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Dr Philosophia honoris causa Angela Merkel

Ihren purpurroten Hosenanzug, wie sie ihn bei König Abdullah von Jordanien in Akaba getragen hatte, tauschte sie an Palmsonntag gegen einen schlichten schwarzen Anzug mit Perlenkette aus, um auf Jerusalems Skopusberg die Ehrendoktorwürde entgegenzunehmen. Die Physikerin Angela Merkel war sichtbar berührt, ausgerechnet in Israel, von der Hebräischen Universität, wo schon Albert Einstein und Martin Buber lehrten, zur „Philosophin“ erklärt zu werden. Doch ihr wurde kein Doktorhut aufgesetzt. Uni-Direktor Menachem Megidor hängte ihr ein hellblaues Halsband um mit einer silbernen Medaille, die aus der Ferne wie ein Davidstern aussah, in Wirklichkeit aber aus einem Dreieck mit dem Symbol der ältesten Universität Israels bestand...

Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem, 1. April 2007

Während Megidor zunächst auf Hebräisch und Englisch die Begründung für die Ehrung Merkels als Philosophin honoris causa verlas, lächelte die Kanzlerin bekannte Gesichter im Publikum an, etwa die Schauspielerin Iris Berben, die Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch und die Botschafter Schimon Stein und Harald Kindermann. Nur bei den einzigen deutschen Worten Megidors, eine Erwähnung der „Partei demokratischer Aufbruch“, in der Merkel nach dem Zusammenbruch der DDR ihre politische Karriere „bis zur ersten Frau und ersten Ostdeutschen als Bundeskanzlerin“ begonnen hatte, nickte sie.

In ihrer Erwiderung sagte Merkel „ganz offen“, dass die Ehrung für sie auch eine „Verpflichtung“ sei: „Das verspreche ich Ihnen“. Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus dürften in Deutschland und in der EU „keine Chance mehr bekommen“. Sie fügte hinzu: „Im Namen meines Volkes wurde zerstört und vernichtet, was uns heilig war. Nur indem mein Land, nur wenn Deutschland seine immerwährende Verantwortung für diese schreckliche Zeit in seiner ganzen Geschichte und für die grausamsten Verbrechen voll und ganz annimmt, können wir die Zukunft gestalten“.

Einer ausführlichen Würdigung der wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Kooperation zwischen Israel, Deutschland und Europa, „die noch ausgebaut werden könnte“, folgten scharfe Worte zur Lage im Nahen Osten. Nicht einmal für die früher übliche Ausgewogenheit äußerte sie auch nur eine Silbe der Kritik an Israels Politik.

Merkel sprach von einer schwierigen Zeit: „Eine gewählte Hamasregierung, die das Existenzrecht Israels nicht anerkannte, ein Krieg im Libanon im vergangenen Sommer. Und im Iran hetzt die Führung des Landes in unerträglicher Weise gegen Israel. Der iranische Präsident relativiert oder leugnet den Holocaust. Und darüber hinaus lässt der Iran nichts unversucht, um mit seinem Nuklearprogramm die Weltgemeinschaft zu provozieren. Schließlich zeigt die Gefangennahme der 15 britischen Soldaten einmal mehr, mit wem wir es zu tun haben. Ich wiederhole deshalb auch an dieser Stelle, dass Großbritannien die volle Solidarität der Europäischen Union in dieser Angelegenheit genießt, mit Vorrang der unverzüglichen Freilassung der 15 Soldaten.“ Das Publikum applaudierte.

„Generationen von Politikern haben sich um eine Lösung des Konflikts bemüht und Generationen von Politikern sind dabei gescheitert“, sagte sie wenige Stunden vor ihrer Abfahrt nach Ramallah, um dort den palästinensischen Präsidenten Mahmoud Abbas zu treffen. Vor dem israelischen Publikum richtete sie warnende Worte an die Palästinenser. Die müssten die drei Bedingungen des Nahostquartetts (Anerkennung Israels und bestehender Verträge sowie Gewaltverzicht) annehmen. „Ich sage unumwunden: Wir erwarten als Zeichen des Willens von der Hamas die Freilassung des israelischen Soldaten Schalit.“ Über Premierminister Ismail Hanija der Hamas, den Premierminister Ehud Olmert kürzlich gar „Terrorist“ geschimpft hat, sagte Merkel: „Alle Erklärungen des Premierministers Hanija lassen bisher einen Verzicht auf Gewalt vermissen, ebenso ein unzweifelhaftes Bekenntnis zum Existenzrecht Israels, zu dem auch gehört, dass der Beschuss mit Kassamraketen endlich beendet wird.“

Gleichwohl hat Merkel jetzt „ein gewisses Gefühl für eine Bewegung“ im Nahen Osten und ein „Fenster der Gelegenheit“ ausgemacht. Zweimal warnte Merkel: „Europa sollte sich hüten zu glauben, eine Lösung von oben aufzwingen“, oder alleine etwas Entscheidendes bewegen zu können. „Dann würden wir uns übernehmen.“ Dennoch: „Die Lösung des Konflikts ist ohne vernünftige Alternative.“

In der arabischen Welt, vor allem mit Saudi Arabien in der Führungsrolle, sei die Bereitschaft gewachsen, den Konflikt zu überwältigen. Nach dem „banalen Satz“, wie sie sagte, dass „alles mit allem zusammenhängt“, ging sie auf das Nuklearprogramm des Iran ein, „das nicht vom Friedensprozess zu trennen“ sei: „Vor wenigen Tagen hat der Sicherheitsrat zum zweiten Mal Sanktionen gegen den Iran verhängt. Und zwar einstimmig. Der Beschluss zeigt der Führung in Teheran: Die Weltgemeinschaft akzeptiert die Fortsetzung des Atomprogramms nicht. Es muss verhindert werden, dass das Atomprogramm Irans militärischen Zwecken dient. Der Iran muss sich an die internationalen Regeln halten. Die Geschlossenheit der internattonalen Gemeinschaft führt dem Iran vor Augen, dass die politische Führung ihr Land immer weiter in die Isolation treibt.“ Nur Entschlossenheit und Geschlossenheit könne den Iran zum Einlenken bringen. Die Bereitschaft zum Dialog mit Teheran hänge davon ab, dass der Iran seine nuklearen Aktivitäten suspendiere. Noch sei der Iran „weit davon entfernt, seinen Verpflichtungen nachzugehen.“ Abschließend, mit viel Betonung auf jedem Wort, sagte die Kanzlerin: „Der Iran sollte sich keine Illusionen machen: Ein nuklear aufgerüsteter Iran ist nicht akzeptabel. Darin sind sich Europa, Amerika, Russland, China und die Staaten der Region einig.“

Auch zu Syrien äußerte sich Merkel kritisch. Voraussetzung für eine Dialogbereitschaft mit Syrien sei, „dass Damaskus Zeichen gibt. So warten wir unter anderem auf die Aufnahme diplomatischer Beziehungen Syriens mit dem Libanon und auf eine uneingeschränkte Zusammenarbeit mit dem Hariri-Tribunal. Leider hat es Damaskus bislang vorgezogen, zu blockieren.“ Merkel wolle sich für ein einheitliches Vorgehen der EU gegenüber Damaskus einsetzen. „Auch Syrien muss erkennen, dass der Weg in eine Isolation dem Land auf Dauer in keiner Weise nützt und dass auch hier die Weltgemeinschaft gemeinsam aktiv ist.“ Die Lösung des Konflikts zwischen Israel und den Palästinensern schließe die arabischen Nachbarn ein, erfordere eine klare Haltung zu Iran und ein Ende des Blutvergießens im Irak.

Merkel traf sich insgesamt dreimal mit dem israelischen Premier Olmert. Am Samstag abend nach ihrer Landung, zwischen ihrer Ehrung und der Abfahrt nach Ramallah, sowie zu einem Abendessen in der Residenz Olmerts am Sonntag abend. Worüber beide wirklich redeten, kann man nur erraten, zumal Merkel erst kürzlich in Saudi Arabien war und Olmert in einem Interview dem saudischen König eine „große Überraschung“ ankündigte, falls der sich zu einem Treffen mit dem israelischen Premier entschließen sollte. Zwischen Deutschland und Israel gebe es eine „strategische Zusammenarbeit“, versicherte Olmert am Sonntag Mittag im Beisein Merkels. Israel stehe an einer „kritischen Kreuzung vor Entscheidungen über die Zukunft mitsamt großen Gefahren“, so Olmert. Merkel erneuerte ihre uneingeschränkte Verpflichtung zum Existenzrecht Israels, zu einer Zweistaatenlösung mit den Palästinensern und einem Frieden in Nahost.

© Ulrich W. Sahm / haGalil.com

Category: Deutschland
Posted 04/01/07 by: admin

Comments

wrote:
Da bleibt dann wohl zu hoffen, dass - vor allem in Bezug auf eine von Merkel angestrebte gemeinsame Haltung der EU gegenüber Syrien - den Worten auch Taten folgen...
04/02/07 04:36:06

wrote:
Cool site!
06/12/07 08:47:22

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