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Grünes Licht für den Iran

Im August 2002 wurde dem Iran klar, dass die iranische Opposition, die Amerikaner und die Europäer konkrete Informationen über das geheime militärische Atomprogramm besaßen, das er in ziviler Tarnung entwickelte. Das militärische Atomprogramm des Iran lag in der Verantwortlichkeit des Verteidigungsministeriums, während das zivile Programm in der Verantwortung der iranischen Atomenergiebehörde lag. Nach der von den USA geführten Irak-Invasion im März 2003, die Saddam Hussein stürzte, nahm die EU im Juli 2003 diplomatische Verhandlungen auf, um das iranische Atomprogramm zu stoppen. Ende desselben Jahres brach Muammar Gaddafi infolge des US-Sieges im Irak das militärische Atomprogramm Libyens ab...

Von Aharon Ze’evi-Farkash, The Jerusalem Post, 10.01.08

Es war dieser Zusammenhang - die westliche Enthüllung ihres Atomprogramms und der Irak-Krieg -, der die Iraner veranlasste, ihr Atomprogramm auf breiter Front anzuhalten. Die jüngste amerikanische Nationale Geheimdiensteinschätzung (NIE) gibt in der Tat zu, dass der Iran durch internationalen Druck, der aus der „Offenlegung der bis dahin nicht deklarierten nuklearen Aktivität des Iran“ resultierte, zum Stopp seines Atomprogramms bewegt wurde.

Ein Atomwaffenprogramm besteht aus drei Kernkomponenten: 1. einem Trägersystem, das die Entwicklung von Boden-Boden-Raketen erfordert; 2. der Aufspeicherung von spaltbarem Material durch Urananreicherung und Plutoniumproduktion; 3. dem Waffenbau – der Herstellung eines Sprengkopfes aus spaltbarem Material und dessen Einpassung in eine Rakete.

Einige dieser Komponenten des iranischen Atomprogramms wurden in der Tat bald wieder aufgenommen. Anfang 2003 konzentrierten die Iraner alle ihre Bemühungen auf das Zentrifugen-Programm in der Anlage in Natanz, wo ihnen der Bau einer Kaskade mit 164 Zentrifugen gelang. Heute haben sie eine Kapazität von 3000 Zentrifugen erreicht. Wenn ein Teil des Atomprogramms wieder begonnen worden ist, besteht aller Grund zu der Annahme, dass alle Teile reaktiviert worden sind. Tatsächlich hat der Iran die Entwicklung von Boden-Boden-Raketen nie abgebrochen, selbst wenn die Urananreicherung zwischenzeitlich unterbrochen worden war.

Gleichzeitig haben sich die Iraner eifrig um die Beschaffung von Material gekümmert, vor allem von solchem, das für die Urananreicherung erforderlich ist. Anfang 2004 versuchte der Iran sich schnelle Hochspannungsschaltwerke zu beschaffen, die für ein Atomwaffensystem geeignet sind. Das Verteidigungsministerium beaufsichtigte auch den Uranabbau im Südosten des Iran.

Gemeinsam mit einer Kernwaffe hat der Iran ein geeignetes Langstreckenträgersystem entwickelt. Seine Shihab 3-Rakete kann einen etwa 700 Kg schweren Sprengkopf über eine Entfernung von 1300 bis 1500 Km hinweg tragen. Diese Raketen unterstehen dem Kommando der Revolutionswächter, nicht der iranischen Armee. Die Revolutionswächter berichten dem höchsten Oberhaupt Ali Khameinei und unterstehen nicht der Autorität von Präsident Mahmoud Ahmadinejad. Iranische Raketentests haben gezeigt, dass die Raketen sowohl auf Tel Aviv als auch auf Riad zielen.

Der Iran fährt damit fort, Langstrecken-Raketen zu entwickeln, die mit einer Reichweite von 3500 bis 5000 Km ganz Europa erreichen könnten (vielleicht mit Ausnahme Portugals), während solche mit einer Reichweite von 6000 bis 10 000 Km die Ostküste der USA erreichen könnten. Die ursprüngliche Raketentechnologie wurde den Iranern von Nordkorea geliefert, und sie haben substantielle Forschritte dabei erzielt, die Reichweite ihrer Raketen zu erweitern.

Wie wir wissen, ist das ballistische Raketenprogramm des Iran ein Teil seines Atomwaffenprogramms. Der Iran hat kein ziviles Raumfahrtprogramm, und es ist zweifelhaft, dass er ballistische Raketen mit einer Reichweite von Tausenden Kilometern entwickeln würde, um lediglich konventionelle Sprengköpfe zu transportieren.

Als Leiter des israelischen Militärgeheimdienstes habe ich Politiker in Europa über die militärischen Atompläne des Iran in Kenntnis gesetzt und mich über einen Zeitraum von sechs Monaten hinweg persönlich mit Entscheidungsträgern in Italien, Frankreich, Großbritannien und anderen europäischen Staaten getroffen. Die meisten der europäischen Politiker verstanden die Daten über das iranische Atomprogramm, aber ihre Reaktion war nicht ermutigend.

Die Europäer sagten, dass sie nicht verstünden, warum Israel versuche, sie mit einer atomaren Bedrohung zu schrecken, da sie schließlich mit einer solchen Bedrohung während des Kalten Krieges gelebt hätten. Auch waren sie der Meinung, dass, wenn der Iran atomare militärische Fähigkeiten erlangen würde, letztlich die USA und Israel das Problem lösen würden. Ich glaube, dass dies auch heute noch ihre Haltung ist.

Der NIE-Bericht teilt mit, dass Teheran 2003 sein Atomwaffenprogramm gestoppt hat, aber sein zentraler Befund ist so formuliert, dass er garantiert, dass seine anderen Schlüsse missverstanden werden:

- In Abschnitt C stellt der Bericht fest, dass der Iran 2007 einen bedeutenden Fortschritt bei der Installierung von Zentrifugen in Natanz erzielt hat. Auf Grundlage dieses Befundes schätzte der israelische Militärgeheimdienst, dass der Iran frühestens Ende 2009 technisch in der Lage sein wird, genügend hoch angereichertes Uran für eine Atomwaffe herzustellen.

- Abschnitt D der NIE sagt aus, dass iranische Körperschaften weiterhin eine Reihe technischer Fähigkeiten entwickeln, die zur Herstellung von Atomwaffen verwendet werden könnten, wenn eine Entscheidung in diese Richtung fällt. So könnte der Iran mit der zivilen Urananreicherung Ende 2009 oder 2010 genug spaltbares Material produzieren.

- Abschnitt F der NIE bemerkt: Wir schätzen, dass der Iran wahrscheinlich eher verdeckte Anlagen als seine deklarierten Atomanlagen für die Produktion von hoch angereichertem Uran für eine Waffe nutzen wird.

- Schließlich stellt Abschnitt H der NIE fest: wir schätzen, dass der Iran die wissenschaftliche, technischen und industriellen Kapazitäten zur Herstellung von Atomwaffen hat, wenn er sich dahingehend entscheiden würde.

All dies bedeutet, dass die Iraner nicht später als 2010 genug spaltbares Material haben werden, und sollten sie sich zum Bau eines militärischen Atomreaktor entschließen, kann niemand versprechen, dass wir oder die Amerikaner davon wissen werden – wenn sie überhaupt wirklich 2003 ihr Atomwaffenprogramm gestoppt haben.

Es wäre ein Fehler, lediglich auf der Basis des ersten Satzes der NIE darauf zu schließen, dass die Atomwaffenambitionen des Iran gestoppt worden sind.

Meines Erachtens ist jede Unterscheidung zwischen einem militärischen und einem zivilen Atomprogramm des Irans künstlich. Die Anreicherung von Uran, entscheidend sowohl für zivile als auch militärische Zwecke, dauert an. Sobald sie genügend Uran angereichert haben, werden sie drei bis sechs Monate vom Bau einer Atombombe entfernt sein, sollten sie entscheiden, dies zu tun.

Nach der Veröffentlichung des NIE-Berichts wurde in allen größeren Medien der Welt von der Erklärung, dass Teheran sein Atomwaffenprogramm gestoppt habe, berichtet, ohne dem widersprechende Informationen. Bald darauf erzielten Russland und der Iran eine Übereinkunft über den Zeitplan zur Fertigstellung der Plutonium-basierten Nuklearanlage in Bushehr. Dem folgte die Mitteilung, dass China und der Iran ein energiebezogenes Wirtschaftsabkommen über 2.3 Milliarden Dollar unterzeichnet hätten, dass für mehr als ein halbes Jahr auf Eis lag. Zuvor hatte sich China noch dem wirtschaftlichen Druck auf den Iran anschließen wollen.

Darüber hinaus hat Ahmadinejad offiziell Riad besucht, und erstmals seit der Ermordung Sadats hat sich eine neue ägyptisch-iranische Beziehung zu entwickeln begonnen.

Die NIE hat die internationale Unterstützung für härtere Reaktionen gegen den Iran eindeutig geschwächt; sie schließt jegliche militärische Option für die Bush-Administration aus. Die NIE hat ein Signal an Teheran gesendet, dass die Gefahr ausländischer Sanktionen vorbei ist. Weiterhin hat die NIE die Türkei und die gemäßigten sunnitischen Staaten in der Region geschwächt, die eine Koalition gegen den Iran zu bilden versucht haben. So ebnet die NIE ironischerweise dem Iran den Weg, seine militärisch-atomaren Ziele ohne Behinderung zu erreichen.

Aharon Ze’evi-Farkash war zwischen 2001 und 2006 Chef des israelischen Militärgeheimdienstes (AMAN).

Category: Iran
Posted 01/17/08 by: admin



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Comments

wrote:
Der geheimdiensttechnische Austausch von Informationen zwischen Israel und den Europäern sich ohnehin als eine sehr „einseitige Angelegenheit“ darstellt, da die europäischen Staats- und Regierungschefs zwar die seitens Mahmud Ahmadenidschads gegen Israel bestehende Vernichtungsdrohung verstehen, jedoch gleichzeitig zu verstehen geben, daß in Bezug auf das kommende Mitglied im Club der Atomstaaten - dem Iran, Israels Sicherheitsinteressen sich ausschließlich verbaler europäischer Rückendeckung versichern dürfe im Falle eines ausbrechenden Krieges gegen den Iran (wie in Kürze erneut gegen die Hisbollah im Libanon) und Israel erneut nichts anderes übrig bleibt, als sich auf seine eigenes militärisches Know-how zu verlassen und das vor, während und nach seines Rechtes auf Selbstverteidigung und hat sich dabei noch permanent von Amnesty International auf die Finger schauen zu lassen – was sonst!

Irans Ayatollahs wollen die „muslimische Bombe“ um jeden Preis bauen, schon deshalb um mit den mächtigsten nichtmuslimischen Armeen der Welt auf Augenhöhe weltpolitische Akzente zu setzen und man bedenke, dass Pakistan als einzige muslimische Atommacht keinen existenziellen Konflikt innerhalb der muslimischen Welt auszutragen hat, dem mit atomarer Abschreckung entgegen zu treten wäre.

1979 hatte ein ehemaliger Ministerpräsident Pakistans folgende Prophezeiung gemacht: „Wir wissen, dass Israel und Südafrika über eine volle nukleare Kapazität verfügen. Die christlichen, jüdischen und Hindu- Zivilisationen haben eine solche Kapazität. Die kommunistischen Mächte besitzen sie auch. Nur die islamische Zivilisation hat sie nicht. Aber diese Situation ist dabei, sich zu verändern.“ Damit war der Begriff von der „Islamischen Bombe“ aus der Taufe gehoben. Das damit enorm aufgebaute religiöse Selbstvertrauen stärkt bis heute die Solidarität aller Muslime die mit einer sie zurückweisenden zivilisierten Welt konfrontiert sind. Heute verfügt Pakistan über 25-50 Nuklearsprengsätze und dementsprechend war die Aussage des „Vaters der islamischen Bombe“, wie Khan der von dem brennenden Glauben besessen war, dass der Besitz von Atomwaffen dem Islam die Rückkehr zu seiner einstigen Größe verschaffe und zuletzt deshalb genießt Pakistans militantes Atomprogramm in der gesamten islamischen Welt eine große Popularität und wird als nachahmenswertes Vorbild hingestellt.

Ja, auch Saudi Arabien strebt nach Nuklearwaffen. Zuweilen werden solche Wünsche von saudischer Seite damit begründet, man müsse sich nicht nur vor einem Angriff aus Israel, sondern auch aus dem schiitischen Iran schützen. Hinter dem Wunsch nach der „Bombe“ dürfte jedoch die Überlegung stehen, einer möglichen amerikanischen Besetzung des Ölstaates vorzubeugen. Als erwiesen gilt, dass Saudis das pakistanische Nuklear-Programm mitfinanziert haben.

Schon 1992 hatte der damalige iranische Vizepräsident Sayed Ayatollah Mohajerani angekündigt: „Da Israel damit fortfährt, nukleare Waffen zu besitzen, müssen wir, die Muslime, zusammenarbeiten, um eine Atombombe zu produzieren, unabhängig von einer Anstrengung UNO, der Verbreitung [von A-Waffen] zuvorzukommen.“

Die „islamische Bombe“ wird von vielen in der muslimischen Welt als eine Garantie gegen weitere erniedrigende Niederlagen angesehen, als sicheres Zeichen für ein Umschlagen des Schicksals, und als ein Allheilmittel gegen die Krankheiten von der die Muslime seit dem Goldenen Zeitalter des Islams befallen wurden. Solche Gefühle finden ihr Echo bei Muslimen von Algerien bis Syrien und vom Irak bis Pakistan.“ – schrieb Pervez Hoodbhoy schon 1993 im Bulletin of the Atomic Scientists. Dies trifft heute mehr denn je zuvor zu.

Ein neueres atomares Wettrüsten könnte in die Katastrophe führen, denn umso mehr Nuklearwaffenbesitzende und damit unkontrollierbare muslimische Staaten es gibt umso eher ist es auch vorstellbar, dass solche Staaten tatsächlich in einer Krise, wenn sie denn in irgendeiner Form bedrängt werden, diese auch zum Einsatz bringen.

Man stelle sich nur vor, dass in ein paar Jahren ultraradikale Kräfte; sprich fundamentalistische Gruppierungen gleich welcher Couleur in Pakistan an die Macht kämen um die vollständige Kontrolle über die Atomraketen zu erlangen und es dem Iran im gleichen Zeitraum geling in nur 1 Stunde abschußbereite Raketen mit nuklearem Sprengkopf in Richtung Israel aufzustellen.

Ganz ohne Zweifel würde dies zu einem Zusammenschluss muslimischer Bruderstaaten führen, die dann alle lauthals nach einer eigenen atomaren Bewaffnung schreien würden. Dann, ja spätestens dann würden die wahren Ausmaße der derzeitigen Iran-Krise offenbar, die, die radikal-, fundamentalistischen Mullahs als Vorzeichen eines in der Region des Mittleren- und Nahen Ostens ausbrechenden Endscheidungs-Krieges ansehen würden und mit brutaler Nukleargewalt reagieren könnten.

Dieses Szenario muß verhindert werden!
01/18/08 11:06:59

wrote:
Die schweigende Mehrheit der erfolgreichen Jugend; der Reichen; der Schönen; der Mächtigen und Korrupten, die sich den muslimisch-, arabischen Clan- und Bruderschaftsunterwerfungsgelüsten sowohl im Iran; in Syrien; im Libanon wie auch in Saudi-Arabien, dem Oman, Qatar usw., usw. nicht unterwerfen, kümmert es im Grunde genommen herzlich wenig mit welchen Mitteln untereinander und gegeneinander dem freiheitlich-, humanen Selbstverwirklichungstrieb die Existenzgrundlage entzogen wird.

Und für diese Gleichgültigkeit dieser „potentiellen Systemveränderer“ innerhalb dieser muslimischen Gesellschaften, hin und hergerissen zwischen Tradition und Moderne, sind - wie könnte es anders sein, die Anderen, „die Ungläubigen“ schuld – natürlich.
01/18/08 11:07:32

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