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NATO: Ein Blick auf den Gipfel
Es lohnte sich, diese Woche einen Blick auf den NATO-Gipfel in Bukarest zu werfen und sich klar zu machen, wo sich Israel und seine Interessen auf der Tagesordnung des Gipfels befinden. Oder in andern Worten: Sich klar zu machen, dass wir überhaupt nicht beachtet werden. Unser Wunsch, dem Bündnis als „Partner“ angeschlossen zu werden, erhielt noch keinen formellen Ausdruck, und die für Israel wichtigen Themen kamen bei dem Gipfel nicht zur Sprache...
Von Uzi Arad, Jedioth Achronoth v. 07.04.2008
In den letzten drei Jahren vertieft Israel seine Zusammenarbeit mit der NATO auf verschiedenen praktischen Bereichen, aber trotzdem wurde sein Status im Bündnis nicht höher gestuft. Diesmal wurde beschlossen, Albanien und Kroatien aufzunehmen. Mazedonien, die Ukraine und Georgien müssen noch warten. Israel wurde in diesem Zusammenhang erst gar nicht erwähnt.
Auch die militärischen und politischen Themen, die uns beschäftigen, interessierten die Gipfelteilnehmer weniger, und sogar die Auseinandersetzung mit dem iranischen Atom wird in anderen Rahmen behandelt. Die einzige Entwicklung, die Bukarest ergab, und mit der die zunehmende Bedrohung, die von Teheran ausgeht, in gewisser Weise anerkannt wird, kommt durch den Beschluss zum Ausdruck, Raketenabwehrraketen in Europa zu stationieren. Diese (positive) Entwicklung weist jedoch nicht auf Entschlossenheit hin, etwas zu unternehmen. Das Gegenteil trifft zu, wie wir es aus erster Quelle bei dem Besuch von Bundeskanzlerin Merkel erfahren konnten: Die Stationierung der Raketen ist eine defensive Maßnahme, ein Ausdruck des Anpassens an die Existenz einer nuklearen Bedrohung aus Teheran.
Die einzige Front, an der NATO-Truppen gegen radikale und feindliche islamische Faktoren kämpfen, ist Afghanistan, wo sie Krieg gegen die Taliban führen. Die NATOKommandeure können im Hinblick auf die Bereitschaft Frankreichs, seine Truppen dort zu verstärken, aufatmen, der Krieg dort ist jedoch- und das ist die traurige Tatsachenicht sehr erfolgreich. Vor diesem Hintergrund ist klar, wie unwirklich die Illusion ist, die NATO könnte Truppen an andere Fronten entsenden, die vom radikalen Islam kontrolliert werden. Selbst wenn es sich um den Libanon handelt, an dem Europa und die USA historisches Interesse hegen, enttäuschte die NATO 2006 die israelischen Erwartungen, entzog sich einer Konfrontation mit der Hisbollah und überließ diese der hohlen und aufgeblähten Unifil.
Und was Gaza anbelangt, so wird zwar auch die Hamas noch immer als Terrororganisation bezeichnet, aber es ist fraglich, ob sie mit der Taliban gleich gestellt wird, die es zu bekämpfen gilt. Diese Aufgabe wird Israel überlassen, und in geringerem Maße auch Ägypten. Und wer mit dem Gedanken eines Kontrollapparats der NATO in Judäa und Samaria spielt, der sollte lieber gleich begreifen, dass die Belastung auch dort bei Israel bleiben wird, und in gewissem Maße bei Jordanien. Es werden nicht NATO-Soldaten sein, die in unserem Hof den Kampf gegen den islamischen Terror führen werden.
Die NATO ist vor allem mit ihrer Erweiterung nach Osten beschäftigt, wie auch den Reibereien mit Russland, die sie herstellt. Gleichzeitig wird der Prozess der Definition künftiger Ziele fortgesetzt. Es kann angenommen werden, dass bei dem Gipfel 2009, bei dem das 60-jährige Bestehen des Bündnisses begangen wird, die aktuellen Richtungen klarer werden, und dann erst bei dem Gipfel 2010 das neue strategische Konzept präsentiert wird, nachdem eine neue Regierung ins Weiße Haus eingezogen ist.
Im Moment tut Israel gut daran, wenn es seine Zusammenarbeit mit der NATO weiter fördert, in kontrollierter Form und nach Überlegungen der Rentabilität, jedoch ohne Illusionen. Der Status eines „Partners“, den Israel anstrebt, steht vor Veränderungen. Der Status eines Mitglieds, das sich gegenseitiger Schutzgarantien erfreut, ist sowohl bei uns als auch in Europa umstritten, vor allem auch, da diese Garantie schwächer wird, je mehr sich das Bündnis erweitert.
In der Zwischenzeit ist der Wind, der in Europa bläst, für Israel nicht besonders günstig. Oder wie es eine hohe amerikanische Stelle zynisch sagte: „Auch wenn die Europäer miteinander streiten, sind sie sich über eines immer einig- ihre antiisraelische Haltung.“ Unsere militärischen Aufgaben an den für uns bedrohlichen Fronten müssen wir selbst erfüllen, und je besser wir das tun, desto höher steigt unser Wert in der NATO. Dann wird man uns vielleicht endlich beachten. Aber wer weiß, wie viel die NATO dann noch für uns wert ist.
Medienspiegel der Deutschen Botschaft Tel Aviv