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Gaza: Nur Wasser und Strom fließen noch

Tonnenweise verdarben Milchprodukte, Bananen, Gemüse und Früchte in den Lastwagen vor dem geschlossenen Warenterminal Karni, während sich die empfundene humanitäre Krise im Gazastreifen verschärfte. „Die Händler behaupten, dass die Waren knapp sind und trieben die Preise in die Höhe“, erzählt per Telefon ein Palästinenser aus dem Gazastreifen. Gleichwohl sind die Lager der UNO-Flüchtlingshilfeorganisation immer noch mit Lebensmitteln gefüllt. Vor nur zehn Tagen, unmittelbar vor Ausbruch der heißen Phase des „Bürgerkriegs“, hat die UNO zudem die üblichen Drei-Monats-Rationen an die bedürftigen Flüchtlinge ausgeteilt...

Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem, 18. Juni 2007

Einen Engpass wird es schon bald beim Benzin geben. Die israelische Energiegesellschaft Dor hatte eine Ausschreibung der Autonomiebehörde gewonnen, den Gazastreifen mit Benzin zu beliefern. Das ist ein „rein kommerzieller Vertrag“, sagte der stellvertretende Verteidigungsminister Efraim Sneh. Da es aber die Autonomiebehörde seit der Übernahme des Gazastreifens durch die Hamas-Organisation nicht mehr gibt, stellte Dor-Alon die Lieferungen ein. „Auf der palästinensischen Seite ist niemand gekommen, die Lieferungen in Empfang zu nehmen“, hieß es bei der Gesellschaft. Seit Tagen sind zudem alle Banken im Gazastreifen geschlossen, sodass die Händler nicht ihre Rechnungen begleichen können.

Auf Weisung der israelischen Regierung wird weiterhin Dieselöl für die Stromherstellung in den Gazastreifen gepumpt, damit wenigstens die Krankenhäuser weiter funktionieren können. Israel liefert zudem 40 Prozent des Trinkwassers und 70 Prozent des Stroms aus dem von der Hamas bisher immer wieder mit Raketen beschossenen Rutenberg-Kraftwerks südlich von Aschkelon. Wasser und Strom fließen durch Röhren und 100 Megawatt Oberleitungen. Da ist kein direkter menschlicher Kontakt notwendig.

Doch alle anderen Waren müssen die Stahlschleusen des Karni-Terminals passieren. Auf der palästinensischen Seite „ist niemand, um die Waren entgegenzunehmen“, hieß es als Begründung für die vorläufige Schließung. Die Polizeikräfte auf der palästinensischen Seite gibt es nicht mehr. Sie hatten die Aufgabe, alle Lastwagen und Autos, die sich dem Terminal näherten, auf Sprengstoff zu überprüfen, nachdem es mehrfach zu Anschlägen gekommen ist. Zudem hat die Hamas ein ehemaliges Packhaus gesprengt, weil es als Symbol der Autonomiebehörde galt. In ihm waren die Sicherheitskräfte einquartiert. Ehe der Warenverkehr am Terminal wieder aufgenommen werden kann, müssen klare Verhältnisse geschaffen werden.

Israelische Sprecher, darunter auch Minister, deuteten an, dass es durchaus „Gespräche auf der pragmatischen Ebene“ mit der Hamas geben könne. Ministerpräsident Ehud Olmert hat den Beschluss verkündet, eine humanitäre Krise im Gazastreifen verhindern zu wollen. Es war schon die Rede von „einseitigen Lieferungen von Nahrungsmitteln und Medikamenten“. Unklar sind die technischen Möglichkeiten. Schließlich muss es jemanden geben, der die Waren entgegennimmt und verteilt. Das könnten internationale Organisationen übernehmen.

Während der Gazastreifen völlig auf die Lieferungen aus Israel angewiesen ist, zumal die Ägypter an ihrem Grenzübergang keinen kommerziellen Warenverkehr zulassen, hat die Schließung von Karni auch negative Auswirkungen auf Israel. Denn infolge der Osloer Verträge verzichteten israelische Bauern zum Beispiel auf den Anbau von Zwiebeln, um den Bauern im Gazastreifen einen Lebensunterhalt zu ermöglichen. Jetzt werden die Zwiebeln und andere im Gazastreifen produzierte und nach Israel exportierte Waren knapp und teurer.

Die Machtübernahme der Hamas hat politisch zwar „klare Verhältnisse“ geschaffen. Doch nun muss abgewartet werden, wie die teilweise zerstörten und von der Hamas geplünderten palästinensischen Bereiche der Grenzübergänge Karni für die Waren, Erez für den Menschenverkehr nach Israel und in Rafah, dem einzigen Tor der Bürger von Gaza nach Ägypten, wieder aufgebaut und neu organisiert werden können. Ebenso hat die Hamas noch nicht erklärt, wie sie mit der neuen Lage umgehen will. Jetzt trägt sie alleine die Verantwortung. Sie muss sich um die täglichen Bedürfnisse von etwa 1,2 Millionen Menschen kümmern. Dazu gehört auch ein minimaler Kontakt mit den Israelis, da Gaza wirtschaftlich von Israel völlig abhängig ist.

© Ulrich W. Sahm / haGalil.com

Posted 06/18/07 by: admin

Comments

wrote:
Statt in Gaza einzumarschieren und jüdisches Leben zu riskieren, sollte man einfach die Wasser- und Diesel-Versorgung drosseln, damit die Hamas sich um die Versorgung ihrer eigenen Bevoelkerung kuemmert, statt Israel zu bedrohen.
Da Krankenhaeuser ueber Notstromanlagen verfuegen, kann man z.B. nach jedem Raketeneinschlag fuer 2 Stunden Strom und Diesel abstellen, um ein deutliches Zeichen zu setzen.
06/19/07 14:39:07

wrote:
Da ist die zur Genüge gequälte Bevölkerung Gazas, die vielleicht bedingt mitschuldig an ihrem Elend ist, indem sie den Falschen zu sehr vertraute, und da ist Israel und versucht sich dem gegenwärtigen Dilemma zwischen notwendiger Austrocknung von Hamas und Schonung der Bevölkerung zu stellen. Man sollte darauf verzichten, "strategische" Ratschläge zur weiteren Bestrafung der Menschen dort vom Sessel aus zu erteilen. Das wirkt nicht schön.
06/19/07 17:53:58

wrote:
@ Fred:
'Man' sollte auch darauf verzichten, Tod und Vernichtung unter Zivilisten zu säen. Das wirkt noch viel unschöner.
06/20/07 06:53:49

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