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Bei den Gräbern der Helden der Nation

Die Dokumentarfilmerin Tali Shemesh wuchs in einem jüdischen Elternhaus polnischer Herkunft auf, ein Elternhaus, "in dem es Geheimnisse gab und Lügen und engstirnige Verleugnung." Ihr Film "The Cemetery Club" ist ein Film "über alte polnische Juden, die Überlebende des Holocaust sind", sagt Shemesh, "aber er ist auch voller Drama und Humor. Es ist das Projekt meines Lebens - über viele Jahre hatte ich das Gefühl, diesen Film machen zu müssen"...

Von Dalia Karpel, Haaretz

In 90 Minuten erzählt "The Cemetery Club" zwei Geschichten parallel. Eine dreht sich um Lena Bar, eine 80-jährige Überlebende, Juristin von Beruf, Witwe und Mutter zweier Kinder, und untersucht ihre komplexe Beziehung zu ihrer Schwägerin Minya Rubin, einer 85 jährige ehemalige Arbeiterin, ebenfalls Witwe und Mutter zweier Kinder - und Großmutter der Regisseurin.

Die zweite Erzählachse dokumentiert einen Sozial-Verein älterer polnischer Einwohner Jerusalems und einiger Yekkes (Juden deutscher Herkunft), zusammen 20 Personen, die sich seit Jahrzehnten im Sommer jeden Sabbat um 10:30 Uhr auf dem Mount Herzl unter einer Pinie in der Nähe der Gräber der ehemaligen Führer der Nation treffen und die sich die "Mount Herzl Academy " nennen.

Shemesh (36) sagt, dass niemand, auch nicht ihr Partner, der Kameramann, Shark (Sharon) de Mayo, glaubte, dass sie das Projekt jemals vollenden würde. Die Idee eines Films über die beiden Frauen, die so bedeutend für ihr Leben waren, hatte sie vor zehn Jahren, während sie noch an der Sam Spiegel Film and Television School in Jerusalem studierte. Aber erst fünf Jahre später vollendete sie die Synopsis und fand einen Produzenten, der an das Projekt glaubte: Assaf Amir (Afula Express, Broken Wings).

Als sie und Amir auf der Suche nach Finanzierung zum internationalen Dokumentarfilmfestival nach Amsterdam fuhren, war Shemesh mit ihrem Sohn Elisha schwanger und hatte bereits begonnen, zu drehen. Allerdings ohne eine Vorstellung zu haben, wie der Film enden sollte, wenn überhaupt. Sie erhielt Förderung der New Israeli Foundation for Cinema und von Channel Eight, einem Kabelkanal, der Kunst- und Wissenschaftsthemen ausstrahlt, aber trotzdem war die Arbeit langsam und ermüdend. "Niemand glaubte daran, dass dabei jemals ein Film herauskommen würde" sagt sie "und ich selbst war die Anführerin der Ungläubigen."

"Wir fingen langsam an, zu drehen. Nach einem Tag schon merkte ich, dass ich für ein halbes Jahr nicht mehr in der Lage sein würde, das Thema anzufassen. So ging es fünf Jahre im Schneckentempo... Mir wurde klar, dass ich meiner Großmutter nicht gewachsen war. Aber insbesondere glaubte ich, niemals mit ihrer Freundin und Schwägerin Lena Bar zurecht zu kommen, die ich seit meiner Kindheit Tante Lena genannt hatte.

Eine der kraftvollsten Szenen des Films dokumentiert einen Streit zwischen Lena und Minya, während sie Urlaub am Toten Meer machen. Lena erzählt auf Polnisch eine detaillierte Geschichte über einen jüdischen Polizisten im Ghetto von Lodz. Die Beschreibung löst bei Minya die Erinnerung an einen anderen jüdischen Polizisten aus, den sie vor dem Krieg getroffen hatte. Lena ist außer sich, dass Minya es gewagt hat, sie in ihrer Geschichte zu unterbrechen. Zuerst sagt sie mit eisiger Ruhe, dass sie ihre Geschichte noch nicht beendet habe, um Minya dann flammend vorzuhalten, wie ungebildet diese sei: Du magst einiges wissen über Hühner und Hunde, über Kühe und Blumen, sagt Lena, aber vergiss nicht, dass du niemals Literatur, Geschichte oder Recht studiert hast, wie ich. Minya, längst an derlei Ausbrüche gewöhnt, entgegnet mit ironischem Gleichmut: "Was kann ich dafür, dass ich eine Ignorantin bin?"

Die Kraft von "The Cemetery Club" liegt in Lenas komplexem Charakter: eine harte, fordernde, dominante Frau - Mutter und Großmutter- die einerseits erklärt, wie sehr sie die Unterstützung der Familie braucht, aber andererseits ihr Leben managt, als wäre sie ein Truppenkommandeur. Als sie die Mitglieder der Mount Herzl Academy einmal zu sich zum Essen eingeladen hat, einige krank und kaum in der Lage, zu gehen, gibt es einen Streit zwischen Lena und ihrem Partner Hermann: Lena lehnt es ab, als Gastgeberin den Cholent zu servieren und besteht darauf, dass jeder sich selbst den Teller aus dem Topf am Nebentisch füllen soll.

Lena und Minya kennen sich seit ihrer Kindheit in Lodz. Im Alter sind sie fünf Jahre auseinander und ursprünglich war Lena die Freundin von Minyas jüngerer Schwester. Minyas Eltern, Yehuda, ein kleiner Kaufmann und Hannah, wohnten mit ihren vier Kindern in einem Haus, während Lena eine Straße weiter mit den Eltern und acht Brüdern und Schwestern in einer winzigen Wohnung lebte. Im Februar 1940, ein halbes Jahr nach Kriegsbeginn, wurden die Juden von Lodz in das
Ghetto umgesiedelt, das einen ganzen Stadtteil einnahm. Zwei Monate später, im April, kurz bevor das Ghetto komplett abgeriegelt wurde, gelang es Jehuda Bar, zwei seiner Kinder hinauszuschmuggeln: Minya, damals 18, und Yisrael, der 16 Jahre alt war. Mit ihren blonden Harren und blauen Augen gelang es ihnen, die Grenze zur Sowjetunion zu passieren. Der Rest der Familie lebte ebenso wie die Familie von Lena im Ghetto, bis es 1944 liquidiert wurde.

Shemesh merkt an, dass Lena bis zum bitteren Ende im Ghetto gelebt hat. "Sie war Zeugin des Sterbens ihrer Familie an Hunger und schweren Krankheiten. Sie und ihre Mutter arbeiteten bei der Ghetto-Müllabfuhr, bis sie mit dem letzten Transport nach Auschwitz geschickt wurden, wie auch die Eltern meiner Großmutter Minya, deren zwei jüngste Kinder aber im Ghetto gestorben waren. Lena, die in Auschwitz und Bergen-Belsen war, war ganz auf sich selbst gestellt und machte, wie sie im Film beschreibt, das Schlimmste durch."

In einer unvergesslichen Szene zählt Lena die wichtigsten Daten ihres Lebens auf. Den Tag, an dem Ihr Vater an Unterernährung zugrunde ging und den Tag, an dem Ihre Schwester an Typhus starb. "Jeder erzählt dieselbe Geschichte", sagt sie lakonisch und erinnert sich, wie sie in Auschwitz aus dem Zug stiegen und Mädchen mit geschorenen Köpfen laufen sahen, die "Brot!" schrieen. Eine Frau mit einem Stock lief ihnen nach und versuchte, sie zur Ordnung zu rufen. "Wir dachten, sie wären verrückt" sagt sie und erklärt, dass sie "Brot" riefen, weil sie hofften, dass die Neuankömmlinge etwas zu Essen dabei hätten. Dann bittet Lena darum, dass die Kamera abgestellt wird, weil sie Magenkrämpfe bekommen hat vor Hunger. Die Kamera folgt ihr in die Küche und beobachtet, wie sie beginnt, eine Packung Cracker rgelrecht zu verschlingen. "Ich war noch nie so hungrig wie in diesem Moment" sagt sie.

Im Februar 1946 war Lena sicher, allein in der Welt übrig geblieben zu sein. Aber zu ihrer Überraschung traf sie dann bei einer Versammlung der jüdischen kommunistischen Jugend Polens Minya und Ysrael. Es war wie eine Familien-Wiedervereinigung. Sie konnte den beiden über das Schicksal ihrer Familie im Ghetto und auf dem Weg nach Auschwitz berichten. Zu dieser Zeit war Minya schon seit zwei Jahren mit Gedalia Rubin verheiratet, der aus dem Warschaer Ghetto geflohen war und beide arbeiteten als Hilfsarbeiter. Shemesh fügt hinzu, dass seit dieser Zeit Lena und Ysrael Bar sich nicht mehr trennten.

Sie lebten zusammen und heirateten 1949. Einmal im Film spricht Shemesh mit Lena über die Essenz der Liebe. Im Getto verliebten sich Leute und heirateten, sagt Lena, aber sie selbst war dafür nicht genügend entwickelt, und jedenfalls sei auch nicht jeder für eine große Liebe geschaffen. Als sie Yisrael nach dem Krieg traf - jemanden, den sie von Kindheit an kannte, "war das die wunderbarste Sache, die mir in meinem Leben geschehen war. Plötzlich fand ich eine Familie. Ich heiratete Yisrael, weil ich wusste, dass ich eine Beziehung einging, in der ich der Person sicher war."

Im Gegensatz zu den anderen Mitgliedern der Akademie findet Lena, dass ihre Ausbildung sie den Männern in der Gruppe gleichstellt. Sie nimmt an den intellektuellen Diskussionen teil und wenn sie etwas zu sagen hat, hat sie deswegen keine Schuldgefühle. Und wehe dem, der versucht, sie am Sprechen zu hindern. Es gibt Momente, in denen der Film zu explodieren scheint von dem, was die alten Leute über die Philosophie von Kant, die Tyrannei von Stalin oder die israelische Besetzung der Territorien zu sagen haben.

Lena war Mitglied der Akademie von Beginn an, als die Mitglieder entschieden, den Verein eintragen zu lassen, einen Vorsitzenden zu wählen und eine strenge Satzung zu formulieren. Artikel 2 verpflichtet zum Beispiel jedes Mitglied, einen Klappstuhl zu den Picknicks mitzubringen. Die Rolle des Vorsitzenden - der demokratisch gewählt wird - ist es, die Sitzungen zu einer Plattform für intellektuelle Diskussionen zu machen. Auf jedem Treffen werden zwei Themen in Zusammenhang mit Tagesereignissen oder zu Literatur und Wissenschaft ausgewählt. Der Zweck der Treffen, gemäß Artikel 5 der Satzung, ist die Verminderung der Einsamkeit im Alter, das Zusammenbringen von Menschen und die gegenseitige Hilfe.

Die Satzung legt auch fest, dass die Sitzungen weiterhin stattfinden sollen, wenn die Zahl der Mitglieder sich ändert, und tatsächlich sind drei der Männer in den fünf Jahren der Dreharbeiten gestorben, seit Ende der Dreharbeiten weitere zwei und schließlich sah sich die Gruppe gezwungen, die Treffen ganz in ein Seniorenwohnheim in Jerusalem zu verlegen.

Shemesh erinnert sich an die Sitzungen seit ihrer Kindheit. Es ist nicht zufällig, dass sie uns Lena und Minia beim Überqueren des Geländes dieses Friedhofs zeigt, der dem Krieg von 1948 gewidmeten ist, wie sie die Schönheit der Landschaft und die Grabsteine bewundern. "Die Eigenart des Mount Herzl, zum Teil Militär-Friedhof, zum Teil Park, entspricht dem Film," sagt sie.

Warum wählte die Academy den Mount Herzl unter allen möglichen Plätzen in
Jerusalem?


"Sie sagen, dass es nicht wegen des Nationalfriedhofs dort war, sondern weil es der schönste Platz in der Stadt ist. Ich verstand nie, wie sie nach den Schrecken des Holocaust beschließen konnten, ihr wöchentliches Picknick auf einem Friedhof zu halten. Am Anfang des Films sagt Lena, dass sie den Mount Herzl nicht als einen Friedhof ansieht. Aus ihrer Sicht ist es ein schöner Ort, es ist außerhalb der Friedhofs-Abteilung und wenn ich bemerke, dass es dennoch ein Friedhof ist, wird sie böse. Ich finde es ironisch, dass sie diesen Platz wählten. Er wurde von Shmuel Leichter vorgeschlagen, der während der Dreharbeiten gestorben ist und Fotograf und
Herausgeber einer Anthologie jiddischer Gedichte war."

Shemesh drehte 60 Stunden Film, bevor sie sich zusammen mit Aliza Esquira an das Abenteuer der Montage machte. Die beiden arbeiteten intensiv ein halbes Jahr lang am Schnitt und fügten die Bilder und die schöne Musik von Rona Kenan und Eldad Gwetta zusammen. Das Ergebnis ist ein Film mit einer klaren Struktur. Shemesh: "Der Film ist eine Kompilation von verschiedenen Szenen; der Zuschauer bekommt nicht das ganze Bild geliefert. Es war eine bewußte Entscheidung, auf bestimmte Informationen zu verzichten, so dass der Zuschauer nach und nach die Dinge allein aus den Szenen heraus verstehen kann. Meine Großmutter Minya hat eine unterstützende Rolle; sie unterstützt sowohl die Geschichte, als auch Lena. Diese Rolle ist scheinbar nachrangig und wird allmählich aufgebaut, so dass das, was anscheinend klein ist und nicht dominant, doch die Geschichte führt. Was mich interessierte, waren die Beziehungen
zwischen den zwei Frauen und ihre Verbindung zur Gruppe der Mount Herzl Academy."

Und was sagt der Film über die Beziehungen zwischen ihnen wirklich?

"Die dominante Lena treibt den Film vorwärts. Meine Großmutter Minya ist ein eher schweigsamer Mensch. Sie ist nicht passiv, aber sie akzeptiert, was geschieht. Lena ist unzweifelhaft eine Tyrannin, und sie ist ein bisschen verrückt. Was sie wirklich will, ist Liebe, aber in der Praxis sucht sie nach Wertschätzung und Kontrolle über die Menschen um sie herum. Der Streit am Toten Meer ist der Schlüssel zum Verstehen der Beziehung zwischen ihnen. Sie bedrohen sich wirklich gegenseitig.

"Ich finde nicht, dass meine Großmutter im Film schlecht herüberkommt. Der Film hat eine Beschränkung - der Zuschauer kann nicht alles verstehen, weil es -bewußt- keine ausführliche biografische Exposition gibt. Minya war die ideale Mutter und Großmutter, und ihre Kinder und ihr Mann waren die wichtigsten Dinge in ihrem Leben. Und auch für Ihre Enkel tat sie alles Menschenmögliche. Lena ist das Gegenteil. Sie hat sich nicht für ihre Kinder aufgeopfert. Meine Großmutter ist eine Bedrohung für sie, weil sie so anders ist, und so verspottet Lena Minya dafür, nicht gebildet zu sein und niemals studiert zu haben."

Im Film gibt Lena zu, dass sie weit davon entfernt war, die ideale Mutter zu sein. Im Nachkriegspolen wurde ihr klar, dass sie ohne eine Ausbildung nichts sein würde in dieser Welt. Sie schickte ihre erstgeborene Tochter Nurit mit vier Jahren in ein Internat in einem ausgesuchten Kinderheim (und bittet sogar Minia, die Qualität des Heims zu überprüfen), und begann einen Prozess der Selbstentwicklung. Tatsächlich war sie im Alter von 28 Jahren bereits Strafrichterin in Wroclaw, eine Position, die sie vier Jahre lang innehatte, bevor sie nach Israel emigrierte. Beide Familien kamen 1957 im Land an.

Minya, Gedalia und ihre Kinder wurden ins obere Nazareth geschickt; Lena und Yisrael richteten sich in Lod ein und zogen später nach Jerusalem um. Lena erzählt, wie sie Yoram mit drei Jahren in ein "Waisenhaus" gab, tatsächlich ein Internat der WIZO (Frauenorganisation) in Jerusalem, während Nurit ins Hadassim, ein Internat in der Nähe von Netanya geschickt wurde. "Ich zerbrach die Familie", sagt sie im Film. "Jeder andere hätte die Folgen davon, eine Familie mit Kindern auseinander zu reissen in Betracht gezogen." Sie dachte nicht eine Sekunde nach. Ihr wurde angeboten, zu studieren und sie fand, dass das eine große Sache und auch das Richtige für die Familie war.

Zuerst arbeitete sie in Yad Vashem, der Holocaust-Gedänkstätte, und begann dann 1959, Bibliothekswissenschaft an der hebräischen Universität in Jerusalem zu studieren. Gleichzeitig arbeitete sie in der jüdischen Nationalbibliothek und der Akademischen Bibliothek auf dem Universitätscampus. Sie begann 1961, Jura zu studieren, und arbeitete dann als Anwältin mit ihrem Mann, der ebenfalls Anwalt war.

Nurit ist Juristin und Mutter von vier Töchtern. Yoram, jetzt 53, wurde in Kibbuz-Einrichtungen erzogen und hat nie seine Nische gefunden. Im Film berichtet seine Mutter, wie talentiert er für Musik war, aber er war nie im Stande, die Wünsche seiner Mutter zu erfüllen. "Ich ließ ihn Französisch und Geige studieren, und was er wollte, aber er warf all das weg." Später wurde er Redakteur der Jerusalem Post, aber er warf auch diese Karriere weg. 1992 ging Yoram auf eine dreiwöchige Reise ins Ausland und kehrte nie zurück. Er rief nicht einmal an, als er erfuhr, dass sein Vater Krebs hatte.

Shemesh fragt Lena, ob sie jemals überlegt habe, nach ihm zu suchen, und Lena bekommt einen Wutanfall. "Er will keine Verbindung, ich denke, dass er nicht gesucht werden will. Keiner fragt mich heute mehr nach Yoram. Sie wissen, dass das für mich nicht gut ist."

Shemesh ergänzt, dass Yoram acht Jahre lang die Zeitung Yisrael Shelanu (Unser Israel) mit Sitz in New York herausgab und später hochverschuldet verschwand. In dieser Zeit wurde er durch Interpol gesucht und die Agentur befragte auch seine Eltern. Zweimal bekamen sie die Information, dass er tot sei. Seit Jahren hat es keinen Kontakt mit ihm gegeben. Im Film beschreibt Lena einen Traum, in dem Yoram sie über die Wechselsprechanlage bittet, heraufzukommen zu dürfen. Sie sagt ihm, er solle in der Sprache antworten, die sie zu Hause gesprochen haben, "so werde ich wissen, dass er es ist und ihn einlassen." Sie gesteht Minya, dass sie nicht aufhören kann, an ihn zu denken und zu hoffen, dass er in Sicherheit ist und es ihm gut geht "und er nicht in neue Schwierigkeiten gekommen ist."

Lena weckt gemischte Gefühle. Shemesh: "Ich liebe sie und wir kommen gut aus, trotzdem es klar ist, dass ich Angst vor ihr habe. Ich habe sie nie weinen gesehen. Ich habe gesehen, wie sie
Magenkrämpfe bekam vor Hunger. Ich habe sie im Schlaf schreien gehört von Albträumen, aber nicht weinen. Sie ist kompliziert und stark, und im Film gibt es das klassische Dilemma zwischen ihr und meiner Großmutter Minya, die auch eine starke Person auf ihre eigene Weise ist. ... Es gibt eine Vitalität in ihnen, und sie lieben das Leben. Der Film ist nicht gütig zu Lena und das ist seine Kraft. Im Kino ist alles Manipulation, und es gibt Tausende von Möglichkeiten, etwas zu erzählen. Ich hätte sie milder zeigen können, entschloss mich aber dagegen. Lena erscheint als eine einzigartige Person, extrem und verrückt, und ich liebe Leute, die so sind."

Die Dialoge der beiden sind manchmal völlig absurd. "Manche Dialoge könnten von Hanoch Levin sein. Sie sitzen auf dem Grab von Yisrael Bar, Lenas Mann und Bruder von Minya, und Lena erzählt, wie sie und ihre Tochter Nurit ihm einen Einlauf machten 'und alles aus ihm herauslief,' und sie geht in das kleinste Detail und sagt, dass es eine Erleichterung für ihn war, und dass einen Moment, bevor er starb, er sagte, 'Jetzt will ich tanzen.' Mit anderen Worten: dieses
Leben ist etwas wert. Es war hart, diesen Film zu machen, er ist über meine Familie und über mich - eine Familie, die anders als andere polnische Familien, ein Hamula [Clan] war. Wir tun alles zusammen, und an jedem Feiertag treffen wir die Cousinen und Cousins. Es gibt Szenen im Film, die sehr viel offenbaren, offenbar, weil die Protagonistinnen die eingeschalteten Mikrophone einfach vergessen hatten.

"Ein Dokumentarfilm wirft sehr viele Moralfragen auf, aber in diesem Fall hatte ich kein Problem, weil ich wusste, dass ich ihnen den Film zeigen würde. Wenn sie sich irgendwelche Szene verbeten hätten, hätte ich sie weggelassen. Ich finde nicht, dass ich sie augesnutzt habe. Aus der Sicht der Regie scheint es mir, dass der Film feinfühlig und mit Humor gemacht wurde. Aber vielleicht liegt eine Art Ausbeutung in der Aufforderung, auf diese Generation von Polen zu schauen, eine Generation, die wegstirbt.

"Als sie in den Schneideraum kamen, um den Film anzusehen, war das ein bewegendes und angespanntes Ereignis. Lena nahm vorher ein Beruhigungsmittel. Wir bereiteten beide vor, aber es blieb schwierig. Lena war großartig. Sie sagte, dass sie den Film nicht mochte, weil sie selbst so laut herüberkommt. Es gab ziemlich viele Dinge, die für sie hart waren, anzusehen. Sie senkte ihren Kopf und fiel fast in Ohnmacht. Beide baten mich, die Szene mit dem Streit am Toten Meer wegzulassen, und konnten nicht verstehen, warum ich ihr Kämpfen zeigen wollte. Ich glaube, dass diese Szene unentbehrlich ist, und konnte sie überzeugen. Es gibt Momente zwischen ihnen im Film, die sind erschütternd und auch bewegend, wenn sie sich gegen die Welt
zusammenschließen." ...

Preisgekrönter Dokumentarfilm aus Israel:
The Cemetery Club
Kino-Erstaufführung bei den Augsburger Filmtagen am 22. März 2007...

Category: Kultur
Posted 03/20/07 by: admin

Comments

wrote:
craiglist
03/27/07 13:54:35

wrote:
Hi! nice blog!
04/18/07 12:19:33

wrote:
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10/08/07 22:47:20

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