antisemitismus.net / klick-nach-rechts.de / nahost-politik.de / zionismus.info
haGalil onLine - http://www.hagalil.com

  

hagalil.com

Search haGalil

Veranstaltungskalender

Newsletter abonnieren
e-Postkarten
Bücher / Morascha
Musik

Koscher leben...
Tourismus

Aktiv gegen Nazi-Propaganda!
Jüdische Weisheit
 
Archivierte Meldungen aus den Jahren 1995 - 1999

Süddeutsche Zeitung

Deutsche Industrie und Zwangsarbeit:
Ein unwürdiges Angebot

VON HERIBERT PRANTL

Nicht immer sind die Firmen kleinlich. Als die Deutsche Bank das US-Unternehmen Bankers Trust aufkaufte, zahlte sie an Frank Newman 100   Millionen Dollar Abfindung; und Richard Daniel bekam immerhin noch 25   Millionen. Newman und Daniel waren freilich auch keine Zwangsarbeiter, sondern die leitenden Herren der aufgekauften Bank, nämlich ihr Chef und der Finanzdirektor.

Es ist sicher ein wenig zynisch, solche Generosität einer machtvoll expandierenden deutschen Großbank mit der Knickrigkeit der deutschen Wirtschaft bei der Entschädigung der NS-Zwangsarbeiter in Zusammenhang zu bringen. Aber der Zynismus, der in dem Angebot steckt, legt solche Vergleiche nahe: Ganze vier Milliarden wollen deutsche Firmen zahlen, um damit etwa eine Million noch lebender NS-Zwangsarbeiter zu entschädigen. Aus deren Schufterei haben sie horrende Gewinne in Zig-Milliardenhöhe gezogen. Die Entschädigung für die, die das NS-Regime bis heute überlebt haben, soll also nun an die viertausend Mark pro Mann oder Frau betragen.

Ein solches Angebot beschämt die, die es machen, nicht die, die es dann möglicherweise doch aus Not annehmen – um zu Lebzeiten überhaupt noch etwas zu bekommen. Um die Schamgrenze zu überschreiten, zahlt der Staat noch zwei Milliarden Mark drauf. Auf dass aber die von den Firmen bezahlten vier Milliarden Mark diesen ganz bestimmt nicht weh tun, will der Bundesfinanzminister sie als Betriebskosten gelten lassen und damit zu etwa fünfzig Prozent aus der Staatskasse zurückerstatten.

Es ist wohl so, dass die Firmen Oberwasser bekommen haben, seitdem zwei US-Richter Sammelklagen ehemaliger NS-Zwangsarbeiter abgewiesen haben – wegen örtlicher Unzuständigkeit. In dem Maß, in dem sich der juristische Druck lockert, verhärtet sich offenbar die Haltung der Unternehmen. Sie tun so, als seien die von ihnen ausgeworfenen Beträge ein Geschenk aus Gnade und Barmherzigkeit. Das Gegenteil ist richtig: Es handelt sich um berechenbare Ansprüche der Zwangsarbeiter, denen sich die Wirtschaft fünfzig Jahre lang entzogen hat und deren Realisation heute aus juristischen Gründen nicht eben leicht ist.

Der Bundeskanzler hat das Angebot der deutschen Wirtschaft „würdig“ genannt. Würdig? Es ist ein seltsames Wort in diesem Zusammenhang. Es geht um Menschen, denen die Würde genommen, deren Leben zerstört wurde. Ihre Würde kann man ihnen weder mit fünf- noch mit zwanzigtausend Mark zurückgeben; und von der Würde der Industrie spricht man besser nicht. Nehmen wir also ein anderes Wort: honorig vielleicht? Sind ein paar tausend Mark honorig, angemessen, gebührlich, schicklich? Gut wäre es jedenfalls, wenn sich die deutschen Firmen in ihrer Gesamtheit ein Beispiel an einzelnen von ihnen nähmen, die für „ihre“ Zwangsarbeiter schon einen anständig dotierten Fonds aufgelegt haben, die Siemens AG zum Beispiel, wenn sie also einen fünfstelligen Betrag für jeden Zwangsarbeiter zur Verfügung stellten. Und gut wäre es, wenn nicht bloß 36, sondern 600 Firmen einzahlen würden.

Solange das nicht so ist, verdient der Entschädigungfonds seinen schönen Namen „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ nicht. Und solange muss sich die deutsche Wirtschaft vorhalten lassen, dass sie allein für Sponsoring derzeit in einem einzigen Jahr so viel Geld ausgibt, wie sie jetzt insgesamt den früheren NS-Zwangsarbeitern anbietet.

haGalil 10-99

Die hier archivierten Artikel stammen aus den "Anfangsjahren" der breiten Nutzung des Internet. Damals waren die gestalterischen Möglichkeiten noch etwas ursprünglicher als heute. Wir haben die Artikel jedoch weiterhin archiviert, da die Informationen durchaus noch interessant sein können, u..a. auch zu Dokumentationszwecken.


Spenden Sie mit PayPal - schnell, kostenlos und sicher!
Werben in haGalil?
Ihre Anzeige hier!

Advertize in haGalil?
Your Ad here!
haGalil.com ist kostenlos! Trotzdem: haGalil kostet Geld!

Die bei haGalil onLine und den angeschlossenen Domains veröffentlichten Texte spiegeln Meinungen und Kenntnisstand der jeweiligen Autoren.
Sie geben nicht unbedingt die Meinung der Herausgeber bzw. der Gesamtredaktion wieder.
haGalil onLine

[Impressum]
Kontakt: hagalil@hagalil.com
haGalil - Postfach 900504 - D-81505 München

1995-2006 © haGalil onLine® bzw. den angeg. Rechteinhabern
Munich - Tel Aviv - All Rights Reserved