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Hilfen für Gaza: Setzlinge im Raketenbeet
Als die Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (ZAHAL) sich vor etwa zwei Jahren aus dem Gaza-Streifen zurückzogen, schlug man vor, die Koordinations- und Verbindungseinheit der israelischen Armee, das Gaza District Coordination and Liaison Office (DCL), als jüngste und scheinbar überflüssige Verkörperung der Militärregierung und Zivilverwaltung entweder aufzulösen oder zu einer zivilen interministeriellen Behörde umzugestalten...
Von Amir Oren, haArez
Die Idee wurde hinweggefegt durch die Stürme der schrittweisen Machtergreifung der Hamas, die fortdauernden Angriffe auf Israel und die Operationen ZAHALs. In Anbetracht der Abwesenheit jeglichen direkten Kontakts zwischen Israel und der Hamas erscheint das DCL nun notwendiger als je zuvor, und zwar gerade im militärischen Kontext.
Ende des letzten Monats dankte John Ging, Direktor des UN-Flüchtlingshilfswerks UNRWA, dem Leiter des DCL, Oberst Nir Press, für den Einfallsreichtum und die Effizienz bei der Hilfe zur Linderung der Not in Gaza. Diese seltene öffentliche Anerkennung kam nach zwei Wochen heftiger Straßenkämpfe, die seit dem 13. Juni auch die Zivilbevölkerung bedrohten. Im Laufe der letzten Woche hat sich Gaza beruhigt, da sich das Regime der Hamas gefestigt und jegliche Stimmen der Opposition zum Schweigen gebracht hat. Auch Vertreter anderer internationaler Organisationen haben den Offizieren des DCL, telefonisch oder schriftlich, ihren Dank ausgesprochen: Auf ihre Weise erkennt auch die Hamas die Bedeutung des DCL an: Wieder und wieder werden seine Büros von Balkonen und Höfen in Beit Hanoun aus mit Mörsergranaten beschossen. Einige Verbindungsoffiziere wurden bereits verletzt.
Nach Angaben der Hilfsorganisationen haben die Bewohner des Gaza-Streifens Grundnahrungsmittel wie Öl, Mehl, Reis und Hülsenfrüchte gespeichert, die ungefähr einen Monat reichen werden. In den Speichern der Organisationen gibt es noch zusätzliche Nahrungsmittel für einige Wochen. Die gesamte Versorgung ist abhängig von den Übergängen, die unter ständiger Bedrohung von Seiten der Hamas und ihren Verbündeten stehen. Die Vereitelung von geplanten Selbstmordattentaten oder Sprengstoffanschlägen macht die Sicherung der Übergänge auch von palästinensischer Seite notwendig. Die Sicherheitskräfte, Angehörige der Leibgarden von Präsident Mahmoud Abbas, wurden vor drei Wochen von dort vertrieben. Um die Schwierigkeiten zu überwinden muss das DCL kreative Lösungen entwickeln, wie etwa den Einsatz eines Förderbandes, das normalerweise Sperrgut wie Beton und Schotter transportiert, zur Beförderung von Weizen für die Mühlen in Gaza.
Die Hamas-Leute attackieren die Übergänge, schrecken jedoch aus Furcht vor dem Zorn der Bevölkerung vor Attacken auf die Versorgung selbst zurück. Händler aus Gaza exportieren nach Israel Gemüse und importieren im Gegenzug Früchte sowie Stroh aus den Kibbutzim und Moshavim des Negev zur Viehfütterung. Nelkensetzlinge aus Israel werden in Gaza zur Züchtung von Blumen verwendet, die dann nach Israel und Europa ausgeflogen werden.
Der Sicherheitszaun symbolisiert die Trennung, aber keinen Kontaktabbruch. Israel und Gaza sind wie zwei Eltern, die sich nach ihrer Scheidung weiterhin gemeinsam um ihre Kinder – die Palästinenser – kümmern. Die Illusion, dass es möglich sei, Gaza westwärts nach Ägypten zu lenken, ist zerstoben. Die einzige Ressource, an der kein Mangel in Ägypten besteht, ist Armut. Die Wirtschaft Gazas ist noch immer an die Israels gekoppelt. Der hoch entwickelte, teure und leere Übergang Erez, in den 50 Millionen Dollar investiert worden sind, ist für den Durchlauf von 200 000 Personen täglich geplant, und nur 200 passieren ihn. Als Arbeitgeber von Kontrolleuren und Sicherheitsleuten spielt er eine gewisse Rolle bei der Senkung der Arbeitslosigkeit von Jugendlichen und allein erziehenden Müttern in den Städten des Südens und seinen Kibbutzim, in der Hoffnung auf bessere und betriebsamere Tage.
Der Erfolg der DCL misst sich auch an seiner Rolle bei der Planung von militärischen Operationen. Wege zur medizinischen Evakuierung und zum Versorgungsnachschub, das Timing von Feuerpausen und die Verteidigung der Infrastruktur – all dies wird vom Südkommando und der Gaza-Brigade heute nicht als Zwang und Hindernis empfunden, sondern als Teil der „notwendigen Errungenschaft“, als Maßstab von Erfolg und Misserfolg einer Operation.
Israel profitiert auch selbst von der Wohltätigkeit gegenüber den Bewohnern des Gaza-Streifens, Moralisches und das Pragmatisches ergänzen einander. Hinter der Hamas, wie hinter der Hisbollah, steht der Iran mit seinem militärischen, ideologischen und finanziellen Feldzug. Im Krieg der Währungen Rial gegen Shekel würde es fatale realpolitische Folgen haben, dem Iran das Feld zu überlassen. Die Schädigung der Infrastruktur wäre ein Geschenk für die Hamas und den Iran. Neben den kurzfristigen Sicherheitsrisiken muss die große, langfristige Gefahr bedacht werden: Wenn das Regime im Iran nicht ausgewechselt wird, wird Teheran hier sein.