Daniel Barenboim ist nicht allein. Schon seit Jahren versucht der "Maestro", die Aufhebung des Boykotts gegen die Werke Richard Wagners in Israel zu bewirken. Da es ihm nicht gelungen ist, dies auf den geläufigen Wegen zu bewerkstelligen, wandte er einen Trick an und schmuggelte ein Wagner-Werk als Zugabe nach einem Konzert der Berliner Philharmoniker ihm Rahmen des Israel-Festivals ein, obwohl er versprochen hatte, dies nicht zu tun...
Von Noach Klieger, Jedioth Achronoth v. 09.07.2008
Jetzt erhielt Barenboim Verstärkung, diesmal von dem „Katheder“, einem Studienzentrum, das in Tel Aviv tätig ist. Im Rahmen des reichen Angebots gibt es eine Reihe, in deren Rahmen der Pianist Gil Shochat, gemeinsam mit Musikern und Sängern, Werke Wagners darbietet unter anderem auch aus den Opern „Der Ring der Nibelungen“ und „Tannhäuser“.
Ich sprach mit Dr. Tamar Brosh, die die Programme des „Katheders“ aufstellt, und ihre Erklärung war einfach und lakonisch: „Wir sind eine private Institution, nicht von öffentlichen Institutionen abhängig und werden auch nicht mit öffentlichen Geldern finanziert“, sagte sie und fügte hinzu, das Direktorium habe das Thema erörtert und beschlossen, Leuten, die gerne Wagner hören wollen, diese Möglichkeit anzubieten.
Als ich sie fragte, ob die Darbietung des boykottierten deutschen Komponisten in Israel ihrer Meinung nach nicht an einem öffentlichen Ort stattfinde, antwortete sie: „Absolut nicht.“
Auch hier teilen sich unsere Meinungen. Ein Konzert im Saal des Diaspora-Museums sieht mir nicht wie eine Privatveranstaltung aus, auch wenn die Organisatoren kein Geld aus der öffentlichen Kasse erhalten. Und das ist für den Boykott sowieso nicht relevant, denn er wurde nicht wegen des Holocaust verhängt, sondern nach den organisierten Pogromen in Deutschland und Österreich am 8./9. November 1938, die als „Reichskristallnacht“ in die Geschichte eingingen.
Der Boykott wurde verhängt, da die Nazis in der Reichskristallnacht die Rassenlehre in die Tag umgesetzt haben und Richard Wagner einer der Gründerväter dieser Lehre war.
Der Boykott gegen seine Werke ist auch heute noch in Kraft, obwohl hin und wieder Versuche unternommen werden, ihn aufzuheben. Deshalb hat auch eine private Institution wie das „Katheder“ nicht das Recht, gegen den Boykott zu verstoßen. Dass Diaspora Museum ist durchaus eine öffentliche Einrichtung, die von den offiziellen Behörden und der öffentlichen Kasse unterstützt wird, und der Saal des Museums ist ein öffentlicher Ort, auch wenn Dr. Brosh anderer Meinung ist.
Solange unter uns Menschen leben, die die öffentliche Darbietung von Wagner-Werken ablehnen, muss ihr Wunsch respektiert werden. Übrigens, wenn Wagner schon im Diaspora-Museum gespielt wird- warum nicht auch gleich in Yad Vashem?
Medienspiegel der Deutschen Botschaft Tel Aviv
Israel:
Wagner-Tabu bröckelt
Richard Wagner hat einen denkbar schlechten Ruf in Israel. Ihm wird nicht nur angelastet, eines der schlimmsten antisemitischen Pamphlete verfasst zu haben. Er gilt auch als "Leibkomponist Hitlers", obgleich Wagner längst tot war, als Hitler die Macht ergriff. Andere argumentieren, in den Konzentrationslagern dazu gezwungen worden zu sein, zu eigenen Erniedrigung und zur Belustigung der SS-Leute Wagner zu spielen...