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Aus der Zauber

Am 12. Juli letzten Jahres gab der Hisbollah-Generalsekretär in arrogantem Ton die Entführung zweier israelischer Soldaten durch seine Organisation bekannt. Seitdem hat er ununterbrochen betont– vor jedem Mikrofon und vor jeder Kamera – wie er erneut das ‚zionistische Gebilde’ geschlagen und dort einen „göttlichen Sieg errungen habe, wo die arabischen Armeen zuvor wieder und wieder gescheitert waren. Was das Bild in den Medien angeht, schien Hassan Nasrallah die Oberhand im Krieg gehabt zu haben: Poster von ihm waren der Hit innerhalb der arabischen Welt, Straßen, Kinder und selbst Fruchtsorten wurden nach ihm benannt. Lag all dem womöglich eine Täuschung zugrunde?...

Von Roee Nahmias, Yedioth Ahronot, 12.07.07

Aus dem Abstand von einem Jahr scheint es, dass, wenn sich etwas verändert hat im Libanon, Nasrallah selbst sich verändert hat. Seit das Ausmaß der israelischen Reaktion klar geworden war, zeigte er Zeichen von Bedrängnis. „Es handelt sich um eine amerikanisch-zionistische Verschwörung, die im Voraus für diesen Herbst geplant war – und nun nutzen sie Gelegenheit zur Aggression gegen uns“, erklärte er und bat in beinahe flehentlichem Ton: „Glaubt mir!“ Aber seine Glaubwürdigkeit - womöglich Nasrallahs wichtigste Waffe, die er sich auch durch mancherlei „Überraschungen“ während des Kriegs zu erhalten suchte – wurde immer brüchiger.

Seit klar geworden war, dass es sich um einen Krieg handelte – eine direkte Konfrontation zwischen Israel und ihm – machte er einen blassen und verwirrten Eindruck. Seine Erklärungen gegenüber der shiitischen Bevölkerung, die einen schweren Preis zu entrichten hatte, waren widersprüchlich, teils bar jeder inneren Logik. (Wenn er von der „Verschwörung“ gewusst habe, warum habe er ihr dann in die Hände gespielt und die Entführung unternommen, setzte man ihm im Libanon zu). Daher, und womöglich aus Versehen, gab er zu, einen Fehler begangen zu haben. In seinem ersten Interview nach dem Krieg erklärte er in entschuldigendem Ton: „Hätten wir geahnt, dass selbst eine nur einprozentige Chance bestehe, dass die Entführung zu einem Krieg führen würde, hätten wir sie nicht durchgeführt.“ Immer wieder hat er um Vergebung gebeten – die Shiiten, die Libanesen, selbst die Araber Haifas und eine zu Schaden gekommene Familie in Nazareth.

Doch hiermit waren seine Probleme nicht beendet. Unmittelbar nachdem er den Waffenstillstandsbedingungen – einschließlich der Stationierung der UNIFIL und der libanesischen Armee im Südlibanon, seinem bis dahin unbestrittenen Herrschaftsbereich – zugestimmt hatte, ging Nasrallah dazu über, seinen „göttlichen Sieg“ im Dahiya-Viertel Beiruts zu feiern. Er richtete seine Pfeile auf die Regierung Siniora, mit der Absicht, einen politischen Umsturz herbeizuführen.

Heute können wir sagen, dass sein Versuch gescheitert ist. Die Massen seiner Aktivisten und Anhänger, die zu Tausenden auf den Riyad al Soth-Platz geschickt wurden bis die Regierung stürze (es heißt, manche Demonstranten hätten 20 Dollar pro Tag für den „Volksprotest“ erhalten), verließen die Zeltstadt allzu bald. Fuad Siniora wurde nur noch stärker und führt nun mit seiner Armee – die Nasrallah zuvor noch als unfähig zur Verteidigung des Libanon bezeichnet hatte - einen entschlossenen Krieg gegen die Terrormilizen der „Fatah-al-Islam“.

Die letzte Krise zeigte Nasrallah einmal mehr die Grenzen seines Einflusses. Zuerst drohte er, sollte die libanesische Armee es wagen, das palästinensische Flüchtlingslager Nahr al-Barid zu betreten, würde sie eine „rote Linie“ überschreiten. Doch die Armee betrat das Lager – und Nasrallah? Blieb untätig.

Nun setzt er auf einen anderen politischen Schachzug: die Etablierung einer Parallelregierung neben der Regierung Sinioras. Doch niemand zittert vor Angst. Im antisyrischen Lager sagt man ihm: Mein Herr, wir sind kein zweites Gaza; eine zweite Regierung wird es hier nicht geben. Und was ist mit dem Wiederaufbau, den er den Einwohnern des Südlibanons zugesichert hat? Die Terrororganisation hat eine verbittere und zornige Shiiten-Bevölkerung zurückgelassen, die schwer zu besänftigen sein wird. Viele sind in Elendsviertel Beiruts oder andere Orte gezogen und blieben zurück ohne eine Spur ihrer Häuser, ihrer Felder oder der Kompensation, die man ihnen versprach.

Eine solche Reihe von Fehlern ist nicht dazu angetan, jemandem zu helfen, der seine Hörer bitte: „Glaubt mir!“ Dieses Jahr ist seinen Gönnern (und wahrscheinlich auch im selbst) klar geworden, dass dieser charismatische Mann nicht unbedingt gut darin ist, Israels Schritte vorherzusehen oder die Zeichen in seinem eigenen Land zu lesen. In der nächsten Zeit wird er sicherlich Reden halten und die Entwicklungen in Israel als Zeichen seines Sieges darstellen. Doch ist der Mann, der als ‚Wunderkind’ des Nahen Ostens betrachtet wurde und alle Führer der Region blass aussehen ließ, ein Jahr nach dem Krieg kaum noch in der Öffentlichkeit zu sehen. Er rüstet zwar in schnellem Tempo wieder auf und wird womöglich einen erneuten Krieg vom Zaun brechen. Doch lässt sich von ihm eines sagen, was auch schon von anderem vor ihm gesagt wurde: Der Zauber ist verflogen.

Category: Libanon
Posted 07/18/07 by: admin

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