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Teil II
INTERVIEW MIT 
RABBINER YITZHAK
EHRENBERG

(Orthodoxer Gemeinde-
rabbiner, Berlin)

Khwod haRaw Ehrenberg im Gespräch mit Iris Noah:
Herausforderungen an das Judentum heute

Worin sehen Sie die wichtigste Herausforderung für das 
Judentum heute im allgemeinen und in Berlin im Besonderen?

Eine Herausforderung an das Judentum stellt der Kampf gegen die Assimilation, gegen das Verschwinden dar. Seit dem 2. Weltkrieg sollen weitere 6 Millionen Juden verloren gegangen sein - diesmal nicht physisch, sondern aus Gleichgültigkeit, indem sie das Judentum verlassen haben. Grund zu der Assimilation ist die moderne Welt. Ein Jude, der den Weg seiner Väter verläßt, deren Tradition und Gebotstreue aufgibt, verspürt keinen Unterschied zwischen sich und einem Nichtjuden. Er weiß von keinem Schabbes und von keiner Kaschrut, und doch ist das Judentum keine Abstammungsangelegenheit, sondern eine Religion. Wenn man die Gebote nicht einhält, geht die jüdische Identität verloren.

Es ist eine schwierige und verlockende Aufgabe, die sich uns in der Welt im allgemeinen und in Berlin im besonderen stellt. Die Menschen zur Rückkehr zur Tradition zu bewegen, ihnen ein gutes Gefühl bei ihren Besuchen in der Synagoge zu geben, die Erziehung zum Judentum und zur Einhaltung der Gebote und der Tradition zu ermutigen und zu stärken. Ohne Einhaltung der Tradition und der Gebote gibt es für das Volk Israel keine Zukunft. Es fehlt das Wissen, und Abgründe tun sich auf bei allem, was die jüdische Geschichte und Religion betrifft.

Man muß den Menschen vermitteln, daß kein Widerspruch besteht zwischen dem Leben in der fortschrittlichen Welt und der Einhaltung einer Jahrtausende alten Tradition. Zwar verändert sich die Welt, doch die Menschen bleiben, was sie waren, mit all ihren Schwächen. Es bleiben auch die Gebote, und die moderne Technologie kann deren Einhaltung nur erleichtern.

Wie setzen Sie das praktisch um?

Die Synagoge ist der Ort, an dem der Jude sein Judentum fühlen kann, denn sie ist seit Tausenden von Jahren das Zentrum, das Herzstück des Judentums. Ich versuche das Band zwischen dem Juden und der Synagoge zu festigen, ermutige alt und jung an den Gebeten teilzunehmen und sich am Tora- und Talmudunterricht in der Synagoge zu beteiligen.

Ich versorge die Synagogenbesucher mit Lehrmaterial zu dem Wochenabschnitt: Kommentare und Gedanken zu dem jeweiligen Abschnitt liegen auf Deutsch und auf Russisch vor.

Ich bemühe mich, einen jeden spüren zu lassen, daß er in der Synagoge willkommen und geachtet ist, daß die Synagoge sein zweites Zuhause ist. Es ist mir ein Anliegen, mit der jüdischen Schule und dem Jugendzentrum in Verbindung zu stehen. Ich nutze jede Gelegenheit, mich den Kindern und Jugendlichen zu zeigen und mit ihnen zu reden, denn was das junge Gehirn aufnimmt, das bleibt in ihm haften.

In der jüdischen Fernsehsendung, in welcher ich wöchentlich auftrete, rede ich über den Bibelabschnitt, über Feste und feierliche Gedenktage, über aktuelle Themen u.ä. Nichts geht mir über die Verbindung zu jungen Menschen. Ohne Küken kein Hahn.

Was ist Ihnen wichtig, daß die LeserInnen dieses Interviews von Ihnen wissen?

Es ist mir wichtig, die Schönheit der jüdischen Tradition herauszustellen; ihr Glanz soll auch in meinem Verhalten hindurchscheinen. Das Judentum achtet jeden Menschen als solchen. Extremismus gilt bei Maimonides als krankhaft. Daher suche man immer den goldenen Mittelweg, begegne den Mitmenschen mit Verständnis.

Die Befolgung der Tora und der Gebote sollen dem Menschen zur geistigen Vollkommenheit, zur Zufriedenheit mit sich und seinem Los verhelfen, so daß er Gefallen finde in den Augen des Schöpfers und in den Augen seiner Mitmenschen.

Welche Botschaft liegt Ihnen am meisten am Herzen?

Was ich mitzuteilen versuche ist, daß es nirgendwo Vollkommenheit gibt, daß jeder Jude danach trachten soll, so viele Gebote wie möglich zu erfüllen. Was er jetzt nicht schafft, schafft er vielleicht das nächste Mal. Es geht nicht um alles oder nichts. Das ändert nichts daran, daß die Thora die Wahrheit spricht und uns auferlegt, alle Gebote einzuhalten. Wem die Kraft fehlt, alles zu erfüllen, der soll es wenigstens ein bißchen versuchen und auf Besserung hoffen.

Was ist der gegenwärtige Schwerpunkt Ihrer Arbeit?

Meine Arbeit ist abwechslungsreich. Ich kümmere mich um alle religiösen Belange von Geburt an: Beschneidung, Bar Mizwa, Eheschließung, Scheidung, Krankenbesuche, Unterstützung Bedürftiger, Vermittlung bei Ehezwistigkeiten und Beerdigung - Besuch und Tröstung der Hinterbliebenen in der Trauerwoche.

Hinzu kommen tägliche Gebete in der Synagoge, dreimal täglich, Tora- und Talmudunterricht morgens und abends, Pflege der Beziehungen zu den Rabbinaten in Israel und in der Welt, Aufrechterhaltung des Dialogs mit der nichtjüdischen Welt, Einberufung von Tora-Gerichten, Überwachung der Kaschrut im Restaurant und in der Metzgerei; Teilname an profanen Feierlichkeiten vom Kinderfest bis zur fröhlichen Zusammenkunft im jüdischen Krankenhaus und im jüdischen Altersheim.

Welche Unterstützung wünschen Sie sich?

Es wäre schön, Lehrer und Erzieher an meiner Seite zu wissen, die an die Tora glauben, in ihrem Licht leben und die Gebote einhalten. Sie wären Kindern und Jugendlichen ein persönliches Beispiel - tu, was sie tun, „schau hin und heilige". Das Tora-Lernen ist das Rückgrat des jüdischen Volkes.

Im Synagogengebäude gibt es ein Lehrhaus, in dem man täglich Tora lernen kann. Ein geistiges Zentrum wie dieses soll uns alle stärken und das Licht der Tora in der ganzen Gemeinde verbreiten.

Was wünschen Sie sich für die jüdische Gemeinschaft?

Es wird nicht anders kommen, als daß Berlin ein neues jüdisches Leben aufblühen sieht. Es wird ein frommes Leben sein, immer mehr Juden werden koscher essen, den Schabbes heiligen und das Tauchbad aufsuchen. Kein Jude wird sich schämen oder Angst haben müssen, mit der Kippa auf dem Kopf durch die Straßen zu laufen. Wir werden es soweit bringen, daß jedes Kind zu der Jahrtausende alten Tradition seiner Väter findet und daß jede Familie den Schabbes als ein himmlisches Geschenk betrachtet. Über jedes fromme Kind, über jede fromme Familie werde ich erleichtert sprechen: Wer eine einzige jüdische Seele rettet, baut eine ganze Welt auf.

Fragen: Iris Noah; August 2000

Rabbis in Berlin

 


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