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Enttäuschung im Libanon: Nasrallah hat uns vergessen
Während des Krieges konnte sich die Hisbollah der überschwänglichen Unterstützung der Bevölkerung im Süd-Libanon sicher sein. Doch nun, lange Zeit nach dem Krieg, sind ihre Häuser nach wie vor zerstört, Entschädigungen scheinen nicht in Aussicht und viele fragen laut heraus, ob die Entführung der beiden israelischen Soldaten wirklich notwendig war. „Wir haben nicht angenommen, dass die Hisbollah-Führung die Reichtümer für sich hält und wer hier zurückbleibt, erhält eine symbolische Entschädigung “ Eine ähnliche Kritik ist vermehrt im Iran zu hören...
Viele Einwohner des Süd-Libanons, die während des Krieges entweder freiwillig oder gezwungenermaßen die Hisbollah unterstützt haben, bleiben mit nichts zurück - ohne die Möglichkeit auf Rückkehr in ihre Häuser und in der Furcht, die Hisbollah könne sie im Stich lassen.
Auch wenn über dieses Thema nur verschwiegen und zögerlich gesprochen wird, hat nicht jeder Einwohner des Süd-Libanons in die Siegeserklärung der Hisbollah, allen voran ihr Anführer Hassan Nasralla, eingestimmt. Die in London erscheinende arabische Zeitung „Al-Hayat“ ließ verschiedene Stimmen aus dem Süd-Libanon zu diesem Thema zu Wort kommen: Einwohner, die ihr Heim und Geschäfte verloren haben, und mit dem kalten Winter konfrontiert waren, während gleichzeitig die Hisbollah ihren politischen Kampf gegen die Regierung Faud Siniora in Beirut führt.
Der Ausdruck „Befreiung für Sayed“ ist schon lange nicht mehr so freizügig und herzlich zu hören. Dies ist nur ein Zeichen für die Veränderungen, die die Bevölkerung des Süd-Libanons durchmachen. Viele von ihnen erzählen, dass sie nach dem Abzug der israelischen Armee im Jahr 2000 nicht dachten, das sie je wiederkäme.
Die Hisbollah ist korrupt und greift nach der Herrschaft
Wie sieht es nun mit den versprochenen Entschädigungen aus? Die Hisbollah hat tatsächliche einige 10.000 $ (sie bezeichnen sie als „Obdachsentschädigung“) jeder Familie für die Jahresmiete einer möblierten Wohnung ausgezahlt, aber das ist bei weitem nicht ausreichend. Die Bevölkerung wartet weiter auf Zahlungen, die die Regierung Siniora, gegen den sich ihre Verbitterung ebenfalls richtet, zugesagt hat.
Dies ist aber nicht der einzige schwere Kritikpunkt an der Hisbollah. Die Organisation, die ihren politischen Kampf gegen die Regierung Siniora in Beirut führt, ist jetzt weniger im Süden des Landes anwesend. „Die Widerstandsjugend“ (Bezeichnung für die Hisbollah) versorgte die Bevölkerung mit Nahrung und Wasser und Dank des “Widerstandes“ wurde der Süd-Libanon befreit und Dank des Sayed (Hassan Nasrallah) konnten wir unser Haupt hoch über die Arabern halten!“, erklärte ein Einwohner und fügt im gleichen Atemzug hinzu „heute sieht man sie nicht mehr. Nach dem Krieg haben sie uns vergessen und gingen nach Beirut, vergessen den Süden und streben nach der Herrschaft“.
Andere befürchten, dass die Hisbollah sie bezüglich aller finanziellen Entschädigungen benachteiligt.
Der Hisbollah-Sprecher, Hussein Rahaal, weist jegliche Anschuldigungen zurück. „Es kann sein, dass den Entschädigungs-Komitees Fehler unterlaufen sind, aber wir beheben immer jeden Fehler“.
Die Saudis und die Iraner mischen sich ein
In dieser Woche war sogar im Iran mutige Kritik an der Hisbollah und der iranischen Unterstützung zu vernehmen. „Einerseits ist die Unterstützung der Hisbollah nicht nur eine finanzielle Frage, sondern auch eine Unterstützung deiner Glaubensbrüder. Andererseits überlegen viele Iraner in Anbetracht der schlechten wirtschaftlichen Lage lieber zweimal und fragen sich, welchen Nutzen man aus dieser Hilfe ziehen kann“? So der Standpunkt eines jungen Iraners, der sich anonym gegenüber der in London publizierten arabischen Zeitung „Al-Shark-Al-Awsat“ äußerte.
Es erscheint, dass was den Libanon betrifft, mehr in Bewegung ist als man sieht. Experten berichteten diese Woche gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, dass die Golfstaaten und insbesondere Saudi Arabien, Gelder radikalen islamisch-sunnitischen Gruppen im Libanon zur Stärkung der Sunniten gegenüber der Hisbollah im Land der Zedern zufließen lassen.
Die Experten gaben auch an, dass der Geldtransfer, der im letzten Dezember anfing, sowohl zum Aufbau eines Gegengewichts zur Hisbollah diene, als auch als Teil des Versuchs Saudi Arabiens gelte, den sunnitischen Islam in dem sich entwickelnden Konflikt mit den Schiiten im Nahen Osten und Afrika zu stärken. „Saudische Gelder fließen aus einem einzigem Grund den sunnitischen Gruppierungen zu – den Schiiten und der Hisbollah im Libanon entgegenzutreten“, sagten sie ferner.
Wie sieht Irans Position in dieser Angelegenheit aus? Der iranische stellvertretende Außenminister Mahdi Mustafa sagte gegenüber „Al-Shark-Al-Awsat“, dass sein Land die Hisbollah nur „aus moralischer und politischer Perspektive“ unterstützte. Bezüglich der Hilfsgelder aus dem zur Zeit wirtschaftlich geschwächten Iran, erklärte Mustafa, dass es sich um Spenden von Privatpersonen und nicht vom Staat handle. „Die Iraner haben die Hisbollah seit jeher freiwillig und individuell unterstützt“, sagte er klärend.
ynet, 23.03.07