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Arafat und Saddam
Ein Bruderkuss im August 1990 hätte fast das Ende des palästinensischen Freiheitskampfes bedeutet. PLO-Chef Jassir Arafat reiste nach der irakischen Invasion des Kuwait nach Bagdad, um mit einer öffentlichen Umarmung Saddam Husseins seine Solidarität mit dem irakischen Diktator zu bekunden...
Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem, 29. Dezember 2006
Für die arabische Welt war damit das Maß des Erträglichen überschritten. Arafat wurde zum Paria erklärt, während sich Saudi Arabien, Ägypten, Israel und sogar Syrien auf die Seite der amerikanischen Allianz stellten, um das von Irak besetzte Kuwait wieder zu befreien.
Doch Arafat hatte sich damals nicht nur politisch ins Abseits manövriert. Während der irakischen Besetzung halfen Palästinenser, die in Kuwait als Lehrer, Ingenieure und Verwalter tätig waren, etwa 200 versteckte Mitglieder der Kuwaitischen Elite ausfindig zu machen, um sie von irakischen Soldaten erschießen zu lassen. Angeblich beteiligten sich Palästinenser auch an einer systematischen Plünderung des überfallenen Ölscheichtums.
Die Rache des kuwaitischen Königshauses folgte wenige Tage nach der Befreiung. Etwa 300.000 Palästinenser wurden mit Jumbos nach Jordanien ausgeflogen. Gleichzeitig stoppten die Saudis, die Kuwaitis und andere traditionelle Geldgeber der Palästinenser ihre Spenden an die PLO. Es hätte fast das Ende des in Tunis im Exil sitzenden Jassir Arafat bedeutet, wenn nicht der israelische Premierminister Rabin auf die Idee gekommen wäre, Arafat genau in dieser Situation zu einer Anerkennung Israels und einer Absage an die Gewalt zu zwingen, mitsamt einer Unterschrift unter die Osloer Verträge.
Das Bündnis zwischen Palästinensern und dem Irak, der gemeinsame Hass auf Israel, bekam während des Irakkriegs 1991 einen volkstümlichen Ausdruck. Palästinenser tanzten auf den Flachdächern ihrer Häuser, als irakische Scudraketen in Tel Aviv einschlugen. Im April 2003 wiederholten sich diese Szenen, als Palästinenser in Gaza und Ramallah auf die Straße gingen um für Saddam Hussein und gegen die Amerikaner zu demonstrieren.
Bis zu seinem Sturz finanzierte Saddam Hussein mit Schecks die Angehörigen der palästinensischen "Märtyrer". Angehörige von Selbstmordattentätern erhielten 25.000 Dollar ausgehändigt, andere nur 10.000 Dollar.
Nach dem zweiten Irakkrieg 2003 und der Einnahme Bagdads durch die Amerikaner erging es Palästinensern im Irak ähnlich wie den Palästinensern in Kuwait. Saddam Hussein hatte ihnen auf Kosten seiner eigenen Landsleute Baugrund und Wohnungen zur Verfügung gestellt, die von Irakern enteignet worden waren. Dieses "Unrecht" machten die Iraker nach dem Sturz des Diktators wieder rückgängig. Viele Palästinenser mussten fliehen.
Die Attacken auf Palästinenser im Irak dauern bis heute an. Hunderte Palästinenser seien nach Angaben des Hohen Kommissars der UNO Flüchtlingshilfe (UNHCR) im Grenzgebiet zwischen Irak, Syrien und Jordanien teilweise schon seit drei Jahren in den Al-Hol und Al-Tanaf Lagern gestrandet und leben dort unter "unerträglichen Bedingungen".
© Ulrich W. Sahm / haGalil.com