Israels Botschafter Avi
Primor:
Abschied von Diplomatie und Fettnäpfchen
Bonn / Diplomat /
haGa: Am Mittwoch versammelten sich zum Abschiedsempfang für den scheidenden
israelischen Botschafter, Avi Primor, in Bonn, die Spitzen der deutschen
Politik und Gesellschaft. Der weltgewandt wirkende, durchaus im Umgang
verbindliche Spitzenakademiker und Buchautor wurde von vielen in Deutschland
mit Wehmut verabschiedet.
Die Vorbehalte seiner
Generation Deutschland gegenüber beschrieb Primor in seinem Buch «Mit
Ausnahme Deutschland». Die Entwicklung umfasst Wiedergutmachung
und Jugendbegegnung, vom totalen Boykott der späten Fünfziger bis zum fast
ungezwungen wirkenden Verhältnis der heutigen jungen Generation in Israel zu
Deutschen und dem Land der Nazitäter.
Primor wurde schnell
einer der einflussreichsten Diplomaten in Bonn, von Kollegen als echtes
«Schwergewicht» geachtet. In Talkshows und vielen Vorträgen stellte der
israelische Botschafter seine Qualitäten der Öffentlichkeit vor. Das letzte
Halbjahr seines Amtes war jedoch, bei der Bewertung vieler Beobachter,
durchaus zwiespältig. Seit der versuchten Erstürmung des israelischen
Generalkonsulates in Berlin gärt es. Seit einem schlimmen Versprecher der
Generalkonsulin im israelischen TV sind deutsche Medien nicht vom Thema
abgekommen: 'Wurden vier Kurden kaltblütig ermordet?' 'War es gar keine
Notwehr?' Avi Primor versuchte durchaus beschwichtigend einzugreifen,
diesmal jedoch fast ohne Wirkung.
Ein
Interview
mit der Zeitung «Die Welt» war des sonstigen Herzeigediplomaten schwärzeste
Stunde. Eine Bewegung wie Deris Schas-Partei zu hinterfragen, zeugt nicht
von hohem diplomatischem Geschick, finden viele im israelischen
Aussenministerium, die sogar privat Primors Ansichten teilen würden. Die
Äusserungen über Shas sorgten für
politischen Wirbel. Primor leugnete anfangs, um sich danach bei
den Hütern des sefardischen Sozialfinanzierungssystems zu entschuldigen.
Alte Fronten mit den
Grünen scheinen wieder hochzukommen. Der Besuch Joschka Fischers in Israel
war eine weitere unerfreuliche Facette, die aber sicher am allerwenigsten
auf Primors Kappe geht. Der «grüne» deutsche Aussenminister wurde von Arik
Sharon auf eine Art brüskiert, die unter normalen Umständen für bilaterale
Beziehungen ein irreparabler Schaden sein könnte. Das Verhältnis zwischen
Israel und Deutschland schien, nach der 'Herzlichkeit der Ära Kohl',
bisweilen 'mit klaren Worten' Kinkels gespickt, schien einer vergangene
Epoche anzugehören. Die Technokraten des rot-grünen Schröder-Kabinetts
schienen nicht viel für Israel und seine Wünsche übrig zu haben.
Inzwischen scheint so
etwas wie Normalität im Verhältnis des Landes der Täter mit dem Land der
Opfer der Shoa zu geben. Die Vorstellung von
Primors zweitem Buch, durch Joschka Fischer, schien da als
Wendepunkt sichtbar geworden zu sein. «Deutschland ist nach den Vereinigten
Staaten unser wichtigster aussenpolitischer Partner», wird Primor nicht müde
zu betonen. Die Darstellung des steigenden Rechtsradikalismus in Deutschland
scheint einigen Beobachtern, und nicht nur den Schreibern der «Jungen Welt»
in Ostberlin, von Primor bisweilen schöngeredet. «Es ist nicht die Mehrheit
der Deutschen, es ist nicht besonders von Bedeutung», sagte er bei der
Eröffnung des Büros des American Jewish Comitee, das seine Aktivitäten im
Mossepalais am Leipzigerplatz entfaltet. Diese Analyse wiederholt Primor wie
ein Mantra.
«Avi Primor ist ein
besonders sensibler Vertreter seines Berufsstandes», ist der Tenor der
Beobachter unter den deutschen Publizisten. Egal wie man zu Person und
Wirken des zukünftigen Vorsitzenden des israelischen Journalistenverbandes
steht - seine Amtszeit in Deutschland hatte Wirkung. Viel Besseres
kann einem Diplomaten in einer derart sensiblen Mission gar nicht
widerfahren!
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