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(Nichts) Neues aus dem Gazastreifen und dem Westjordanland
Nach einem Tag voller gewalttätiger Auseinandersetzungen mit der herrschenden Hamas, die mindestens 9 Tote und über 80 Verwundete forderten, flohen am Samstag über 150 Mitglieder des Fatah-getreuen Chilles-Clan aus dem Gazastreifen nach Israel...
Eine Zusammenfassung mehrerer Ha’aretz-Artikel, Haaretz, 03.08.2008
Übersetzung von Daniela Marcus
Durch die Gewalt am Samstag drohte die gegenwärtige Runde der Hamas-Fatah-Spannungen außer Kontrolle zu geraten. Die Auseinandersetzungen begannen letzte Woche als eine Explosion in einem Strandcafé in Gaza fünf Hamas-Militante und ein sechsjähriges Mädchen tötete. Infolgedessen nahm die Hamas mehr als 200 Fatah-Unterstützer fest.
Die Kämpfe am Samstag begannen in dichtem Morgennebel als Hamas-Polizisten Stellungen im Shidshayeh-Viertel in Gaza-Stadt einnahmen. Dieses Viertel ist eine Hochburg des Fatah-getreuen Chilles-Clan. Die Hamas hatte den Clan beschuldigt, Verdächtige im Fall der Explosion im Strandcafé zu verstecken. Diese Anschuldigung wurde von Clanführer Ahmed Chilles zurückgewiesen.
Israelische Offizielle sind der Meinung, dass möglicherweise Mitglieder der radikalen Dshaish al-Islam (Armee des Islam), die mit dem Dormush-Clan verbunden und seit der Hamas-Übernahme des Gazastreifens vor einem Jahr uneins mit der Hamas ist, hinter dem Anschlag stecken.
Am Samstagnachmittag waren Hunderte von Hamas-Sicherheitskräften im Shidshayeh-Viertel stationiert. Sie patrouillierten in den Straßen und durchsuchten Häuser. Außerdem wurden mehrere Granaten in Richtung der naheliegenden Grenze zu Israel geschossen, anscheinend um Flüchtende daran zu hindern, wegzulaufen. Chilles sagte, Hamas-Polizisten hätten während der Razzia den Strom abgestellt.
Israelische Offizielle sagten am Samstag, den Mitgliedern des Chilles-Clan, von denen einige verwundet waren, sei am Samstag erlaubt worden, durch die Grenzübergänge Erez und Nahal Oz nach Israel zu kommen während Bewaffnete der Hamas sie verfolgt und auf sie geschossen hätten. Hamas-Militante hätten auch Granaten auf Soldaten der israelischen Verteidigungsarmee geschossen. Es habe jedoch keine Opfer gegeben.
Insgesamt 188 Clan-Mitglieder kamen nach Israel, mehrheitlich Männer und einige Kinder. Die Verwundeten unter ihnen wurden durch den Roten Davidstern (Pendant zum Roten Kreuz) in Krankenhäuser nach Be’er Sheva und Ashkelon gebracht.
Das Büro des israelischen Verteidigungsministers Ehud Barak hatte sowohl von Ägypten als auch vom palästinensischen Präsidenten Mahmoud Abbas die Bitte erhalten, den Fatah-Männern das Betreten Israels zu erlauben und infolgedessen die Genehmigung erteilt. Diejenigen, die nach Israel kamen, wurden einer Sicherheitskontrolle unterzogen, und der Transfer der Unverletzten unter ihnen ins Westjordanland wurde organisiert.
Nachdem jedoch Mahmoud Abbas und der palästinensische Premierminister Salam Fayyad –entgegen ihrer früheren Forderung- Ehud Barak gebeten hatten, den Männern aus Gaza das Betreten des Westjordanlandes zu verbieten, schickte Israel 32 von ihnen am Sonntag wieder zurück in den Gazastreifen und bereitet außerdem die Rücksendung der verbleibenden Männer vor. Israelische Verteidigungsquellen sagten, die Rücknahme der Bitte von Abbas und Fayyad sei vermutlich mit Machtkämpfen innerhalb der Fatah verbunden. Die 32 Männer wurden nach Rückkehr in den Gazastreifen sofort von der Hamas verhaftet.
Ahmed Chilles, der Clanführer, war unter den Männern, denen ursprünglich der Einlass nach Israel gewährt worden war. Er war leicht verletzt und wurde zur Behandlung in ein Krankenhaus nach Be’er Sheva gebracht. Einer seiner Söhne war von der Hamas verhaftet worden während ein anderer mit ihm nach Israel evakuiert worden war. Sein Clan war zum Hauptziel der Hamas geworden. „Die Hamas hat ein Problem mit meiner Familie weil sie groß und mächtig ist“, sagte der 56jährige Chilles. „Sie möchte keine mächtigen Leute im Gazastreifen haben.“
Mittlerweile nahmen Fatah-getreue Kämpfer in Nablus im Westjordanland Mohammed Ghazal, Professor und ranghohes Hamas-Mitglied, fest und drohten, ihn zu töten, falls die Hamas ihre Razzia im Gazastreifen nicht beenden würde. Später wurde Ghazal jedoch unverletzt freigelassen.
Außerdem stoppten Sicherheitskräfte der Fatah an Checkpoints im nördlichen Westjordanland Autos und kontrollierten die Ausweise der Insassen. Dutzende von Sicherheitskräften der palästinensischen Autonomiebehörde patrouillierten in Nablus und verhafteten Unterstützer der Hamas und der Hizb ut-Tahrir (Befreiungspartei), eine islamische Gruppierung, die die Gründung eines pan-islamischen Staates fordert und die moderate palästinensische Führung des Westjordanlandes als Ungläubige bezeichnet.
Die Fatah drohte außerdem damit, Hamas-Mitglieder im Westjordanland als Geiseln zu nehmen, sollte die Hamas ihre Militärkampagne gegen Fatahmitglieder im Gazastreifen nicht beenden.
Darüber hinaus drang die palästinensische Autonomiebehörde am Sonntag auf einen vollständigen internationalen Boykott der Hamas und sagte, sie würde darauf hin arbeiten, der Hamas-Organisation die Anerkennung als politische Bewegung abzuerkennen. Die islamistische Gruppierung habe ihr Recht auf politische Existenz verwirkt, sagte Fahmi A-Zahrir, ein Fatah-Repräsentant in Ramallah.