Ostern ist die schönste Jahreszeit im Heiligen Land, noch ein wenig kühl, mal ein wenig warm und zwischendurch fällt auch mal Regen. Ein ideales Reisewetter. Doch wenn, wie in diesem Jahr, das Passah-Fest der Juden und das Osterfest der beiden großen Kirchen, der Östlichen und der Westlichen, in die gleiche Woche fallen, dann wird es eng...
Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem, 4. April 2007
Endlos lange Reihen parkender Busse deuten auf eine gewisse Erholung des Tourismus nach dem Libanonkrieg, während die Ferien-machenden Israelis zu ihrem „Fest der ungesäuerten Brote“ das ganze Land in einen riesigen Verkehrsstau verwandeln. Während des achttägigen Festes ist auch frommen Juden erlaubt, Auto zufahren, während sie sich an den meisten anderen Feiertagen wegen der strengen Religionsgesetze nur zu Fuß fortbewegen dürfen.
Ostern bedeutet deshalb auch ein erhöhtes Sicherheitsrisiko, denn in dieser Zeit mehren sich die eher unpräzisen Warnungen vor Terroranschlägen. Die Polizei hat die zweithöchste Alarmstufe verfügt. Zu Ostern 2002 hatte sich bei einem besonders schweren Terroranschlag ein Palästinenser in einem Hotel in Natanja gesprengt, wo gerade Holocaustüberlebende ihr Passah-Mahl einnehmen wollten. Das war für Israel das Zeichen zum Einmarsch in das Westjordanland und den beschleunigten Bau des so genannten Anti-Terror-Sperrwalls. Der wird freilich von den Palästinensern als unerträgliche „Apartheids-Mauer“ gesehen und schränkt ihre Bewegungsfreiheit empfindlich ein.
Die zentralen Zeremonien der christlichen Osterfeierlichkeiten finden in der Grabeskirche mitten in der Jerusalemer Altstadt statt. Da wird es besonders eng, wenn alle sechs wichtigen christlichen Konfessionen gemeinsam und gemäß einem Plan im Minutentakt ihre Prozessionen ins bedeutendste Gotteshaus der Christenheit einziehen lassen: Die Grabeskirche mit den letzten Stationen des Leidensweges Jesu, der Via Dolorosa. Die Grabeskirche, von den Ostkirchen auch Auferstehungskirche genannt, beherbergt die Säule, an der Jesus gegeißelt wurde, den Golgatha-Hügel, auf dem er hingerichtet wurde, den Salbungsstein sowie das Grab, aus dem er nach drei Tagen auferstanden sei.
Doch echte Freude kommt selbst bei der beeindruckenden Feuerzeremonie am Samstag nicht auf, wenn der griechische Patriarch aus dem versiegelten Grab Jesu ein vom Himmel gefallenes Feuer an die wartenden Gläubigen herausreicht und diese mit brennenden Kerzenbündeln, „Er ist auferstanden“ schreiend, aus der Kirche herausrennen. Seit einigen Jahren versperrt die israelische Polizei aus „Sicherheitsgründen“ alle Gassen rund um die Grabeskirche und lässt nur noch gezählte Gläubige mit einer zuvor besorgten „Eintrittskarte“ durch. Der Grund sei das Fehlen eines zweiten Eingangs zur Grabeskirche, einem Notausgang, für den Fall, dass Feuer ausbricht oder Panik entsteht. Die christlichen Kirchen sind untereinander so zerstritten, dass sie sich nicht darauf einigen können, welche Glaubensgemeinschaft in den Genuss eines neuen, unkontrollierten Eingangs kommen dürfe. So blockieren sie sich gegenseitig, während das Haupttor nur von einem Moslem, Wajeeh Y. Nuseibeh, „Hüter und Torwärter der Kirche des Heiligen Grabes“ geöffnet oder mit einem handgeschmiedeten eisernen Schlüssel abgesperrt werden darf. Moslems sind nämlich die „Besitzer“ des wichtigsten christlichen Heiligtums und ziehen dazu auch eine „Miete“ in unbekannter Höhe ein.
Das Osterfest mit seinen unbeschreiblich bunten und exotisch wirkenden Zeremonien bei den Armeniern, bei den Äthiopiern auf dem Dach der Grabeskirche oder in der Grabeskirche selber, ist auch das Fest der Erlösung, der Auferstehung. Ganz ähnlich, jedoch mit anderen Inhalten, ist auch das gleichzeitig gefeierte jüdische Passahfest ein Fest der Erlösung, der Befreiung aus der Sklaverei unter dem Pharao und des Auszugs aus Ägypten.
Doch politisch steht im Nahen Osten die Erlösung noch aus. Ob die von Israels Premier Ehud Olmert neben der EU-Ratspräsidentin Angela Merkel proklamierte Einladung an den saudischen König Abdullah mitsamt der arabischen Friedensinitiative von Beirut aus dem Jahr 2002 die Erlösung und einen Ansatz für Frieden bringen wird, wagt niemand vorherzusagen. Noch wirkt die Lage eher desolat und hoffnungslos, mit Krieg im Irak, Bürgerkriegsgefahr im Libanon und in Gaza, einer hässlichen Mauer mitten durch Palästina, die den Israelis vielleicht Schutz bietet, aber die Palästinenser in ihrer Bewegungsfreiheit einschränkt und den Kontakt zwischen beiden Völkern fast unmöglich macht.
© Ulrich W. Sahm / haGalil.com