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Ein Kuss veränderte die Geschichte Israels

"Einstimmig erklärten die Richter Chaim Ramon für schuldig wegen einer unanständigen Tat." Die Ankündigung der Gerichtssprecherin nach der Urteilsverlesung beim Gericht in Tel Aviv, live in allen elektronischen Medien übertragen, schlug wie eine weitere Bombe im skandalgeprüften Israel ein...

Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem, 31. Januar 2007

Chaim Ramon, ursprünglich Arbeitspartei und heute Kadimah, seit den siebziger Jahren ein "Wunderkind der Politik", beliebt bei Freunden wie Feinden und zeitweilig sogar als möglicher Premierminister gehandelt, ist innerhalb von 30 Sekunden tief gefallen. Am Tag des Kriegsausbruchs im Libanon fand eine kleine Feier im Justizministerium statt. Eine 20 Jahre alte Soldatin, deren Namen nicht veröffentlicht wurde, wollte sich zusammen mit dem Justizminister Ramon ablichten lassen. Sie umarmte mit beiden Armen den Politiker und blickte in die Kamera. Dieses Bild veröffentlichten alle Zeitungen, wobei ihr Gesicht unkenntlich gemacht wurde. Danach scheint Ramon die junge Frau geküsst zu haben und dabei "seine Zunge in ihren Mund eindringen lassen", wie es in der Anklageschrift hieß. Statt dem Herrn Minister eine Ohrfeige zu erteilen, verklagte sie Ramon. Der trat sofort von seinem Posten zurück, um mit einem Prozess im Schnellverfahren "seine Unschuld" zu klären.

Am Mittwoch morgen kam das einstimmige Urteil, während Ministerpräsident Olmert, Parteifreunde und sogar seine Kontrahenten im Parlament bis zur letzten Minute fest mit einem Freispruch rechneten.

Die Feststellung des Gerichts, dass ein Kuss einer "sexueller Belästigung" gleichkomme, insbesondere, wenn die Zunge mit im Spiel ist, wird für die Innenpolitik Israels weitreichende Folgen haben. Denn schon in der nächsten Woche wird Olmert wegen seinem ausgefallenen Parteifreund und Justizminister das Kabinett umbesetzen müssen. Olmert wartet den Richtspruch einer Untersuchungskommission ab, die das Scheitern der Armee und der Politiker während des Libanonkriegs prüft. Das Justizministerium, seit Ramon kommissarisch von der Außenministerin Zipi Livni geleitet, wird neu besetzt werden müssen. Amir Peretz dürfte wegen seiner parteiinternen Probleme das Verteidigungsministerium verlieren. Unbesetzt ist das Sozialministerium. Die rechtsradikale Partei des Avigdor Liberman "Israel ist unser Haus" fordert entsprechend ihrer Stärke im Parlament ganze drei Posten für sich.

Und so geraten alle anderen laufenden Skandale in Israel etwas in den Hintergrund. Korruptionsvorwürfe gegen den Korruptionsbeauftragten beim Staatskontrolleur, wegen der Annahme von Bestechung, sind nur eine kleine Meldung wert. Mit Schrecken stellen die Abgeordneten am Dienstag fest, dass der wegen Vergewaltigung und Diebstahl verdächtigte Staatspräsident Mosche Katzav jederzeit die von ihm beantragte "Unpässlichkeit" beenden könnte. Die Abgeordneten hatte ihre eigenen Gesetze nicht studiert. Sie hatten übersehen, dass der Präsident zwar behauptet hat, drei Monate lang "unpässlich" zu sein, dass er aber jederzeit in seinen Palais zurückkehren könnte, sowie er glaubt, dass seine "Unpässlichkeit" wie eine Grippe überwunden sind.

Des weiteren ist fast vergessen, dass Spitzenbeamte der Steuerbehörde und Olmerts Bürochefin unter Hausarrest stehen, dass Olmert möglicherweise eine unerlaubte Ermäßigung beim Kauf seines Eigenheims erhalten habe und dass sein Finanzminister Abraham Hirschsohn ebenfalls unter Korruptionsverdacht steht.

© Ulrich W. Sahm / haGalil.com

Category: Politik
Posted 01/31/07 by: admin

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