so prognostizierte 
			Steiner bereits 1907, "dass alle Rassen- und Stammeszusammenhänge 
			wirklich aufhören. Der Mensch wird vom Menschen immer verschiedener 
			werden. Die Zusammengehörigkeit wird nicht mehr durch das gemeinsame 
			Blut vorhanden sein, sondern durch das, was Seele an Seele bindet. 
			Das ist der Gang der Menschheitsentwicklung".(124) 
			  
			In dem völkischen Konstrukt einer "Volksgemeinschaft" erblickte 
			Steiner einen Rückfall in reaktionäre Denkweisen, denen er seit 1917 
			seine politische Utopie einer "Dreigliederung des sozialen 
			Organismus" entgegensetzte, die er als Beitrag zur Fortbildung des 
			demokratischen Gemeinwesens verstand. Das so genannte 
			Dreigliederungskonzept sah eine Entmachtung des ethnisch definierten 
			Nationalstaates durch die Entflechtung der Bereiche Staat, 
			Bildungswesen und Wirtschaft vor.(125) 
			"Ein Mensch", so urteilte Steiner 1917 im Hinblick auf die Ursachen 
			des Ersten Weltkrieges, "der heute von dem Ideal der Rassen und 
			Nationen und Stammeszugehörigkeiten spricht, der spricht von 
			Niedergangsimpulsen der Menschheit. Und wenn er in diesen so 
			genannten Idealen glaubt, fortschrittliche Ideale vor die Menschheit 
			hinzustellen, so ist das die Unwahrheit. Denn durch nichts wird sich 
			die Menschheit mehr in den Niedergang hineinbringen, als wenn sich 
			die Rassen-, Volks- und Blutsideale fortpflanzen."(126) 
			Stattdessen sei es notwendig, dass die anthroposophische Bewegung "… 
			gerade im Grundcharakter dieses Abstreifen des Rassencharakters 
			aufnimmt, dass sie nämlich zu vereinigen sucht Menschen aus allen 
			Rassen, aus allen Nationen, und auf diese Weise überbrückt diese 
			Differenzierung, diese Unterschiede, diese Abgründe, die zwischen 
			den einzelnen Menschengruppen vorhanden sind." (127)  
			 
			Mit diesen Worten ist ein weiteres Unterscheidungskriterium von 
			anthroposophischen und völkischen Lehren benannt, soweit diese sich 
			in institutionalisierten Formen Ausdruck verschafften. Denn während 
			in völkischen Vereinen oder Organisationen der so genannte 
			Arier-Paragraph über die Homogenität der Gemeinschaft wachte, stand 
			die Mitgliedschaft der Anthroposophischen Gesellschaft Juden offen. 
			Zu den Mitarbeitern bzw. Anhängern Steiners jüdischer Abstammung 
			zählten der Philologe Ernst Müller (1880-1954), der Philosoph und 
			Zionist Hugo Bergmann (1883-1974) (128), 
			der Fabrikant Carl Unger (1878-1929) (129), 
			der in Auschwitz ermordete Komponist Viktor Ullmann (1898-1944) (130), 
			aber auch Berta Fanta (1865-1918), die vor dem Ersten Weltkrieg in 
			Prag einen einflussreichen philosophisch-literarischen Salon 
			unterhielt.(131) Nicht zuletzt der 
			Umstand, dass in der Anthroposophischen Gesellschaft Juden 
			"überrepräsentiert" waren und darüber hinaus Schlüsselpositionen 
			innehatten, brachte ihrem Begründer die Feindschaft völkischer 
			Kreise bis hin zu einem Attentatsversuch ein.(132)  
			 
			Als Ausdruck der umfassenden Sinn- und Wertekrise in den Jahren vor 
			und nach dem Ersten Weltkrieg partizipierten Steiners esoterische 
			Lehren an dem rassentheoretischen Diskurs jener Zeit, indem er 
			diesem einzelne Elemente entnahm, welche er den theosophischen Ideen 
			der Genese von Rassen und Kulturen anverwandelte. Im Gegenzug 
			adaptierten völkische Theoretiker wie etwa die "Ariosophen" Jörg 
			Lanz von Liebenfels (1874-1954) und Guido von List (1848-1919) 
			Versatzstücke theosophischer Rassentheorien, ohne jedoch deren 
			Einbindung in den universalistischen und kosmopolitischen Horizont 
			der Blavatskyschen Theosophie zu berücksichtigen.(133)
			 
			 
			Steiners peripheren Beschäftigungen mit dem zeitgenössischen 
			Judentum bewegten sich im Spannungsfeld zwischen einem aufgeklärten, 
			die Assimilation bedingungslos einfordernden Antijuduaismus und der 
			christlichen Tradition soteriologisch untermauerter 
			Judenfeindschaft, ohne dass dessen Anschauungen über jüdische Kultur 
			und Religion bereits restlos in dieser ideengeschichtlichen 
			Schnittmenge aufgingen.  
			 
			Es ist jedoch gewiss kein Zufall, dass Steiner wesentliche Anstöße 
			bezüglich der Genese seines philosophisch-anthroposophischen Werkes 
			den Schriften Kants, Fichtes, Hegels und Herders verdankte, die 
			stellvertretend für die Mehrheit der christlichen Aufklärer an der 
			Überzeugung von der Obsoletheit des Judentums festhielten und ein 
			evolutionshistorisches Stufenmodell favorisierten.(134) 
			Noch in seinem autobiografischen Fragment "Mein Lebensgang", 
			erschienen 1925, rechtfertigte er sein frühes Verdikt über das 
			zeitgenössische Judentum als "Fehler der Weltgeschichte" mit dem 
			Hinweis, dass Ladislaus Specht geirrt habe, als er dem 
			"Homunkulus"-Rezensenten Antisemitismus vorwarf, "denn ich hatte 
			ganz aus der geistig-historischen Überschau heraus geurteilt; nichts 
			Persönliches war in mein Urteil eingeflossen." (135) 
			 
			Ein Jahr zuvor hatte Steiner, wohl bezugnehmend auf ein Gespräch mit 
			dem Zionisten Hugo Bergmann, seine assimilationistische Einstellung 
			noch einmal bekräftigt: "Die Juden", so der Referent, könnten 
			"nichts Besseres vollbringen als auf[zu]gehen in der übrigen 
			Menschheit, sich [zu] vermischen mit der übrigen Menschheit, so dass 
			das Judentum als Volk einfach aufhören würde. Das ist dasjenige, was 
			ein Ideal wäre. Dem widerstreben heute noch viele jüdische 
			Gewohnheiten – und vor allen Dingen der Hass der anderen Menschen. 
			Und das ist gerade dasjenige, was überwunden werden müsste." (136) 
			 
			Auffällig ist auch hier Steiners fehlende Unterscheidung von Juden 
			als Angehörigen eines "Religionsvolks" (vergleichbar dem 
			christlichen "Kirchenvolk"), den Kulturzionisten etwa um Achad Haam 
			(1856-1927) und solchen Juden, die sich einem 
			nationalistisch-separatistischen Selbstverständnis verschrieben 
			hatten, wie es sich in Gestalt des politischen Zionismus 
			artikulierte. Dass sich jüdisch-religiöse Identitätsbildung und der 
			Verzicht auf nationaljüdische Ambitionen überdies nicht ausschließen 
			mussten, ja dass sich hierin sogar seit dem ausgehenden 19. 
			Jahrhundert das Zukunftsmodell deutsch-jüdischen Lebens in der 
			modernen Gesellschaft abzuzeichnen begann, zeigte nicht zuletzt die 
			Erfolgsgeschichte des 1893 in Berlin gegründeten "Centralvereins 
			deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens" (CV), dem Mitte der 
			zwanziger Jahre bereits die Mehrheit der assimilierten 
			bürgerlich-liberalen Juden in Deutschland zugehörte. (137)  
			 
			Im Subkontext transportierten Rudolf Steiners Forderungen nach 
			völliger Assimilation der jüdischen Minderheit sowie seine 
			bisweilen stereotypen Miniaturen jüdischen Daseins Elemente eines 
			"antisemitischen Codes" rechtsbürgerlicher sowie linksliberaler 
			Kreise in den Jahrzehnten vor und nach dem Ersten Weltkrieg, den 
			sich zum Teil auch jüdische Assimilanten zu Eigen machten. Als 
			manifesten (Rassen-) Antisemiten könnte man ihn freilich nur dann 
			apostrophieren, wenn sich herausstellte, dass seine wiederholten 
			Distanzierungen vom judenfeindlichen, nationalistischen und 
			rassistischen Diskurs damaliger Zeit nicht ernst gemeint waren und 
			somit lediglich als Vorwand dienten, um unter der Hand eine 
			politische Agitation zu betreiben, die auf eine gesellschaftliche 
			Ausgrenzung bzw. Benachteiligung von Juden abzielte. Eine solche 
			Deutung erscheint jedoch angesichts der Fülle an gegenteiligen 
			Belegen und Zeugnissen als wenig überzeugend. 
			 
			Die zuerst von Julia Iwersen (138) 
			verbreitete, dann von Helmut Zander (139) 
			und Micha Brumlik (140) reproduzierte 
			Kolportage, Steiner habe "die Juden" für den Ausbruch des Ersten 
			Weltkrieges verantwortlich gemacht und sei somit als Multiplikator 
			antisemitischer Verschwörungsmythen in Erscheinung getreten, zeigt 
			jedoch, wie ausgeprägt selbst unter renommierten Wissenschaftlern 
			die Bereitschaft ist, sich im Umgang mit devianten Strängen der 
			jüngeren Religions- und Ideengeschichte eher auf Vorurteile zu 
			verlassen denn auf ein sorgfältiges Studium einschlägiger Quellen: 
			Den Kontext der betreffenden Aussage bildete eben nicht die von 
			Iwersen postulierte Schuldzuweisung an Juden, sondern eine Kritik an 
			dem europäischen Nationalismus, der zum Ersten Weltkrieg geführt 
			habe. Den Zionismus nahm Steiner von dieser Kritik nicht aus, sofern 
			dessen politische Programme mit dem europäischen Nationalismus 
			konvergierten.(141)   
			 
			Die "Protokolle der Weisen von Zion", in denen sich der judeophobe 
			Verschwörungsmythos idealtypisch verdichtete, wies Steiner 
			ausdrücklich als "Fälschung" politisch reaktionärer Kreise zurück.(142) 
			In der Verbreitung der so genannten Dolchstoß-Legende erblickte er 
			den Versuch deutscher Militärs, die Verantwortung für die Niederlage 
			im Ersten Weltkrieg auf politisch missliebige Gruppen abzuwälzen, zu 
			denen vor allem Juden und Kommunisten gehörten.(143) 
			Eine unfreiwillige Pointe liegt freilich darin, dass Steiner den 
			antisemitischen Verschwörungsmythos seiner Zeit zu entkräften 
			suchte, indem er bei einem anderen – damals nicht minder populären – 
			Konspirationsglauben Zuflucht nahm: Die "Protokolle" werden nicht 
			den Juden, sondern den Machinationen fortschritts- und 
			demokratiefeindlicher Jesuiten angelastet.(144) 
            
            
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            Anmerkungen: 
            (89) Die Arbeiten solcher Autoren bieten in der 
			Regel interessantes Quellenmaterial, das jedoch häufig mit stark 
			polemischer Einfärbung präsentiert wird. Die einseitige Auswahl der 
			historischen Quellen, deren teils geflissentliche Verstümmelung und 
			Missdeutung spiegelt zudem die oft beträchtlichen Aversionen und 
			Vorurteile der Interpreten wider. Bezeichnend hierfür sind die 
			Erträge folgender Publikationen: Oliver Geden: Rechte Ökologie. 
			Umweltschutz zwischen Emanzipation und Faschismus, 2. Aufl., 
			Berlin 1999;  Guido und Michael Grandt: Schwarzbuch 
			Anthroposophie. Rudolf Steiners okkult-rassistische Weltanschauung, 
			Wien 1997; Christian Schüller/ Petrus van der Lett: Rasse Mensch. 
			Jeder Mensch ein Mischling, Aschaffenburg 1999, S. 112-160;  
			Volkmar Wölk: Natur und Mythos, Duisburg 1992 sowie vor allem 
			Peter Bierl: Wurzelrassen, Erzengel und Volksgeister. Die 
			Anthroposophie Rudolf Steiners und die Waldorfpädagogik, Hamburg 
			2005 (2. Aufl.). 
			Um eine sachliche Darstellung und Interpretation  bemühen sich 
			Georg Otto Schmid: Die Anthroposophie und die Rassenlehre Rudolf 
			Steiners zwischen Universalismus, Eurozentrik und Germanophilie, 
			in: Joachim Müller (Hg.): Anthroposophie und Christentum. Eine 
			kritisch-konstruktive Auseinandersetzung,  Freiburg 1995,  
			S. 138-194; Helmut Zander: Sozialdarwinistische Rassentheorien 
			aus dem okkulten Untergrund des Kaiserreiches, in: Uwe Puschner/ 
			Walter Schmitz/ Justus H. Ulbricht (Hg.): Handbuch zur 
			"Völkischen Bewegung" 1871-1918, München 1999, S. 224-251; 
			ders.: 
			Anthroposophische Rassentheorie; ders.: Anthroposophie in 
			Deutschland, Band 1, S. 624-637, Michael Rißmann: 
			Nationalsozialismus, völkische Bewegung und Esoterik, in: 
			"Zeitschrift für Genozidforschung" 2 (2003), S. 58-91, S. 61 ff 
			sowie Jana Husmann-Kastein: Schwarz-Weiß-Konstruktionen im 
			Rassebild Rudolf Steiners, in: "Berliner Dialog. Zeitschrift für 
			Informationen und Standpunkte zur religiösen Begegnung", hg. v. 
			Dialog Zentrum Berlin e.V., Bd. 29, Juli 2006, S.22-29.  
			Eine kritische Auseinandersetzung mit anthroposophischen 
			Rassenlehren verspricht der Bericht einer von niederländischen 
			Anthroposophen eingesetzten Untersuchungskommission: 
			Anthroposophie und die Frage der Rassen. Zwischenbericht der 
			niederländischen Untersuchungskommission "Anthroposophie und die 
			Frage der Rassen", Frankfurt a.M. 2000 (3. Aufl.). Eine Studie 
			der Autoren Jürgen Bader und  Lorenzo Ravagli  arbeitet 
			entsprechendes Quellenmaterial fundiert, aber in deutlich 
			apologetischer Absicht auf: Jürgen Bader/ Lorenzo Ravagli:  
			Rassenideale sind der Niedergang der Menschheit. Anthroposophie und 
			der Rassismus-Vorwurf, Stuttgart 2002. Mit der wechselvollen 
			Geschichte anthroposophischer Einrichtungen während des "Dritten 
			Reichs" und der NS-Verfolgung einzelner Mitglieder der 1935 
			verbotenen Anthroposophischen Gesellschaft beschäftigt sich eine 
			materialreiche Studie, deren Autor jedoch die Frage, inwieweit 
			antisemitische Überzeugungen unter damaligen Anthroposophen 
			verbreitet waren,  vollkommen ausspart. Siehe Uwe Werner:  
			Anthroposophen in der Zeit des Nationalsozialismus (1933-1945), 
			München 1999.  
			Die Verstrickungen von Anthroposophen ins völkisch-antisemitische 
			bzw. nationalsozialistische Milieu und die Affinität einzelner 
			italienischer Anthroposophen zum Faschismus thematisiert Peter 
			Staudenmaier in einer materialgesättigten Studie, in der jedoch 
			bedauerlicherweise die Konturen zwischen Anthroposophie, allgemeinem 
			Okkultismus, Theosophie und völkisch-nationalsozialistischen 
			Ideologemen bis zur Unkenntlichkeit verschwimmen: Siehe Peter 
			Staudenmaier: Between Occultism and Fascism: Anthroposophy and 
			the politics of Race and Nation in Germany and Italy, 1900-1945, 
			Diss., Cornell University 2010. Die Notwendigkeit des 
			sorgfältigen begrifflichen Unterscheidens stellt sich aber bei einem 
			so weitläufig angelegten Forschungsgegenstand mit ebensolcher 
			Vehemenz wie die des Vergleichens bzw. des Hinterfragens von 
			Konvergenzen. Das Fokussieren von gelegentlichen ideellen 
			Schnittmengen oder auch personellen Verflechtungen zwischen 
			völkisch-antisemitischem und anthroposophischen Lager verstellt 
			indes den Blick auf die politische und weltanschauliche 
			Heterogenität des anthroposophischen Binnenspektrums dieser 
			Jahrzehnte, in dem neben Sympathisanten bzw. Akteuren des 
			völkisch-rassistischen Milieus wie Karl Heise, Richard Karutz oder 
			Friedrich Lienhard auch sehr viele politisch Unverdächtige unterwegs 
			waren – so zum Beispiel frühe Repräsentanten des "Kulturzionismus" 
			Martin Bubers wie Hugo Bergmann, Ernst Müller oder Berta Fanta, die 
			den kosmopolitisch-emanzipatorischen Geist der Anthroposophie, 
			Steiners Kritik des ethnischen Nationalstaates und seine Ablehnung 
			eines genetischen Determinismus im unterschiedlichen Maße 
			wertschätzten. In hermeneutisch-methodischer Hinsicht stellt die 
			Dissertation Staudenmaiers gegenüber bereits erreichten Standards 
			der geschichtswissenschaftlichen Erforschung der Anthroposophie 
			einen Rückschritt dar, was nicht ausschließt, dass der Autor neues, 
			zum Teil brisantes Quellenmaterial etwa zu antisemitischen Umtrieben 
			italienischer Anthroposophen wie dem Journalisten, Philosophen und 
			Mussolini-Bewunderer Massimo Scaligero präsentiert. 
            
			
			Zum Antisemitismus-Verdacht selbst erschienen 
			desweiteren folgende Arbeiten: Julia Iwersen: Rudolf Steiner: 
			Anthroposophie und Antisemitismus. Zu einer wenig bekannten Spielart 
			des christlichen Antisemitismus, in: "Babylon – Beiträge zur 
			jüdischen Gegenwart", Nr. 16-17, Oktober 1996, S. 153-163; Ekkehard 
			W. Stegemann:  Antijüdische Stereotypen in der 
			anthroposophischen Tradition? Siehe 
			
			http://www.akdh.ch/ps/ps_60Ref-Stegemann.html ;  
			Bader / Leist/ Ravagli: Rassenideale sind der Niedergang der 
			Menschheit. Anthroposophie und der Antisemitismusvorwurf; Ralf 
			Sonnenberg: "Keine Berechtigung innerhalb des modernen 
			Völkerlebens". Judentum, Zionismus und Antisemitismus aus der Sicht 
			Rudolf Steiners, in: Wolfgang Benz (Hg.): "Jahrbuch für 
			Antisemitismusforschung" 12 (2003), S. 185-210; Peter Staudenmaier:
			Rudolf Steiner and the Jewish Question, in: "Year Book 2005", 
			Leo Baeck Institute, Oxford 2005, S. 127-147 sowie Ralf Sonnenberg 
			(Hg.): Anthroposophie und Judentum. Perspektiven einer Beziehung, 
			Frankfurt a.M. 2009. 
            (90) Die Kulturwissenschaftlerin und 
			Gender-Forscherin Jana Husmann-Kastein, 2003 bis 2006 
			Promotionsstipendiatin der PDS-nahen Rosa-Luxemburg-Stiftung, 
			überspannte den Bogen ihrer berechtigten Kritik an den 
			Rassentheorien Steiners auf medienwirksame Weise, indem sie für das 
			Verfahren ein "Gutachten" beisteuerte, das die Rechtmäßigkeit einer 
			Indizierung nachweisen sollte. Die "Bundesprüfstelle für 
			jugendgefährdende Medien" ließ sich allerdings nicht als Zugpferd 
			einer politisch intendierten Kampagne zweier Steiner-Gegner 
			missbrauchen und reagierte mit Besonnenheit: Dem vom 
			Familienministerium auf Anregung der Initiatoren hin gestellten 
			Antrag wurde nicht entsprochen, den Verantwortlichen des Rudolf 
			Steiner Verlags allerdings geraten, künftige Ausgaben der 
			beanstandeten Bände kritisch zu kommentieren. – Hätten sich die 
			Initiatoren dieses Indizierungsantrags weniger von der Suche nach 
			Schlagzeilen, die einem im Fall der "Anthroposophie-Kritik" immer 
			sicher sind, als vielmehr von aufrichtiger pädagogischer Sorge 
			leiten lassen, dann müssten sie nolens volens auch Schriften 
			Luthers, Herders, Kants, Fichtes, Hegels, Marxens, Max Webers oder 
			Heinrich Manns, die antisemitische bzw. rassistische Passagen 
			enthalten und keinesfalls durchweg den Ansprüchen 
			historisch-kritischer Werkeditionen genügen, von heutigen Teenagern 
			fernzuhalten suchen. Eine partielle Zensur, selbst wenn sie nur 
			Jugendliche beträfe, verhinderte jedoch gerade die kritische 
			Auseinandersetzung mit den in Rede stehenden Altlasten und nähme 
			somit eine "Wiederkehr des Verdrängten" billigend in Kauf. Nicht 
			zuletzt der Umstand des "zweierlei Maßes" zeigt die Unaufrichtigkeit 
			des Ansinnens, sich des unbequemen historischen Erbes rassistischer 
			Vorurteile mit den Mitteln der "Political Correctness" zu erwehren. 
			Ein Indizierungsgesuch, dessen Objektwahl Parteilichkeit verrät bzw. 
			dessen Auswahlkriterien unklar bleiben, weil er aussschließlich 
			Vorträgen des Esoterikers Steiner gilt, statt sich in gleicher 
			Manier auch gegen renommierte Autoren der deutschsprachigen 
			Literatur zu wenden, zeigt, dass die ihm zugrunde liegenden Motive 
			keine wissenschaftlich-objektiven, sondern ideologische sind. Die 
			Annahme überdies, theosophische Insider-Literatur aus der Zeit vor 
			dem Ersten Weltkrieg gehöre zu den bevorzugten Freizeitlektüren 
			heutiger Teenager, zielt, sofern sie überhaupt ernst gemeint ist, an 
			der Lebensrealität von Jugendlichen vorbei. 
            (91) 
			
			Ideengeber Steiners in puncto Rassenlehren waren 
			neben H.P. Blavatsky und Ernst Haeckel (1834-1919) vermutlich auch 
			Johann Friedrich Blumenbach (1752-1840), Carl Gustav Carus 
			(1789-1869) und Hegel. Vgl. Zander: Anthroposophische 
			Rassentheorie, S. 302 f. 
            (92) 
			
			Die Begriffe "Arier" und "arische Wurzelrasse" 
			gebrauchte Steiner ohnedies selten. Auf den über 89000 Seiten in 
			ungefähr 340 Bänden der Rudolf-Steiner-Gesamtausgabe kommt der 
			Terminus "arische Wurzelrasse" auf genau zehn Seiten vor. Zur 
			semantischen Aufschlüsselung  der in der Anthroposophie 
			gebräuchlichen Periodisierungen  "Wurzelrasse",  
			"Unterrasse" oder "Kulturepoche" siehe Bader / Ravagli:  
			Rassenideale sind der Niedergang der Menschheit. Anthroposophie und 
			der Rassismus-Vorwurf. Zur Einordnung des Komplexes "biologische 
			Rassen" im Steinerschen Oeuvre vgl. Anthroposophie und die Frage 
			der Rassen, S. 15-32.
			
			
             
            (93) 
			
			Vgl. auch eine Äußerung Steiners vom 4. Dezember 
			1909, derzufolge "der Rassebegriff aufhört, eine jegliche Bedeutung 
			zu haben gerade in unserer Zeit" und das Denken in 
			Rassenklassifikationen eine "Kinderkrankheit der theosophischen 
			Bewegung" gewesen sei. Siehe Rudolf Steiner: Die tieferen 
			Geheimnisse des Menschheitswerdens im Lichte der Evangelien (GA 
			117), Dornach 1986, S. 151 f. 
            (94) 
			
			Etwa Steiner: Die Mission,  S. 79 und S. 
			118. 
            (95) 
			
			Rudolf Steiner.: Vom Leben des Menschen und der 
			Erde. Über das Wesen des Christentums (GA 349), Vortrag vom 3. 
			März 1923, Dornach 1980, S. 53. 
            (96) 
			
			Rudolf Steiner: Über Gesundheit und Krankheit. 
			Grundlagen einer geisteswissenschaftlichen Sinneslehre (GA 348), 
			Vortrag vom 16. Dezember 1922, Dornach 1959, S. 105 f. 
            (97) 
			
			Zu Steiners Deutung der "Bewusstseinsseele" vgl. Jörg 
			Ewertowski: Die Entdeckung der Bewusstseinsseele. Wegmarken des 
			Geistes, Stuttgart 2007. 
            (98) 
			
			Steiner: Die Mission, S. 67. 
            (99) 
			
			Vgl. Jens Heisterkamp: Weltgeschichte als 
			Menschenkunde. Untersuchungen zur Geschichtsauffassung Rudolf 
			Steiners, Diss., Dornach 1989. S. 129 ff. Der Begriff der 
			"Wurzelrasse" markiert aus Steiners Sicht vor allem einen 
			Epochenabschnitt, dessen Repräsentanten in diesem Fall vor allem die 
			Europäer seien. 
            (100) 
			
			Steiner: Die Mission, S. 78. 
            (101) 
			
			Zander: Sozialdarwinistische Rassentheorien, 
			S.  246. 
            (102) 
			
			Ebenda, S. 248. 
            (103) 
			
			Zander: Anthroposophische Rassentheorie, S. 
			325. 
            (104) 
			
			Zander: Sozialdarwinistische Rassentheorien 
			und ders.: 
			Anthroposophische Rassentheorie. 
            (105) 
			
			"Der Warnung von Sonnenberg: »Keine Berechtigung 
			innerhalb des modernen Völkerlebens«, 204 f., Steiner allzuschnell 
			unter das völkische Milieu zu subsumieren, die er auch an meinen 
			älteren Publikationen kritisiert, stimme ich zu. Elemente rassischen 
			Denken implizieren nicht automatisch eine Zugehörigkeit zur 
			völkischen Bewegung." Aus: Zander: Anthroposophie in Deutschland, 
			Band 1, S. 632 f. 
            (106) 
			
			Ebenda. 
            (107) 
			
			"Sozialistische" oder sogar "marxistische" Anklänge 
			treten etwa in den Schriften und Vorträgen Steiners zur sozialen 
			Dreigliederung in großer Fülle in Erscheinung, wenn der Interpret 
			versuchsweise mal die "linke Brille" aufsetzt. Siehe etwa Joseph 
			Huber: Über Anthroposophie, einen gewissen Marxismus und andere 
			Alternatiefen, in: Hans Magnus Enzensberger (Hg.): "Kursbuch" 
			55, 1979, S. 139-162 oder Christoph Strawe: Anthroposophie und 
			Marxismus, Stuttgart 1986. Freilich ist mit dem Auffinden 
			solcher "Konvergenzen", das sich beliebig nach allen Richtungen hin 
			ausdehnen ließe, für ein Verständnis der sozialreformerischen, 
			politischen und ökonomischen Gedankengänge Steiners wenig gewonnen. 
            (108) 
			
			Zur Definition völkischer Ideologien und 
			Organisationen vgl. Uwe Puschner/ Walter Schmitz/ Justus H. 
			Ulbricht: Vorwort, in: 
			Handbuch zur "Völkischen Bewegung", S. IX-XXVII. Siehe auch Uwe 
			Puschner: Die völkische Bewegung im wilhelminischen Kaiserreich,  
			Darmstadt 2001, S. 10-25. 
            (109) 
			
			George L. Mosse: Die Geschichte des Rassismus in 
			Europa,  Frankfurt a.M. 1990, S. 119 f. 
            (110) 
			
			Jörn Rüsen: Rassismus, Modernität und 
			Anthroposophie, in: "Info3",  Nr. 12, Dezember 1998, S. 
			11-15. 
            (111) 
			
			Brief Uwe Puschners vom 11.11. 2002 an den Autor. 
            (112) 
			
			Wolfgang Benz: Vorwort, in: Ders. (Hg.): 
			"Jahrbuch für Antisemitismusforschung" 12 (2003), S. 10. 
            (113) 
			
			Rißmann: Nationalsozialismus, völkische Bewegung 
			und Esoterik, S. 61 ff. 
            (114) 
			
			Zander: Anthroposophie in Deutschland, Band 1, 
			S. 632 f. und ders.: Rudolf Steiners Rassenlehre. Plädoyer, über 
			die Regeln der Deutung von Steiners Werk zu reden, in: Uwe 
			Puschner/ G. Ulrich Großmann (Hg.): Völkisch und national. Zur 
			Aktualität alter Denkmuster im 20. Jahrhundert, Darmstadt 2009, 
			S. 145-155, hier S. 150: "Steiner wollte kein Rassist sein – dies 
			unterschied ihn von den Völkischen des Kaiserreichs, die nicht genug 
			von »blutsmäßiger» Abstammung haben konnten. Kritiker, die Steiners 
			Rassismen isolieren oder zum Zentrum seiner Weltanschauung 
			stilisieren, werden seiner Konzeption nicht gerecht." Der letzte 
			Satz überrascht, da Zander in früheren Publikationen selbst noch zu 
			jenen Kritikern zählte, welche die Rassentheorien Steiners als 
			»konstitutiv« für dessen Weltanschauung ansahen. Zu begrüßen ist die 
			an ihre Anhänger gerichtete Einladung des Autors, die heutige 
			Anthroposophie für historisch-kritische Kontextualisierungen zu 
			öffnen, die weithin verbreitete selbstreferentielle 
			Wagenburg-Mentalität zu Gunsten eines auf Augenhöhe stattfindenden 
			intellektuellen Diskurses zu verlassen: "Zu dieser Akzeptanz von 
			Kontextualität gibt es meines Erachtens keine Alternative, wenn man 
			in der europäischen Reflexionskultur Gesprächspartner finden will. 
			Die Anthroposophie muss zwar diese Kontextualisierung nicht wollen, 
			darf aber bei einer Verweigerung nicht klagen, wenn man sich im 
			intellektuellen Getto wiederfindet." (ebenda, S. 152). 
            (115) 
			
			Ebenda, S. 63 f. 
            (116) 
			
			Wolfgang Benz: Vorwort. Nach Jahren einer oft 
			pseudowissenschaftlichen Rezeptionsgeschichte voll "pauschaler 
			Verurteilungen" (Benz, ebenda), wie sie mit Jutta Ditfurths Buch 
			"Feuer in die Herzen. Plädoyer für eine ökologische linke 
			Opposition" 1992 einsetzte und in der Veröffentlichung dubioser 
			Anthroposophie- und Waldorf-"Schwarzbücher" ihre Fortsetzung fand, 
			versachlicht sich die Kontroverse um rassistische und 
			antijudaistische Äußerungen Rudolf Steiners zusehends. Ein Grund mag 
			darin liegen, dass die Anthroposophie von immer mehr 
			Religionswissenschaftlern und Kulturhistorikern als genuiner 
			Forschungsgegenstand entdeckt wird und ihre Rezeption somit nicht 
			mehr nur Hasardeuren überlassen bleibt. Steiners Gegnerschaft zum 
			rassenantisemitisch-völkischen Milieu und Diskurs seiner Zeit wird 
			von den meisten Historikern inzwischen nicht mehr bestritten. Vgl. 
			auch Wolfgang Benz (Hg.): Handbuch des Antisemitismus. 
			Judenfeindschaft in Geschichte und Gegenwart, Band 2: Personen, 
			Berlin 2009, S. 795. 
            (117) 
			
			Schnurbein/ Ulbricht: Völkische Religion sowie 
			Sandra Franz:
			Die Religion des Grals. Entwürfe arteigener Religiosität im 
			Spektrum von völkischer Bewegung, Lebensreform, Okkultismus, 
			Neuheidentum und Jugendbewegung (1871-1945), Schwalbach/Ts. 
			2009. 
            (118) 
			
			Rudolf Steiner: Alte und neue Einweihungsmethoden 
			(GA 210), Vortrag vom 7.1.1922,  Dornach 2001, S. 25. 
            (119) 
			Rudolf Steiner: Aus der Akasha-Forschung. Das 
			Fünfte Evangelium (GA 148), Vortrag vom 6.1.1914, Dornach 1996, 
			S. 155-160. 
            (120) 
			Rudolf Steiner: Aus der Akasha-Chronik (GA 
			11),  Dornach 1979, S. 30-33. 
            (121) 
			Rudolf Steiner: Die spirituellen Hintergründe der 
			äußeren Welt. Der Sturz der Geister der Finsternis (GA 177), 
			Vortrag vom 7. Oktober 1917, Dornach 1999, S. 84-86. 
			(122) 
			Einige Kinder, die aufgrund ihrer Behinderung und 
			ihrer jüdischen Herkunft gleich doppelt gefährdet waren, wurden 
			erfolgreich in die Schweiz evakuiert, wo sie in dem von 
			Anthroposophen geführten Kinderheim Sonnenhof (Arlesheim) eine neue 
			Bleibe fanden. Werner: Anthroposophen, S. 354. 
			(123) 
			Steiner: Vom Leben des Menschen und der Erde. Über 
			das Wesen des Christentums (GA 349), S. 59. 
			(124) 
			Steiner: Theosophie des Rosenkreuzers, Vortrag 
			vom 4. Juni1907, S. 129. 
			(125) 
			Vgl. Ted van Baarda: Das Selbstbestimmungsrecht 
			der Völker. Steiners Kritik einer folgenreichen Lehre, in: Jens 
			Heisterkamp (Hg.):  Die Jahrhundertillusion. Wilsons 
			Selbstbestimmungsrecht der Völker, Steiners Kritik und die Frage der 
			nationalen Minderheiten heute, Frankfurt a.M. 2002, S. 11-52 
			sowie Albert Schmelzer: Die Dreigliederungsbewegung 1919. Rudolf 
			Steiners Einsatz für den Selbstverwaltungsimpuls,  Diss., 
			Stuttgart 1991. 
			(126) 
			Steiner: Die spirituellen Hintergründe,  
			S. 205. 
			(127) 
			Steiner: Die tieferen Geheimnisse des 
			Menschheitswerdens,  S. 152. 
			(128) 
			Siehe Sonnenberg:  Zionismus und Waage: 
			Eine herausfordernde Begegnung. 
			(129) 
			Ronald Templeton: Carl Unger. Der Weg eines 
			Geistesschülers, Dornach 1990. 
			(130) 
			Ingo Schultz: Viktor Ullmann: Leben und Werk, 
			Stuttgart 2008. 
			(131) 
			Georg Gimpl: Weil der Boden selbst hier brennt. 
			Aus dem Prager Salon der Berta Fanta (1865-1918),  Furth im 
			Wald 2002. 
			(132) 
			Werner: Anthroposophen, S. 8.  Ravagli: 
			Anthroposophie und völkisches Denken. Zur rechtsradikalen 
			Gegnerschaft der Anthroposophen in der Weimarer Zeit vgl. Lorenzo 
			Ravagli: Unter Hammer und Hakenkreuz. Der 
			völkisch-nationalsozialistische Kampf gegen die Anthroposophie, 
			Stuttgart 2004. 
			(133) 
			Siehe Nicholas Goodrick-Clarke: Die okkulten 
			Wurzeln des Nationalsozialismus,  Stuttgart 1997, S. 
			36-109; ferner Ulrich Nanko: Das Spektrum völkisch-religiöser 
			Organisationen von der Jahrhundertwende bis ins "Dritte Reich", 
			in: Schnurbein/ Ulbricht: Völkische Religion, S. 208-226, 
			hier 213-217 und Zander: Sozialdarwinistische Rassentheorien, 
			S. 233 ff. 
			(134) 
			Vgl. Fußnote 29. 
			(135) 
			Rudolf Steiner: Mein Lebensgang (GA 28), 
			Dornach 1986, S. 145. 
			(136) 
			Steiner: Wesen des Judentums, S. 2002. 
			(137) 
			Siehe hierzu Avraham Barkai: "Wehr dich!" Der 
			Centralverein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens (C.V.) 
			1893–1938, München 2002. 
			(138) 
			Iwersen: Rudolf Steiner, S. 155. 
			(139) 
			Zander: Sozialdarwinistische Rassentheorien, 
			S. 244. 
			(140) 
			Micha Brumlik: Die Gnostiker. Der Traum von der 
			Selbsterlösung des Menschen,  Berlin 2000, Vorwort. 
			(141) 
			Steiner: Wesen des Judentums, S. 189. Als eine
			kryptische Schuldzuweisung an Juden könnte hingegen – sofern 
			man Steiners Sicht der "Jahwe-Wesenheit" als Glied und zugleich 
			Spiegel der Trinität außer Acht lässt und zudem die Passage 
			interpretatorisch überstrapaziert – die an gleicher Stelle 
			auffindbare Aussage gelesen werden, derzufolge die Wirksamkeit 
			Jahwes den Inspirationshintergrund für den Nationalismus als 
			gesamteuropäisches Phänomen abgebe. Hierzu siehe Staudenmaier: 
			Rudolf Steiner and the Jewish Question, S. 143. 
			(142) 
			Rudolf Steiner: Vergangenheits- und 
			Zukunftsimpulse im sozialen Geschehen (GA 190), Vortrag vom 5. 
			April 1919, Dornach 1971, S. 114 f. Einen Überblick über die 
			Entstehungs- und frühe Rezeptionsgeschichte des 
			antisemitisch-antifreimaurerischen Verschwörungsmythos‘ verschaffen 
			folgende Studien:  Norman Cohn: "Die Protokolle der Weisen 
			von Zion". Der Mythos der jüdischen Weltverschwörung, Zürich 
			1997; Jeffrey L. Sammons: Die Protokolle der Weisen von Zion. Die 
			Grundlage des modernen Antisemitismus – eine Fälschung. Text und 
			Kommentar, Göttingen 1998 sowie Armin Pfahl-Traughber: Der 
			antisemitisch-antifreimaurerische Verschwörungsmythos in der 
			Weimarer Republik und im NS-Staat, Wien 1993. 
			(143) 
			Siehe zum Beispiel Rudolf Steiner:  
			Geisteswissenschaftliche Behandlung sozialer und pädagogischer 
			Fragen (GA 192), Dornach 1991, Vortrag vom 18. Mai 1919, S. 118.  
			Eine Orientierung über die umfangreiche Fachliteratur zur 
			"Dolchstoßlegende" gibt Gerd Krumeich: Die Dolchstoß-Legende, 
			in: Deutsche Erinnerungsorte, Bd. 1,  hg. von Etienne 
			Francois und Hagen Schulze, München 2001, S. 585-599. 
			(144) Obwohl die neuere Forschung auch auf das 
			ultra-katholizistische Frankreich als Entstehungshintergrund der 
			"Protokolle" verweist und damit Steiners Behauptung einer 
			"jesuitischen Fälschung" nicht mehr ganz so abwegig erscheinen 
			lässt, verlaufen die Wege der Genesis und Tradierung dieses 
			politisch folgenschweren Elaborats vielfach im Dunkeln. Vgl. auch 
			Norman Cohn: Die Protokolle der Weisen von Zion. Eine 
			umfangreiche, Archive in Frankreich, Russland, der Schweiz und 
			Israel auswertende Arbeit über die "Protokolle" und ihren 
			Herausgeber, den russischen religiösen Schriftsteller und 
			Apokalyptiker Sergej Nilus, sowie eine kommentierte Edition der 
			Materialien des Berner Prozesses bereitet seit Jahren der Historiker 
			Michael Hagemeister vor.  
            
    hagalil.com 
            08-11-2009 
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