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...ich habe sie niemals wieder gesehen |
"Ich konnte nicht wegsehen..."
Wann sie geboren wurde, weiss Mina Sonz nicht so genau. Bis zum
Beginn des Krieges sei ihre Kindheit in der Ukraine eigentlich gluecklich
gewesen. Korostischew ist ein verschlafenes Nest. Bis die deutschen Besatzer
einfallen. Als erstes verhaften sie die Kommunisten und alle juedischen
Maenner.
"Ab sofort sind wir Ukrainer, unser Haus ist zerbombt und alle Papiere
verbrannt", schaerfte Minas Mutter der Kleinen damals ein. Aus der Juedin Mina
Sonz wird Tamara Konstantinowna Demtschenko. In einem leeren Haus finden Ninas
Mutter mit ihren beiden Toechtern und weiteren Verwandten Unterschlupf. Bei
einer Razzia werden Mutter und Tante entdeckt und abtransportiert. Sie sei
keine Juedin, schreit Mina. Man laesst sie mit den anderen Kindern laufen.
Hinter einen Strauch beobachtet Mina das Massaker:. "Ich konnte nicht
wegsehen. Alle wurden erschossen. Meine Schwester hielt mir den Mund zu, so
dass ich blau anlief, damit die Nazis mein Schreien nicht hoerten.
Soldaten fahren die Kinder zur deutschen Kommandantur. Davor wartet
schon die naechste Gruppe von Juden auf ihren Abtransport. "Die Lastkraftwagen
fahren in den Wald! Da werden alle Juden getoetet! Nicht einsteigen!, schreit
Mina. Vielleicht aus Angst vor Panik lassen die Deutschen die Kinder frei.
Minas Kusine erinnert sich an eine Tante in Kiew. Die Kinder marschieren
getrennt los. Das ist ungefaehrlicher In Kiew angekommen, suchen sie sofort
nach der Tante. Die ist laengst abtransportiert. Die Kinder fliehen in den
Wald. Nur wenn es allzu kalt wird, suchen sie Unterschlupf in der Stadt.
Eines Tages hoeren sie von einem Waisenheim in Kiew. Es nimmt sie
auf. Wieder kommen die Deutschen. Die brauchen das Kinderheim als
Kommandantur. Die Kinder pfercht man in Eisenbahnwaggons. Die fuehren nach
Deutschland. Verpflegung gibt es nicht. Die Luft reicht kaum zum Atmen.
Partisanen leiten den Zug um. So werden die Kinder befreit.
Lehrerin fuer Deutsch und Franzoesisch ist Mina spaeter geworden.
Eine Entschaedigung hat sie nie erhalten. Waehrend des Kalten Krieges lehnte
die Bundesrepublik Deutschland Zahlungen in die Sowjetunion ab. Leicht war das
Leben als Juedin auch im befreiten Russland nicht. Deshalb ist Frau Sonz 1990
nach Deutschland ausgewandert. Wir konnten fuer Frau Sonz eine einmalige
Zahlung von 5000,-- DM und eine monatliche Leistung von 500,-- DM erreichen.
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