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Spannungen in der Kadimah: Olmert sieht in der PA einen Partner, Ramon denkt über Jerusalem nach

Israels Ministerpräsident Ehud Olmert betont, dass es seiner Meinung nach sehr wohl einen echten Partner für einen Friedensprozess gibt. Er widersprach damit erstmals dem seit Ehud Barak immer wieder mantraartig wiederholten "Wir haben keinen Partner"...

In der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) sieht Olmert einen wirklichen Partner für einen Dialog. Dies ergebe sich für ihn aus seinen Gesprächen mit Abu Masen, dem PA-Vorsitzenden Mahmoud Abbas: "Lange Jahre haben wir uns mit dem Ausruf 'Es gibt keinen Partner' begnügt. Alle Anzeichen sprechen dafür, dass es jetzt einen Partner gibt. Wir können und wollen zu einer Übereinkunft gelangen, die zu einem späteren Zeitpunkt, wenn die Bedingungen reif sind, zu einem Abkommen führen wird. Dafür muss ein kontinuierlicher und direkter Dialog zwischen beiden Seiten stattfinden."

Im rechten Flügel von Olmerts Kadimah-Partei fühlte man sich an Rabin erinnert, der am Jom Kipur vor seiner Ermordung gesagt hatte: "Es gibt eine Chance auf Frieden, eine grosse Chance". Man fürchtet nun, Ministerpräsident Olmert und sein Stellvertreter Ramon könnten durch Verhandlungen Israel vorzeitig zu Zugeständnissen bewegen. Auch Ehud Barak, der Schöpfer des Slogans "Es gibt keinen Partner", warnte davor, und meinte Israel laufe Gefahr als "übervorteilter Trottel" dazustehen.

Zu Streit und heftigen Protesten führten auch Chaim Ramons Aussagen, man müsse bei Verhandlungen auch über eine palästinensische Hoheit in Teilen Jerusalems nachdenken.

Schon vor sieben Jahren hatte das israelische Kabinett nach den Verhandlungen von Camp David einem Plan des damaligen amerikanischen Präsidenten Bill Clinton zugestimmt und grundsätzliche Bereitschaft signalisiert, auf einen Teil der Souveränität über Jerusalem verzichten zu können.

Bei möglichen neuen Verhandlungen mit den Palästinensern in den kommenden Monaten könnte diese Frage wieder aktuell werden. Schon in den Verhandlungsentwürfen der "Genfer Initiative" waren hierzu detaillierte Vorschläge gemacht worden. Noch früher hatte die Friedensbewegung "Gush Shalom" den Entwurf "Jerusalem - Eine gemeinsame Hauptstadt für zwei Staaten" vorgelegt, der noch mit Yassir Arafat abgestimmt worden war.

Chaim Ramon befürwortet einen in manchen Teilen noch weitergehenden Plan des palästinensischen Premiers Salam Fajjad, nach dem fast alle palästinensischen Ortschaften rund um Ost-Jerusalem von der israelischen Hauptstadt abgeteilt werden und mit dem Ost-Teil der Stadt zu einer neuen palästinensischen Hauptstadt werden sollen. Die restlichen Stadtteile mit überwiegend jüdischer Bevölkerung würden unter israelischer Herrschaft bleiben. Fajjads Plan sieht vor, dass auch die Altstadt von Jerusalem geteilt wird: das muslimische und das christliche Viertel würde unter palästinensische Verwaltung fallen, das armenische und das jüdische unter israelische. Auch die Herrschaft über den Tempelberg würde zwischen den Palästinensern und den Juden aufgeteilt. Die Idee der "ungeteilten gemeinsamen Hauptstadt" scheint vergessen zu sein.

Ramon begründete seine Ansicht in der Tageszeitung "Haaretz": "Jerusalem ist nicht länger zionistisch, denn die Bevölkerung ist bereits mehrheitlich nicht-zionistisch. In 20 Jahren wird es auch keine jüdische Mehrheit mehr geben. Wir müssen deshalb auf große Teile Jerusalems verzichten, um so die Mehrheit zu behalten und jene Teile zu kontrollieren, die wirklich wichtig für uns sind".

Im rechten Flügel der Kadimah formierte sich die Gegnerschaft zu solchen Gedanken um den Abgeordneten Otniel Schneller. Nach dessen Meinung ist jegliches Zugeständnis in Jerusalem indiskutabel. Keinerlei Verzicht sei hier statthaft. Lediglich die schon seit 1967 gängige Praxis der Verwaltung heiliger Stätten durch die jeweilige Religionsbehörde könne beibehalten werden. Auf bestimmte Nachbarorte könne ebenfalls verzichtet werden, beispielsweise Al-Ram, Kalandija und Kafr Akeb.

Ähnlich äußerte sich auch der frühere Verteidigungs- und jetzige Verkehrsminister Schaul Mofas. Er warnte eindringlich und entwarf ein Schreckensszenario: "Jerusalem ist nicht irgendeine Immobilie. Hamas und Fatah beschießen sich gegenseitig, auf Sderoth fallen Kassams, die Entführten sind noch nicht heimgekehrt. Es ist klar, dass ein neuer Waffengang bevorsteht. Verhandlungen stehen bestimmt nicht zur Debatte und Konzessionen erst recht nicht".

Nir Barakat, Kadimah-Kandidat für die 2008 anstehenden Bürgermeisterwahlen in Jerusalem, kündigte an, er werde die Partei wegen Ramons Teilungsplan verlassen. Weitere Stimmen blieben eher im Vagen. Außenministerin Zipi Livni meinte zwar, Jerusalem müsse unter israelischer Herrschaft bleiben, man müsse aber mit den Palästinensern in Verhandlungen treten. Auch der Minister für Innere Sicherheit, Avi Dichter, ebenfalls Kadimah, fordert, Israel müsse seine endgültigen Grenzen zum Westjordanland festlegen. Jerusalem solle ungeteilt bleiben, wie es ja auch das Parteiprogramm von Kadimah verlange.

Category: Jerusalem
Posted 09/25/07 by: admin

Comments

wrote:
Israels Ministerpräsident Ehud Olmert kann eigentlich nur alles falsch machen. Der Regierungschef sieht im palästinensischen Autonomiepräsidenten Mahmud Abbas einen Partner für den Frieden. Er will ihm Zugeständnisse machen, um die gemäßigten Palästinenser nicht in die Arme der radikalen Hamas und des Dschihad zu treiben. Doch Olmert steht auf verlorenem Posten. Seine Partei folgt ihm nicht. Der stellvertretende Regierungschef Ramon spricht gar davon, arabische Viertel Jerusalems an die Palästinenser zurückzugeben. Die geharnischte Kritik seiner Parteikollegen ließ nicht lange auf sich warten. Doch bleibt es dabei, dass die Israelis substanzielle Verbesserungen und Zugeständnisse zum Wohle der Palästinenser ablehnen, werden zwangläufig deren Radikale und Extremisten gestärkt.

Israel befindet sich in einer Zwickmühle Olmert vertritt offenbar nicht mehr die Mehrheit seiner Kadima-Partei. Was fehlt, ist ein klarer politischer Kurs. Der Regierungschef muss mit einer klaren Linie den Palästinensern gegenübertreten können. Fehlt es daran, wird das als Zeichen der Schwäche und Zerstrittenheit interpretiert und politisch ausgenutzt. Israel muss aus schierem Eigennutz daran gelegen sein, dass der gemäßigte Abbas an der Macht bleibt.
09/26/07 00:21:20

wrote:
Vielleicht ist ja auch interessant, was Aliza Olmert meint. Sie spricht sich jedenfalls für eine Zwei-Staaten-Lösung im Nahen Osten aus und meint, dass es in absehbarer Zukunft zwei Staaten geben wird. Es müsse zu einer Verständigung kommen - und das wird es auch.
09/26/07 03:02:01

wrote:
Im Gespräch mit Michel Friedman, der inzwischen beim Lifestile-Magazin VANITY FAIR arbeitet, bezeichnete Aliza Olmert Israel als weit entfernt von einer staatlichen Normalität: "Ganz Israel ist ein großes Flüchtlingslager."
Vor diesem Hintergrund müssten sowohl Israelis als auch Palästinenser über den eigenen Tellerrand hinaus blicken: "Die Palästinenser und die Israelis sind zwei tragische Völker, die nur Mitgefühl für die eigene Tragödie haben." Sie selbst würde den Palästinensern "gern helfen, wenn sie sich nur helfen ließen."

Auch über den Holocaust sprach Aliza Olmert: "Die einzige Lehre ist, dass Menschenleben nichts wert sind: Die Welt bleibt stumm und tut
nichts." Das sei während des Holocausts so gewesen, und das sei heute angesichts der afrikanischen Katastrophen genauso. Froh sei sie über die Hilfsbereitschaft von israelischen und amerikanischen Juden gegenüber den Opfern von Darfur. "Man darf nicht nur einfach zugucken."
09/26/07 12:33:35

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