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Gemeinsam mit Saudi-Arabien
Am 17. Juli veranstaltete König Abdullah von Saudi-Arabien, erstmals in der Geschichte des streng-muslimischen Königreichs, eine interreligiöse Konferenz in Madrid mit jüdischen Vertretern, darunter einem Rabbiner aus Israel. Noch als Kronprinz initiierte er 2002 einen beachtlichen Schritt in Richtung Israels, der von den 22 Mitgliedsstaaten der Arabischen Liga unterstützt wurde: die Anerkennung Israel einschließlich diplomatischer Beziehungen unter der Bedingung, dass es sich hinter die Grenzen von 1967 zurückzöge und ein palästinensischer Staat mit einer Hauptstadt in Ostjerusalem gegründet werden würde...
Von Moshe Maoz, Haaretz, 03.08.08
Dass man sich nicht täusche: Saudi-Arabien, ein wahabitisches muslimisches Königreich, das die heiligsten Stätten des Islam – Mekka und Medina – beherrscht, hat seine grundsätzliche negative Einstellung gegenüber Juden und dem Staat Israel nicht geändert. Wie andere muslimische und arabische Regimes auch hat das saudische Regime seine Haltung gegenüber Israel jedoch aus strategischen, politischen und militärischen Erwägungen und einer langfristig realistischen Betrachtungsweise heraus gelockert.
Der realistische Standpunkt Saudi-Arabiens gegenüber der Existenz Israels ist nicht neu. Bereits im Mai 1975 sagte der damalige saudische König Khaled im Interview mit der Washington Post, dass sein Land bereit wäre, „Israels Existenzrecht innerhalb der Grenzen von 1967 unter der Bedingung anzuerkennen, dass ein palästinensischer Staat zwischen Israel und Jordanien gegründet werden wird“. Dieser König war offensichtlich beeinflusst von dem Sieg Israels im Krieg von 1973, dessentwegen Ägypten und Syrien die UN-Sicherheitsresolution 338 akzeptierten (die auch die Resolution 242 von November 1967 enthielt, die von Ägypten und Jordanien angenommen worden war) und damit die indirekte Anerkennung der Existenz Israels.
Der saudische Prinz Fahad, der 1982 König wurde, schlug 1981 auf dem Arabischen Gipfel im marokkanischen Fez die Anerkennung Israels im Austausch für einen Rückzug hinter die Grenzen von 1967 (1949), die Gründung eines unabhängigen palästinensischen Staates im Westjordanland und im Gaza-Streifen und Entschädigungszahlungen für die Flüchtlingen bzw. deren Rückkehr in ihre Heimat vor. Der Arabische Gipfel wies diesen Vorschlag zurück, nahm ihn jedoch dann 1982 nach einer Korrektur, die die Anerkennung der PLO-Führung beinhaltete, an.
20 Jahre später, im Jahr 2002, hat Saudi-Arabien erneut einen Frieden und die Anerkennung Israels im Austausch für einen Rückzug hinter die Grenzen von 1967 und die Gründung eines palästinensischen Staates mit Hauptstadt in Ostjerusalem sowie eine vereinbarte Lösung des palästinensischen Flüchtlingsproblems (auf Basis der UN-Resolution 194 vom Dezember 1949) vorgeschlagen. Dieser Vorschlag, der 2007 abermals von der Arabischen Liga verabschiedet worden ist, wurde wahrscheinlich vom saudischen Bedürfnis beeinflusst, die USA nach den Anschlägen vom 11. September 2001 zu besänftigen; v. a. aber wohl von der Sorge Saudi-Arabiens und anderen sunnitisch-arabischer Staaten vor der schiitisch-iranischen Gefahr, die sie sehr viel mehr bedroht als Israel. Die israelischen Regierungen haben diese Vorschläge jedoch seither verworfen oder sie ignoriert und dadurch womöglich Gelegenheiten ungenutzt gelassen, einen umfassenden Frieden mit den arabischen Staaten mittels einer vereinbarten Lösung des palästinensischen Problems voranzubringen.
Dabei kann man annehmen, dass eine Lösung des palästinensischen Problems und der Jerusalem-Frage nicht wenige muslimische Staaten dazu bewegt hätte, Israel anzuerkennen und ihre Beziehungen zu Juden zu verbessern. Belege für einen solchen Trend waren in den vergangenen Jahren von dem pakistanischen Präsident Pervez Musharraf, dem früheren indonesischen Präsidenten Abdurrahman Wahid und anderen muslimischen Führern zu hören. Die Einladung der jüdischen Repräsentanten zu der interreligiösen Konferenz in Madrid, die der saudische König initiiert hat, zeugt ebenfalls von einem wichtigen muslimischen Trend, der die Koexistenz in Frieden und den religiösen Dialog mit dem Judentum befördert. Dieser Trend findet seinen Ausdruck in letzter Zeit auch auf Regierungsebene in Jordanien und Katar sowie in den öffentlichen und akademischen Einrichtungen in den USA und Europa.
Es ist wichtig, diese pragmatischen muslimischen Trends zu ermutigen, die die zentrale Strömung des Islam repräsentieren. Dadurch wird es möglich, die extremistischen muslimischen Strömungen zu bekämpfen, die auf schiitischer Seite vom iranischen Regime und der Hisbollah und auf sunnitischer Seite von der Al-Qaida und anderen radikalen Organisationen repräsentiert werden. Diese trachten nach der Zerstörung Israels und Angriffen auf Juden; sie verkörpern sich in ihren Taten und ihren muslimisch-antisemitischen Veröffentlichungen, die aus dem alten christlichen Antisemitismus und tendenziösen Passagen des Koran und der islamischen Überlieferung (Hadith) schöpfen.
Diese fanatischen muslimischen Elemente gefährden nicht nur Israel und die Juden, sondern auch pragmatische arabische und muslimische Regimes wie das saudische. Insofern haben Israel und Saudi-Arabien (und anderen arabische und muslimische Staaten) ein gemeinsames Interesse daran, den Einfluss des extremistischen Islam und seine tödlichen Angriffe zu neutralisieren oder zu begrenzen. Eines der zentralen Mittel dazu wäre eine israelisch-saudische Zusammenarbeit bei einer vereinbarten und anständigen Lösung des palästinensischen Problems und der Jerusalem-Frage.
Moshe Maoz ist Emeritus für Islam- und Nahostwissenschaften an der Hebräischen Universität Jerusalem.