Barak zu Gast in Berlin
Schröder würdigt "historische Verdienste" des
israelischen Ministerpräsidenten
Als erster Staatsgast am neuen Regierungssitz ist der israelische
Ministerpräsident Ehud Barak am Dienstag in Berlin mit militärischen Ehren
empfangen worden. Bundeskanzler Gerhard Schröder und seine Ehefrau Doris
empfingen Barak und dessen Frau Nava vor dem provisorischen Kanzleramt, dem
früheren DDR-Staatsratsgebäude. Der Ministerpräsident will bei seinem knapp
24-stündigen Besuch in Deutschland auch mit Bundespräsident Johannes Rau und
CDU-Chef Wolfgang Schäuble zusammentreffen, sowie die KZ-Gedenkstätte
Sachsenhausen im Norden Berlins besuchen.
Quelle: SLW, haGalil onLine
In einem ersten Gespräch äußerten Schröder und Barak die Absicht,
die Beziehungen zwischen beiden Staaten auf eine neue Ebene zu stellen und
sowohl im Nahost-Friedensprozeß wie auch bei der Annäherung an die EU eng
zusammenzuarbeiten. Weitreichende Unterstützung Deutschlands sagte Schröder
bei dem von Barak erwünschtem Dialog mit Syrien zu.
Beide Politiker betonten die Notwendigkeit, bald zu einer Lösung
bei den Verhandlungen über die Entschädigung von Zwangsarbeitern während des
NS-Regimes zu kommen. Schröder sagte, die deutsche Regierung trete energisch
dafür ein, daß begründete Ansprüche befriedigt werden. Der Kanzler äußerte
sich optimistisch, daß noch in diesem Jahr eine Lösung gefunden werde.
Nach dem Gespräch meinte Schröder, daß Baraks Besuch die
Kontinuität der exzellenten deutsch-israelischen Beziehungen zeige. Es sei
Deutschlands ausdrücklicher Wunsch, daß Israel seine Beziehungen zur EU
intensiviere. Die positive Entwicklung im Nahost-Friedensprozeß, die erst
durch Baraks positive Dynamik möglich wurde, verleihe diesem Wunsch neue
Schubkraft.
Unmittelbar vor seiner Ankunft sagte Barak der Bild-Zeitung:
"Deutschland ist Israels guter Botschafter in Europa." Vorrangiges Ziel
seines Besuches sei es, diese guten Beziehungen "weiter zu verbessern".
Barak unterstrich seine guten Kontakte zu Schröder, Rau und Altbundeskanzler
Helmut Kohl und fügte hinzu: "Deutschland stand auch in heiklen Augenblicken
immer hinter Israel."
Die israelischen Zeitungen reagierten
unterschiedlich. Maariv betonte vor allem den symbolischen Wert der
Tatsache, daß Barak der erste Staatsgast im wiedervereinigten Berlin ist.
Deutschland sei heute der engste Freund Israels in der Europäischen Union:
"Germany is Israel´s closest ally after the United States, and no cracks
appear in this wall." Die Zeitung sieht die entscheindene Rolle Deutschlands
als ausgleichender Faktor.
Haaretz spricht dagegen von einem schwierigen Besuch.
Baraks Aufenthalt in Berlin sollte unter keinen Umständen als Geste des
Vergebens für die Nazi-Greueltaten sein. Dennoch bedauern die Autoren dieser
Zeitung Baraks Entscheidung, nicht vor dem "Reichstag" zu sprechen, was ihm
die Möglichkeit eröffnet hätte "to commemorate the victims and celebrate the
victory of the rebirth of the Jewish people."
Andrea Übelhack
haGalil 09-99