Gedenken an die Pogromnacht von Feiern
zum Mauerfall übertönt:
Nachama fordert mehr Zivilcourage
Zwischen dem 7. und 15.
November 1938 zerstörten Nationalsozialisten und ihre Helfer fast alle
Synagogen in Deutschland und brachten zehntausende Juden in
Konzentrationslager. Die Terrornacht gilt als zentraler Wendepunkt in der
Vernichtungspolitik der Nazis gegen Juden.
Jeder "demokratisch denkende und
bewusste Staatsbürger" sollte es sich zur Aufgabe machen, couragiert gegen
Fremdenfeindlichkeit und Rassenhass aufzutreten, so der Vorsitzende der
Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Andreas Nachama, zum 61. Jahrestag der
Reichspogromnacht.
Die Polizei allein könne vor
antisemitischen Straftaten nicht dauerhaft schützen. Mit Blick auf die
wiederholten Grabschändungen auf jüdischen Friedhöfen sagte er, leider seien
"Toleranz und Akzeptanz noch keine Normalität". In den Köpfen einiger
Menschen gebe es noch immer "braunen Ungeist". Wer keine Achtung vor den
Toten habe, habe sie auch nicht vor den Lebenden.
Er schloss in seinen Dank für die
Befreiung Deutschlands von der Nazi-Herrschaft neben den USA auch die Rote
Armee der damaligen Sowjetunion ein. Sie habe 1945 Berlin befreit. Dadurch
seien viele jüdische Menschen gerettet worden.
Zu den Ehrengästen der Gemeinde
gehörten der frühere US-Präsident George Bush, der ehemalige sowjetische
Präsident Michail Gorbatschow, Bundesaußenminister Joschka Fischer und
Bundestatgspräsident Thierse.
Auch Wolfgang Thierse (SPD) und
Präsidiumsmitglied des Zentralrats Michel Friedman sagten, Deutschland dürfe
keinesfalls die anderen Erinnerungen vergessen, die sich mit dem Tag des
Mauerbaus verbänden: Thierse erinnerte auch an die Ausrufung der Republik
durch Philipp Scheidemann 1918 und den Hitler-Putsch 1923.
Beschimpft, beleidigt,
gedemütigt, beraubt, misshandelt, gemordet
Nur wenige Mitbürger hätten sich in
der NS-Zeit aufgerufen gefühlt, die Verfolgten zu verteidigen - und nur so
konnten die Verbrechen geschehen, weil keiner den Tätern in den Arm fiel. Es
werde auch heute zu wenig gegen Rechtsradikalismus in Deutschland gesprochen
und zu wenig widersprochen, so Thierse unter Beifall im Jüdischen
Gemeindehaus.