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Und was haben wir davon?
Die israelische Tageszeitung Haaretz veröffentlichte zwei konträre Kommentare zur Einladung Israels zu Beitrittsverhandlungen zur Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD)...
Nur Prestige
Von Eitan Avriel, Haaretz v. 17.05.2007
Jetzt ist es offiziell: Nach 13 Jahren Druck, Betteln, Politik und intensivem Lobbying wurde Israel gestern in die OEDC aufgenommen. In den kommenden Tagen werden wir vor allem den Jubel der hohen Beamten und das Eigenlob der Politiker hören. Man kann schon jetzt raten, dass Ministerpräsident Olmert, der auch stellvertretender Finanzminister ist, keine Gelegenheit auslassen wird, um sich einen halben Pluspunkt in der Öffentlichkeitsmeinung zu verschaffen.
Die OECD ist eine führende Wirtschaftsorganisation, aber im Gegensatz zur UN oder dem Weltwährungsfonds hat sie keine offiziellen Befugnisse. Die Organisation hat einen guten Ruf, Büroräume in Paris und Leute, die weltweite Wirtschaftsforschungen betreiben, teilweise auch wichtige. Die Mitglieder der Organisation, hohe Beamten der Mitgliedstaaten, führen Wirtschaftsgespräche über wichtige Themen und veröffentlichen hin und wieder politische Empfehlungen.
Was bedeutet aber der Beitritt zur OECD für die Öffentlichkeit? Über eines ist man sich einig: Die direkten Gewinner sind eine nicht gerade kurze Reihe von Beamten und Politikern, die von nun an regelmäßig die Linie Paris-Tel Aviv frequentieren werden, um an den Sitzungen der OECD teilzunehmen. Und Paris ist ein durchaus angenehmer Ort für Beratungen über die globale Wirtschaftspolitik.
Darüber hinaus ist man sich über die künftigen Entwicklungen nicht so ganz einig. David Klein, der ehemalige Präsident der Israelbank, meint z.B., der Beitritt Israels könne keinen Beitrag zu einer Verbesserung der wirtschaftlichen Bedingungen Israels leisten oder die Bürger in irgendeiner Form beeinflussen. Er sagt, die OECD sei nicht viel mehr, als ein „luxuriöser Golfklub“. Klein ist vielleicht zynisch, aber er ist nicht der einzige, der überzeugt ist, dass der Beitritt Israels zur der Organisation keinerlei Effekt haben wird.
Wäre Israel im Jahr 2002 oder im letzten Jahrzehnt aufgenommen worden, wäre dies eine wirklich gute Nachricht gewesen. Damals brauchte Israel die Legitimation als Land, das ein attraktives Ziel für Investitionen darstellt. Heute ist das weniger der Fall: Israel wird sowieso von ausländischen Investitionen und Geld überschwemmt. Es genügt schon, den Sturz des Dollars zu beobachten, um zu verstehen, dass niemand auf einen Koscher-Stempel der OECD wartet, um in Israel zu investieren.
Sowohl zynische Investoren als auch optimistische Wirtschaftler sind sich deshalb einig, dass der Beitritt Israels zur OECD ein zweitrangiges Ereignis ist, das vielleicht höchstens das Ansehen Israels auf dem Weltmarkt weiter verbessern und auf „indirektem Wege“ die israelische Wirtschaftspolitik beeinflussen könnte. Sehr viel mehr sollte man von diesem Klub nicht erwarten. Wie sagte doch der amerikanischjüdische Komiker, Groucho Marx: „Ich möchte keinem Klub angehören, der Leute wie mich als Mitglieder aufnimmt.“
Nicht nur Prestige
Von Motti Basok, Haaretz v. 17.05.2007
Der Beschluss der OECD ist für Israel von großer Bedeutung, für seine internationale Position, seine Wirtschaft und dem Wohle seiner Bürger. Der Status Israels auf den internationalen Finanzmärkten steigt. Die Regierung und auch der private Sektor werden von nun an eine bessere Behandlung genießen, wenn sie ins Ausland reisen. Dieser Beschluss ist uns hunderte Millionen von Dollar im Jahr wert.
Neben dem Prestige kommt einer Mitgliedschaft in der OECD auch finanzielle Bedeutung zu. Internationale Banken und große Konzerne, die sich bisher von Israel fern hielten, werden in Kürze kommen. Gleichzeitig wird die Mitgliedschaft unseren Industriellen, Importeuren und Exporteuren neue Türen öffnen. Die internationalen Kreditanstalten werden Israel wahrscheinlich höher einstufen, die Risikoprämien Israels werden reduziert werden und die Regierung und israelische Firmen werden auf den ausländischen Kreditmärkten weniger Zinsen zahlen.
Neben den Rechten wird Israel aber auch Pflichten haben, wie z.B. die Erfüllung der hohen Standards, die in der Welt bezüglich der Korruption üblich sind, und die Annahme internationaler Prinzipien auf Bereichen wie unter anderem Umwelt- und Verbraucherschutz.
Medienspiegel der Deutschen Botschaft Tel Aviv