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Postkarten aus vergangenen Zeiten
„Die Postkarten aus dem 19. Jahrhundert sind wie die Emails heutzutage“, sagt der 72jährige Yoel Amir, ein Elektrotechniker und Briefmarkensammler, der sich auf die Sammlung von Postkarten aus dem Israel des 19. Jahrhunderts spezialisiert hat. Die Ausstellung „Deutsche Universalisten malen Jerusalem und das Heilige Land auf Postkarten“, die auf Amirs Sammlung basiert, ist zur Zeit in der Dweck-Gallerie im Jerusalemer Stadtteil Mishkenot Sha’ananim zu sehen...
Bericht von Gal Karniel, Ha’aretz, 15.03.2007
Übersetzung von Daniela Marcus
Die Ausstellung ist Teil einer Konferenz, die Deutschland zum Thema hat und in dieser Woche in Jerusalem stattfand. Sie widmet sich allen Aspekten des Lebens, das Deutsche seit Beginn des 19. Jahrhunderts bis Ende des Ersten Weltkrieges in der Stadt geführt haben: Erziehung, Gesundheit, Architektur, Mission, Wirtschaft, diplomatische und militärische Aktivitäten.
„Etwa im Jahr 1880 begann man, Zeichnungen auf Postkarten zu drucken, was dazu führte, dass die Beliebtheit der Karten zunahm und nicht nur Text- sondern auch Bildnachrichten vermittelt wurden“, sagt Amir, dessen Sammlung aus Postkarten von 1880 bis 1930 besteht. Dies war eine Zeit, in der die Kunst der Fotografie in Schwung kam und die Druckmethoden verbessert wurden.
Auch Reisen in den Nahen Osten wurden Mitte des 19. Jahrhunderts beliebter. Und so kamen viele Künstler hierher, um die Landschaft des Heiligen Landes so zu malen wie sie wirklich war und nicht so, wie sie sich diese aus der Ferne vorstellten.
Zu dieser Zeit wurde die Reise von Europa ins Land Israel Dank der Erfindung des Dampfschiffes und des Baus der Eisenbahnlinie von Kairo nach Damaskus schneller, einfacher, sicherer und bequemer. Hinzu kamen die politischen Änderungen wie z. B. Napoleons Eroberungen, die Veränderung im ägyptischen Regime und die Gründung ausländischer Konsulate in Jerusalem.
Gleichzeitig entwickelte sich in der europäischen Kunst die orientalische Strömung, wobei der Akzent auf sonnenüberflutete und exotisch aussehende Landschaften gesetzt wurde. Ganze Gruppen von Künstlern wurden vom Charme der Levante in den Bann gezogen und kamen hierher, um die Landschaft, die heiligen Stätten, Straßenszenen, und die Bewohner des Landes in ihrer jeweiligen ethnischen Tracht zu malen. Diese Zeichnungen wurden später als Richtschnur für das Malen von Schwarz-Weiß-Fotos in authentischen Farben benutzt.
Da es für die Maler schwierig war, allein von den Gemälden ihren Lebensunterhalt zu verdienen, wurde das Zeichnen auf Postkarten zu einer akzeptierten Form der zusätzlichen Geldeinnahme. Bilder wurden in Auflagen von 300 bis 500 Kopien gedruckt. Einige Künstler kamen als königliche oder akademische Abgesandte ins Land. Andere kamen ohne finanzielle Unterstützung. Viele Künstler begleiteten berühmte Personen, die die Gegend besuchten. Friedrich Perlberg war zum Beispiel Teil des Gefolges von Kaiser Wilhelm II, der im Jahr 1898 die Gegend besuchte. Weitere deutsche Künstler, deren Postkarten in der Ausstellung erscheinen, sind Gustav Bauernfeind –ein Architekturstudent und Illustrator, der das Heilige Land zum ersten Mal im Jahr 1880 besuchte und 18 Jahre später mit seiner Familie wiederkam, um sich in Jerusalem niederzulassen- und der Theologe Carl Wuttke. Es gibt auch Postkarten unbekannter Maler, die für das syrische Waisenhaus Schneller in Jerusalem malten. Das Waisenhaus verkaufte die Postkarten für die Finanzierung seiner Aktivitäten.