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Judentum und Israel
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Dies sind keine Menschen, das sind Tiere

Im Schutze der Dunkelheit versuchten Flüchtlinge aus Sudan ins sichere Israel zu gelangen. Über 1200 Menschen aus Sudan, ganze Familien mit ihren Kindern und hochschwangere Frauen, haben schon den Weg in den jüdischen Staat geschafft. Am Donnerstag Abend erzählten Soldaten im Fernsehen von einem grausigen Zwischenfall an jener Grenze, über die Prostituierte aus Moldawien, palästinensische Terroristen, mit Haschisch beladene Kamele und Gastarbeiter aus vielerlei Ländern nach Israel geschleust werden...

Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem, 3. August 2007

Die dreihundert Kilometer lange Grenze zwischen Israel und Ägypten besteht nicht aus elektronischem Zaun und Mauer, wie zu den Palästinensergebieten. Sie ist leicht zu überwinden.

Israelische Soldatinnen beobachteten mit Überwachungskameras, wie sich vier Menschen der Grenze näherten. Sie alarmierten eine Patrouille. Doch ehe die israelischen Soldaten mit ihrem Jeep zu der genannten Stelle gelangen, hatten auch ägyptische Truppen die Flüchtlinge entdeckt, das Feuer auf sie eröffnet und zwei von ihnen erschossen. Ein Dritter war verwundet, während ein vierter Flüchtling weiter auf den Grenzzaun zurannte. Ein israelischer Soldat streckte ihm seine Hand aus. Er wollte ihm beim Überwinden des Stacheldrahts helfen. Da kamen zwei ägyptische Soldaten und zogen den Flüchtling an den Beinen zurück auf ägyptisches Territorium. “Es war, als ob wir ‘Tauziehen’ mit diesem Mann spielten”, sagte der Soldat. “Die Ägypter hatten ihre geladenen Waffen auf uns gerichtet. Wir befürchteten, dass sie auf uns schießen.” Die Ägypter schleiften den Mann vom Grenzzaun weg und schlugen auf ihn sowie auf den verwundeten Flüchtling ein. Sie steinigten sie, bis beide tot waren. “Das war reiner Lynchmord. Dies sind keine Menschen, das sind Tiere. Sie haben ihn ohne Schusswaffen ermordet,” so der Soldat. “Wir haben die Schmerzensschreie und Schläge gehört. Dann haben die Schreie aufgehört.” Der Soldaten erschien im Fernsehen anonym, ohne Namen oder Bild und mit verzerrter Stimme. Auf Anfrage beim Militärsprecher, ob jener Soldat eine offizielle Genehmigung erhalten hatte, sich interviewen zu lassen, wie das bei Militärs Pflicht ist, sagte die Sprecherin: „Kein Kommentar.“

Weder in Ägypten, das mit Flüchtlingen aus Sudan überlaufen ist, noch in Israel sind diese Flüchtlinge willkommen. Bei der gewaltsamen Räumung eines sudanischen Flüchtlingslagers im Zentrum von Kairo waren Ende 2005 von der ägyptischen Polizei 26 Menschen, darunter Frauen und Kinder, erschossen worden. Die illegal über die Grenze nach Israel geschleusten Sudaner erlebten teilweise abenteuerliche Odysseen. Die ersten Flüchtlinge, vor Allem Männer, wurden ins Keziot-Gefängnis gesteckt. Ihre Straftat lautete: illegale Einreise.

Dann griff das Militär ganze Familien mit Kindern auf. Nach einigen Tagen erklärte die Militärs, die Zivilisten nicht in ihrer Kaserne bei Beer Schewa beherbergen zu können. Im Bus wurden die Flüchtlingsfamilien ins Stadtzentrum gefahren und ihrem Schicksal überlassen. Dort schliefen sie unter freiem Himmel, bis wohlherzige Menschen ihnen mit Windeln und Nahrungsmitteln halfen.

Die Regierung wachte spät auf. Politiker redeten von der üblichen Gefahr, dass sich unter den Flüchtlingen auch Terroristen verstecken könnten. Der Bürgermeister von Beer Schewa, Jakob Turner, schickte die Flüchtlinge per Bus nach Jerusalem. Sie sollten vor der Knesset demonstrieren und auf ihr Schicksal aufmerksam machen, zumal sich keine offizielle Behörde für sie zuständig hielt. Einige wurden nach Hadera gebracht. Der Bürgermeister protestierte: „Wir sind eine aufstrebende Stadt und kein Müllabladeplatz für schwarze Flüchtlinge.“ Die Diskussion in Israel, für und wider eine Aufnahme dieser Flüchtlinge aus Schwarzafrika, wurde immer schärfer. Einige argumentierten, dass Israel zu klein sei, Flüchtlinge aus Afrika aufnehmen zu können. Andere erinnerten an das Schicksal der Juden während und nach dem Holocaust, als kein Land der Welt sie aufnehmen wollte und sie so des Todes gewiss waren. Zufällig trafen sich am Donnerstag Abend Überlebende des Flüchtlingsschiffes „Exodus“, das 1947 mit 4500 Menschen an Bord die britische Blockade zum Heiligen Land durchbrechen wollte. Am Ende wurde diese Holocaustüberlebenden nach Deutschland zurückgeschickt.

Kibbutzim und Hotels in Eilat meldeten sich, einzelne Flüchtlinge aufnehmen zu wollen und ihnen „schwarze Arbeit“ zuzuweisen, für die sich ohnehin kein Israeli die Finger beschmutzt. Christliche Organisationen entdeckten, dass viele der Flüchtlinge Christen seien. So wurden einige Familien in ein billiges Hotel in der Altstadt Jerusalems gebracht, wo sie versorgt werden konnten.

Das Problem schwelt schon seit Monaten. Anfang Juli hatte Ministerpräsident Ehud Olmert mit Ägyptens Präsident Hosni Mubarak abgesprochen, dass jeder Flüchtling, der über Ägypten nach Israel eindringt, nach Ägypten zurückgebracht werde. Damit solle umgehend begonnen werden, hieß es im Innenministerium. Doch der vierfache Mord, von dem die Soldaten berichtet hatten, ließen moralische Zweifel aufkommen. Israel will jetzt die UNO-Flüchtlingshilfe-Organisation einschalten. Inzwischen hat eine Mehrheit der Knesset-Abgeordneten einen Aufruf unterzeichnet, die Flüchtlinge aus Darfur aufzunehmen und an „sichere“ Länder weiterzureichen.

© Ulrich W. Sahm / haGalil.com

Category: Nahost
Posted 08/04/07 by: admin

Comments

wrote:
Zwickmühle für Israel, ganz klar.

Moslems fliehen nach Israel, weil ihre Brüder und Schwestern anderswo sie im Sich lassen. (Das sollte man mal diesem persischen Israelfresser, dem Ahmadinedschad erzählen.)

Wärens wirklich "nur" Wirtschaftsflüchtlinge, die unter diesen illegal ins Land Gekommenen garantiert sind, vor Allem, wenn sie nicht oder nicht direkt aus dem Darfur-Gebiet stammen, könnte man mit Regelungen arbeiten, wie sie die EU im Schengener Abkommen festgelegt hat, was aber auch zu extremen, menschenunwürdigen Situationen führen kann, wie unlängst noch in Marokko, das der EU nicht wortbrüchig zu werden bemüht ist.

Wenn Israel nun allein die aus Darfur Geflohenen aufnehmen täte: was wird aus deren Kindern, besonders, so sie muslimisch sind, werden? Werden die nicht, wie es sich in Frankreich bei den Kindern der sich ins Land rettenden ursprünglich frankreichsolidarischen Algeriern gezeigt hat, extreme Probleme bekommen, sich einzugliedern?

Man könnte vielleicht darauf spekulieren, dass es ja derzeit nur wenige sind, die schon irgendwie unterkommen würden. Was aber, wie ja offensichtlich angenommen wird, eine Aufnahme eine Art Sogwirkung auf die zunächst in den Tschad und anderswo Hingeflüchtenden provoziert?

Anzudenken wäre die Schaffung einer m.W. noch nicht existierenden Gesetzgebung zu dem Problem, ähnlich wie etwa in Deutschland und anderswo, damit die Leute nicht damit rechnen, im Lande bleiben zu können, sondern bei Beruhigung der Lage, was aber natürlich lange dauern kann, auf jeden Fall über Drittländer wieder zurückgeschickt werden können, und das muss ihnen klipp und klar gesagt werden.

Wären die Flüchtlinge clever, würden sie konvertieren und damit Anspruch auf ein Bleiberecht erwerben... aber wer könnte ihnen das nahelegen, ohne einen Aufschrei zu provozieren.

Verzwickte Sache. Dazu kommt noch, dass den allerersten Flüchtlingen, die es vor drei Jahren schafften, nach Israel zu flüchten, bereitwilligst geholfen wurde, was sicherlich ein Signal für andere war, es doch auch mal zu versuchen, nach Israel zu kommen.
08/05/07 07:14:03

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