Keine Saure-Gurken-Zeit ist Israel vergönnt. In diesem Land wird dafür gesorgt, dass es keine gibt. Hatte man gehofft, dass nach dem Zurückweichen der Kriegswolken eine beruhigende Zeit der Langeweile ausbrechen würde, so hatte man sich geirrt. Erst entfloh ein Schwerverbrecher aus den Händen der Polizei und danach brach ein Streik aus, der das Land von der Außenwelt abtrennt und viel Ärger und Schaden verursacht. Und die alten Sex-Prozesse gegen diverse Politiker gehen natürlich weiter...
Von Alice Schwarz
Israel Nachrichten vom 1. Dezember 2006
Es gibt nichts Neues unter der Sonne Israels, sowohl sensationell entflohene Häftlinge als auch katastrophale Streiks hat es hier in regelmäßigen Abständen schon oft gegeben. Das schließt nicht aus, dass bei jeder Wiederkehr dieser "Naturkatastrophen" die Aufregung neuerlich groß ist.
Den Meldungen über die Flucht des Serienvergewaltigers Benny Sela und seine haarsträubenden Untaten folgten nicht weniger, wenn auch in anderem Sinne aufregende Geschichten über die Polizei und ihre Untaten. Fotos belebten die Gazetten, die zeigten, wie einige der zur Sela-Suche aufgebotenen 2000 Polizisten hingestreckt in Parkanlagen in der Sonne lagen, dösten, ein Sonnenbad oder eine Erfrischung genossen und offenbar dem schönen Spruch huldigten: "Wie schön ist es, mal nichts zu tun und dann vom Nichtstun auszuruhn."
Der Polizeisprecher belehrte uns allerdings, dass der Schein trügt. Auch der Sonnenschein. Die 2000 Polizisten schliefen nicht. Sie waren im Dienst, obwohl eins das andere nicht immer ausschließt. Das Auge des Gesetzes wachte. Sie schwärmten in der Gegend herum und untersuchten jeden Baum und jeden Strauch, hinter dem sich Sela verbergen mochte. Sie gingen auch jeder Meldung aus dem Publikum nach, insbesondere da inzwischen eine Belohnung von 100.000 Schekel auf jeden sachdienlichen Hinweis ausgesetzt worden ist. Bisher hat niemand das Geld verdient, obwohl Tausende von Anrufen erfolgten, aber vielleicht wird es Sela zu dumm, er kehrt zurück und kassiert die Belohnung selber.
Letzten Erkenntnissen zufolge ist der 35-jährige Sexstrolch, der wegen der Vergewaltigung von 14 Frauen zu 35 Jahren Haft verurteilt wurde, bei der Flucht nicht, wie zuerst gemeldet, ungefesselt gewesen. Er trug Handschellen, behaupten die Polizisten, denen er durch die Lappen ging. Man konnte ihm übrigens keine besseren Bewacher (für seinen Zweck) mitgeben: nett, freundlich und etwas übergewichtig. Es wurde sogar eine Lokalrekonstruktion vorgenommen und ein Polizist bewies, dass man mit gefesselten Händen über die Mauer des Amtsgerichts in Tel Aviv springen kann. Ob auch die Begleiter es können, wurde nicht verraten. Jedenfalls haben die Wächter versucht, dem Leichtfüßigen durch den regulären Ausgang aus dem Hof des Gerichts zu folgen, was entsprechend langsam ging. Dabei ist er ihnen leider aus den Augen verschwunden. Und dann war er weg, wie vom Boden verschluckt und nicht einmal Uri Geller konnte ihn finden.
Sehr gewundert haben sich auch manche Leute über den Einsatz berittener Polizei bei der Suche nach Sela. "Was macht da ein Pferd?", glucksten einige Zuschauer bei der "Jagd in den Parkanlagen". "Gott allein weiß das", setzte ein anderer hinzu.
Merkwürdig war eine psychologische Entwicklung in der Öffentlichkeit: der große Teil des (weiblichen) Publikums zeigte zwar Angst, Väter ließen tagelang ihre Töchter nicht allein auf die Straße gehen - aber Internet-Beobachter meldeten, dass ein Teil des Publikums per e-Mail Sympathie mit Sela äußerte. Nur weil er der Polizei eine lange Nase gedreht hat? Zieht man in Betracht, wie brutal und pervers sein Vorgehen gegenüber seinen Opfern war, die er mit vorgehaltenem Messer bedrohte, dann kann man über diese "Sympathien" nur den Kopf schütteln.
Eine Zeitung stellte eine Liste der "berühmten Geflüchteten" in Israels Kriminalgeschichte zusammen. Bisher sind 71 Häftlinge aus der israelischen Haft entflohen, von ihnen 22 aus dem Gefängnis. Die anderen kamen nicht von Urlaub zurück. Die meisten wurden später wieder dinghaft gemacht. Nur wenige machten Schlagzeilen wie Sela. Einer von ihnen war der legendäre Nachman Farkasch.
Seine erste Flucht erfolgte nach einem bewaffneten Raub in der Großmolkerei "Tnuwa" in den 60er Jahren. Er wurde gefasst, saß drei Jahre und raubte sofort nach seiner Freilassung mit vorgehaltenem Revolver 2900 Lirot im Cafe Landwehr in Tel Aviv. Danach veranstaltete er einen Amoklauf auf dem Chen-Boulevard, schoss einen Passanten an, der sich ihm entgegenstellte, war bald wieder im Kittchen und wurde durch weitere Ausbrüche berühmt. In den 90-er Jahren wurde es ihm zu viel und er ließ sich mit sechs Ziegen und zwei Hunden in einer Höhle am Berg Maron nieder, wo er heute noch lebt.
Ein anderer berühmter Flüchtiger war Zwi Gur, der einen abscheulichen Mord an einem entführten Kind, dem 8-jährigen Oron Jarden beging und auch noch Lösegeld zu erpressen suchte, als der Knabe schon tot war. Gur konnte erwischt und in die Einzelhaft zurückgebracht werden, als ihn eine Frau, Esther Jaffa aus Rischon Lezion, im Autobus erkannte.
Dieser Beispiele gibt es noch mehrere. Man kann nur hoffen, dass Sela nicht ins Ausland flieht wie jener junge Mann, der den abscheulichen Mord an dem Taxifahrer Derek Roth beging und nach Argentinien entwischen konnte.
Inzwischen hat aber wie gesagt Israel zwischen politischen und gesellschaftlichen Sorgen auch die Unannehmlichkeit des neuen Streiks zu bewältigen. Man kann feststellen, dass es auch ohne Amir Peretz am Ruder des Gewerkschaftsverbandes zu derartigen Gewaltmaßnahmen gegen Publikum und Wirtschaft kommen kann. Vielleicht ist Peretz doch weniger schlimm als wir glaubten? Wenigstens verbreiten dies seine Anhänger - in Riesenanzeigen - sozusagen im Wettbewerb mit den Riesen-Selbstlobinseraten des Millionärs Arkadij Gajdamak - in den Zeitungen.
Peretz hat als Gewerkschaftsboss mit einigen harten Streiks die Wirtschaft mehrmals in die Knie gezwungen, aber offenbar hat er dabei nicht das Monopol. In der Tat ist es geradezu kriminell, wenn schwer arbeitende Putzfrauen oder kleine Beamte in Lokalbehörden ihre Gehälter nicht ausgezahlt bekommen, aber der israelische Bürger, der deswegen nicht zur Tante nach Amerika fliegen oder keinen Zug besteigen und keinen Brief aufgeben konnte, kann wirklich nichts dafür. Saure Gurken wären uns lieber. Aber das sind saure Trauben.
Ansonsten liest es sich fast wie eine leichte Lektuere, novellenartig.
Dennoch wuensche ich Israel ein Leben ohne Verbrechern, ohne Ausbrueche und ohne Kriminalfaelle wie die beschriebenen.
Israel als Vorbild fuer den Rest der Menschheit, so stelle ich mir Juden vor, Abstammung von Gott! Gott schuf Adam und danach alle guten Menschen.
Wahrscheinlich liegt es daran,
dass ich noch nicht mal einen einzigen Kriminalfilm vertrage, wirklich nicht.
Sogar U-Bahn-Fahren ist schon anstrengend.