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Die Geschichte der
Juden
in Deutschland V
1096 aZ:
Kreuzzüge |
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1096:
Der erste Kreuzzug beginnt in Frankreich, geht dann weiter durch das
deutsche Rheinland und die Donau entlang bis nach Jerusalem. Die Mächtigen
aus Kirche und Adel versuchten vor allem Verelendete und Unzufriedene
loszuwerden und begannen eine extreme Hetze und Aufstachelung der Massen.
Viele unterschiedliche Gruppen nehmen am Kreuzzug teil: religiöse
Fanatiker, verarmte Adelige, die die Hoffnungslosigkeit ihrer Existenz
hinter sich lassen und im Morgenland Reichtum finden wollen, rechtlose
Bauern auf der Suche nach Land, Tagelöhner, Arbeitslose, Verzweifelte,
Verbitterte, Außenseiter, die in der Teilnahme am Kreuzzug eine letzte
Chance sehen...
Auf dem Weg des Kreuzzugs wird jeder
Nichtchrist zum Feind. Obwohl die französischen Juden mit einer Sondersteuer
und Zahlungen an einzelne Führer zum Kreuzzug beitragen, werden sie von den
Kreuzfahrern gnadenlos geplündert, beraubt und ermordet. Die Überlebenden
warnen ihre Glaubensgenossen im Rheinland durch Boten, diese aber nehmen die
Warnungen nicht ernst und antworten: "Wir werden fasten und Euch auf jede
Weise helfen, aber wir haben nichts zu fürchten." Und dann werden sie von
den Kreuzfahrern überwältigt, und die Tragödien von Rouen und Metz
wiederholen sich überall am Rhein und an der Donau.
Der erste Kreuzzug leitet nicht nur
eine Periode der Gewalt gegen Juden ein und erschüttert ihre
gesellschaftliche Stellung, sondern untergräbt auch die wirtschaftliche
Grundlage des jüdischen Lebens in Deutschland. Vor dem Kreuzzug waren die
Juden vor allem im Handel mit dem Orient tätig. Das Verleihen von Geld war
nur zweitrangig. Juden wurden von den Herrschern wegen der von ihnen
gezahlten Steuern und wegen der Luxusgüter aus dem Orient, die nur sie ins
Land bringen konnten, geschätzt. Mit den Kreuzzügen bemächtigen sich
Christen der früher islamischen Handelsrouten im mittleren Osten; die Juden
verlieren die Vermittlerrolle. Geldverleih wird, zumindest für jene die
überhaupt etwas zu verleihen haben, jetzt da alle andere Berufe durch die
städtischen Zünfte verwehrt sind, zur einzigen Erwerbsmöglichkeit. Diese
ökonomische Entwicklung der mittelalterlichen Juden sollte sich noch im
20.Jahrhundert auswirken.
1103:
Die Juden werden durch Heinrich IV. dem Reichslandfrieden, dem
persönlichen Schutz des Kaisers, unterstellt. Sie dürfen dafür keine Waffen
mehr tragen. Dieses zweifelhafte Schutz-Privileg bleibt fast 700 Jahre lang
erhalten.
1146:
Der Zweite Kreuzzug ist - auch wegen des konsequenten kaiserlichen
Schutzes für die Juden - von weniger Fanatismus und weniger Greueltaten
begleitet. Die jüdische Gemeinde von Würzburg fällt ihm dennoch zum Opfer.
Es folgen fünf weitere Kreuzzüge, aber keiner von ihnen bringt in
Deutschland ein solches Gemetzel mit sich wie der erste Kreuzzug.
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