-- Schwerpunkt: Israel und Nahost
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Ein israelisches Wüstenerlebnis der besonderen Art - Oder: Shalom Chaverim!

Israel hautnah: Deutschsprachige Sommeruniversität 2006 - Ein Erfahrungsbericht...

Von Vanessa Grade

Im vergangenen Jahr im Mai erzählte mir eine Freundin von der deutschprachigen Sommeruniversität in Beer-Sheva. Ich war in Israel bereits mehrere Male gewesen. Ob mit derm Schüler-Austausch, Jugendprojekten oder einfach mit Freunden oder zum Hebräisch lernen, aber von diesem Programm, das aus einem Intensiv-Hebräischkurs und einem akademischen Rahmenprogramm bestand, hatte ich noch nie zuvor gehört. Erst recht der Punkt, dass es ein Angebot speziell für Deutschsprachige war, überraschte mich. Nur von der Tatsache, dass es in Beer Sheva sein sollte, war ich zunächst nicht begeistert. Ich kannte die Stadt von Durchfahrten oder Zwischenstopps von meinen vorherigen Israel-Reisen, aber ich konnte nie den Charme entdecken. Die Stadt hatte auf mich etwas langweilig gewirkt. Doch nach einigen Wochen entschieden wir uns beide teilzunehmen, denn das Programm überzeugte mich, außerdem konnte ich so endlich mein Hebräisch verbessern.

Ich freute mich so sehr auf den sechswöchigen Aufenthalt und konnte es kaum erwarten. Doch dann wäre alles fast ins Wasser gefallen, denn der Libanon-Krieg begann im Juli und es schien kein Ende in Sicht. Täglich zeigten die Medien die schrecklichen Bilder des Krieges, alles wirkte wie eine einzige Kriegslandschaft. Ich selbst wurde schon unsicher, ob ich fliegen sollte, doch das Team der Uni versicherte uns, dass sich der Krieg nicht bis in den Süden ausbreiten würde und dass wir sicher wären. Auch meine israelischen Freunde bekräftigten diese Aussage. Doch aus Sicht meiner Familie und einiger Freunde galt ich als verrückt und es gab im Vorfeld sehr viel Streit auf Grund meines Vorhabens. Trotz aller Probleme entschied ich mich zu fliegen, weil ich im Gefühl hatte, ich würde es sehr bereuen, wenn ich nicht fliegen würde. Mit einem doch etwas mulmigen Gefühl flog ich nach Israel. Die Angst vor dem Krieg war da, aber bereits nach einigen Stunden im Land, war sie wie verflogen. Man spürte nichts von der Kriegsatmosphäre, die so sehr durch die Medien transportiert wurde.

Bunt gemischte Teilnehmergruppe

Schnell lernte man immer mehr Leute der Gruppe kennen. Sie bestand aus rund 50 Leuten und war sehr gemischt. Die Teilnehmer kamen aus allen Teilen Deutschlands und einige aus anderen europäischen Ländern. Auch die Altersverteilung war sehr unterschiedlich. Von 18-jährigen, die noch zur Schule gingen bis Pensionäre in ihren 60ern war alles vertreten. Die Atmosphäre war freundschaftlich-familiär.

Von manchen Dozenten wurden wir gelobt für unseren "Mut", in dieser Zeit nach Israel zu kommen In einer besonderen Veranstaltung hatte uns die Uni über Sicherheitsbestimmungen und Verhalten "im Enstfall" aufgeklärt. Aber uns wurde auch klar gemacht, dass wir uns quasi in der sichersten Gegend Israels befinden würden.

Viele Bewohner des Nordens kamen nach Beer-Sheva und viele von ihnen wurden auch in den Studentenwohnheimen untergebracht. Ansonsten bekam man vom Krieg nicht viel mit. Klar, es wurde viel darüber gesprochen und diskutiert, die Nachrichten waren vom Krieg bestimmt, aber trotzdem kam man sich vor, als wäre die Gefahr nicht vorhanden, bzw. ganz, ganz weit weg.
Auch wenn man nicht zum ersten Mal in Israel war, fielen einem die zahlreichen bewaffneten Sicherheitsbeamten auf. Taschenkontrollen an jedem Supermarkt, am Eingang zur Uni. Die Universität hat einen eigenen Sicherheitsdienst, der uns auch auf allen Busfahrten begleitete.

Schnelle Lernerfolge im Ulpan

Der Ulpan (der Intensiv-Sprachkurs) fand zusammen mit den amerikanischen Studenten statt. In den ersten Tagen hatte ich Probleme, die Lehrerin, die ausschließlich Hebräisch sprach, zu verstehen, aber schnell zeigte es seinen Zweck und man verstand immer mehr. Der Unterricht war sehr abwechslungsreich und neben lesen und Grammatikübungen auch mit vielen praxisorientierten Dialogen gestaltet. Jeden Donnerstag gab es einen kleinen Test, der uns als Leistungsüberprüfung dienen sollte.

Meistens direkt nach dem Kurs gingen wir mit mehreren Mittag essen und anschließend ging es direkt an die Hausaufgaben. Die lösten wir meistens zu zweit oder in Kleingruppen, denn gemeinsam war es leichter und machte so auch mehr Spaß.

Von dort aus ging es dann zu den Vorlesungen. Jeden Tag gab es ein anderes Thema: Ob zur aktuellen politischen Lage, zu Aspekten des Judentums, zur jüdischen Kunst und Literatur und zu historischen Hintergrundinfos, für jeden Geschmack war etwas dabei. Abends schauten wir häufig gemeinsam einen Film, gingen in den Pub des Studentenwohnheims oder in die Altstadt. Viele freundeten sich auch mit ihren israelischen Mitbewohnern an und konnten so ihre ersten Hebräisch-Kenntnisse in die Praxis umsetzen.

Riesige vielfältige Oase in der Wüste

Die Stadt, von der ich mir vor der Reise ein eher langweiliges Bild gemacht hatte, stellte sich mir in einem ganz neuen Licht dar. Sie wirkte groß, modern und wie eine riesige Oase in der Wüste. In verschiedenen Einkaufszentren fand man alles, was man braucht. Wenn man am Rand der Stadt war, konnte man immer auf die Wüste blicken. Ein einmaliges Bild.

Was mich aber mit am meisten beeindruckte war die Vielfalt der Gesellschaft. Ein total buntes Bild stellte es dar. Ob verschleierte Beduinen-Frauen, hochmodern gekleidete junge Leute oder Schwarze aus Afrika, dieser Eindruck zeigte nur einen kleinen Ausschnitt des vielfältigen, ganz normalen israelischen Alltags. Hier hatte man noch wirklich das Gefühl, mitten im "original" israelischen Leben zu sein.

Doch auch die Universität selbst war beeindruckend. Die meisten Gebäude waren noch nicht sehr alt und der Campus war wunderschön angelegt. Viele Rasenflächen boten Platz zum Ausruhen in den Pausen, Palmen säumten die Wege und sogar ein kleines Bächlein war am Campus angelegt.

Die Exkursionen fanden jeden Freitag statt. So fuhren wir in die Gedenkstätte Yad Vashem nach Jerusalem, besichtigten an einem anderen Tag auch die Altstadt und die David-Stadt in Jerusalem. An einem anderen Wochenende ging es auf die Festung Messada, die einen einzigartigen Ausblick rund um das Tote Meer und auf die Wüstenlandschaft bot.
Weitere Ausflüge fanden zu archäologischen Stätten und ans Meer in Ashkelon statt.
Ein besonderes Highlight war eines abends die einzigartige Wanderung bei Vollmond mitten durch die Wüste. Die Wüste wirkte einmalig und ganz besonders.

Der große Abschlusstest fand am letzten Tag statt. Am Abend dann fand die große Abschiedsparty statt, auf der wir unsere Zeugnisse bekamen. Es wurde getanzt, gut gegessen, gelacht und viele Erinnerungsfotos gemacht. Es war ein mehr als gelungener Abend, der auch ein wenig Wehmut in sich trug, weil viele von uns noch gar nicht wieder nach Hause fliegen wollten und wir einfach viele schöne Wochen zusammen verbracht und neue Freunde gewonnen hatten.
Die Sommeruniversität war für mich ein einzigartiges Erlebnis. Es war eine Zeit voller neu gewonnener Erfahrungen, Erlangen von Wissen und das neue Verständnis das Land Israel mit anderen Augen zu sehen und nicht nur im Zusammenhang mit Kriegsbildern.

Doch nicht nur das: Das Programm fördert und unterstützt die deutsch/europäisch-israelisch/jüdische Verständigung. Es bietet die Gelegenheit, gegenseitige Vorurteile abzubauen und eine Basis für langfristige Beziehungen zu schaffen. Es geht darum, sich ein eigenes Bild zu machen, sich Wissen anzueignen und eine einzigartige Atmosphäre zu erleben.

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Pause im Ulpan

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Beim Essen...

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... und in der Wüste

Beer-Sheva:
Leben, lernen und die Vielfalt entdecken
Vom 29. Juli bis 5. September 2007 findet an der Ben-Gurion-Universität in Beer-Sheva, Israel, zum bereits zehnten Mal die deutschsprachige Sommeruniversität mit intensivem Hebräischkurs und abwechslungsreichem akademischen Rahmenprogramm statt...

Category: Tourismus
Posted 04/25/07 by: admin

Comments

wrote:
klasse geschrieben, da bekommt man direkt lust die sommeruni zu besuchen
:-)

danke, viele gruesse,
grenzgaenger
04/29/07 17:05:27

wrote:
Nach interessiertem Lesen dieses eindrucksvollen Berichtes stimme ich Grenzgaengers Kommentar absolut zu !!! Da möchte ich,obwohl auch meine Wenigkeit dem älterem Semester angehört, von Herzen gerne hin,hierzu benötige ich jedoch weitere Infos, z.B. welche Kosten kommen auf mich zu , und so manches mehr!
05/01/07 13:25:14

wrote:
hallo christl,

schau mal - hier

http://w3.bgu.ac.il/cisp/

gibt es mehr infos !

viele gruesse,
grenzgaenger
05/01/07 13:31:22

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