Jump to navigation
Hauptsache die Anderen sind schuld
Mitten im ausgebrochenen Chaos im Gazastreifen glaubt ein palästinensischer Politologe, dass Israel den Bürgerkrieg anstacheln. Präsident Abbas entdeckt hinter den „Putschversuchen“ der Hamas Pläne des Iran, ihn abzusetzen. Westliche Diplomaten können nicht mehr zwischen den Kämpfern auf den Straßen von Gaza unterscheiden, „weil doch alle ohnehin vermummt sind“. Die einzigen noch verbliebenen Vermittler sind ägyptische Geheimdienstleute. Doch auch die verzweifeln, haben nicht mehr den Durchblick und wollten schon mit den Worten „Nach mir die Sintflut“ abreisen...
Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem, 12. Juni 2007
Jassir Arafat, ein Meister des diktatorischen Prinzips „teile und herrsche“, entglitt die absolute Kontrolle erstmals nach Ausbruch der zweiten Intifada. Er entließ alle seine Gegner, vor Allem der Hamas, aus dem Gefängnis, im Glauben, so stärker im Kampf gegen Israel zu sein. Doch wie in jedem anderen Volk kann ein Krieg nach außen nur zeitweilig über innere Machtkämpfe hinwegtäuschen. Schon seit vierzig Jahren ringen miteinander fromme Moslembrüder, heute Hamas, und die weltliche, sowjet-sozialistisch angehauchte Fatahpartei um die Herrschaft. Schon unter Arafat brachen erste Kämpfe aus.
Das alles nur nach dem Parteien-Schema zu sehen, Islamisten gegen westlich-orientierte Fatah, wäre zu einfach. Hinzu kommen noch die Clans mit ihren jeweiligen Ressourcen wie Waffenschmuggel und Kontrolle des Drogenhandels. Da erscheinen Namen von Großfamilien wie des Samhadana-Clans, der Dagmush oder Al Najjar in Khan Junis. Deren politische Zugehörigkeit kann wechseln oder quer durch die Familien gehen. Da ist jeder König in seinem Reich.
Nachdem jegliche „staatliche Ordnung“ zusammengebrochen ist, die „Zentralregierung“ nichts mehr zu sagen hat und die „Sicherheitskräfte“ eher bewaffnete Banden oder Privatmilizen lokaler „war lords“ bezeichnet werden sollten, wird eine „Lösung“ im europäischen Sinn immer undenkbarer. Lächerlich ist die Vorstellung, dass Präsident Abbas ein paar „Polizeibeamte“ losschicken könnte, Männer mit illegalen Waffen zu verhaften und vor Gericht zu stellen. Einen Rechtsstaat, kann es ohne funktionierende „Zivilgesellschaft“ nicht geben. Er ist unter Arafat seit der Selbstverwaltung 1994 nie verwirklicht worden.
Kein anderes Volk der Welt erhielt so viel finanzielle Hilfe der Amerikaner und Europäer, fachliche Beratung deutscher Stiftungen, Entwicklungshilfe und weltweite politische Unterstützung, um einen funktionierenden Staat vorzubereiten, den ihnen die Israelis auf dem Silbertablett präsentierten. Doch so wie die Europäer Jahrhunderte lang Krieg führten, ehe sie sich zu einem funktionierenden Staatswesen zusammenschließen konnten, so tun sich die Palästinenser schwer, knapp vierzig Jahren nach ihrer Deklaration zum Volk, ihre Loyalität zum Clan zugunsten der Unterwerfung unter die Staatsautorität aufzugeben. Saeb Erekat trifft den Kern des Problems mit der Behauptung, dass der Bürgerkrieg auch das Ende des Strebens nach der kaum verinnerlichten und aus Europa importierten Idee eines Nationalstaats bedeuten kann.
© Ulrich W. Sahm / haGalil.com
Posted 06/12/07 by:
admin
Comments
Warum lesen solche Berichte nicht die vielen Journalisten und die halbblinden Kommentatoren von haGalil, die den Israelis immer gute Ratschläge geben, ohne Zusammenhänge zu kennen, ohne das Wesen der Terroristen zu beachten und immer nur glauben den Juden eins auswischen zu müssen??? Warum gehen sie nicht einmal einen Monat nach Sderoth oder als einfacher Mensch nach Gaza?? Es könnte der Urteilsfähigkeit sehr hilfreich sein!
Add Comments