Offener Brief an die Mitglieder des Aktionsbündnisses
gegen Gewalt, Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus
Anlass dieses Offenen Briefes ist die Einstellung der
Finanzierung des Projektes "Opferperspektive".
Die Arbeit dieses Projektes bestand vor allem darin,
Menschen, die Betroffene rechter Gewalt geworden sind, zu unterstützen und
zu begleiten. Die MitarbeiterInnen der Opferperspektive haben ihre Arbeit
von Beginn an mit großem Engagement geleistet; sie waren und sind den
Betroffenen eine wichtige Unterstützung und Beistand.
Angesichts der Tatsache, daß in Brandenburg im ersten
Halbjahr 1999 eine 50-prozentige Zunahme bei fremdenfeindlichen Gewalttaten
gegenüber den ersten sechs Monaten 1998 zu verzeichnen ist und das Land zu
den drei Bundesländern gehört, in denen MigrantInnen am gefährlichsten
leben, ist die Einstellung der Förderung für das Projekt "Opferperspektive"
vollkommen unverständlich.
Sie als VertreterInnen des Aktionsbündnisses haben
sich nach eigener Darstellung im Rahmen des Handlungskonzeptes der
Landesregierung "Tolerantes Brandenburg" zur Aufgabe gesetzt,
Basisinitiativen in ihrer Arbeit gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus zu
unterstützen.
Unseres Erachtens aber treffen Sie Ihre Entscheidungen
nicht unabhängig sachbezogen, sondern scheinen sich in zu großem Maße dem
Willen des Innenministeriums unterzuordnen.
Bereits Mitte März 1999 haben Sie einen Beschluß zur
Förderung der Opferperspektive gefasst. Die zugesagten Mittel wurden aber
aufgrund von unbewiesenen Verdächtigungen, die im Rahmen eines polizeilichen
Ermittlungsverfahrens gegen die Anti-AKW-Bewegung auch gegenüber
MitarbeiterInnen der "Opferperspektive" erhoben wurden, nicht mehr
ausbezahlt - offensichtlich auf Weisung des Innenministeriums.
Unserer Auffassung nach handelt es sich hier um eine
unzulässige, demokratisch nicht legitimierte und sachfremde Einmischung in
die Personalpolitik eines freien Trägers.
Ein Gremium, das sich zur Aufgabe setzt, gegen
Fremdenfeindlichkeit im Lande vorzugehen und Toleranz in der Gesellschaft zu
fördern, sollte seine Geldvergabepolitik nach den Inhalten der
antirassistischen Arbeit richten. Sie sollten sich nicht den
Vorverurteilungen staatlicher Organe beugen. Die zu fördernde Arbeit - in
diesem Falle die Betreuung von Opfern rassistischer Übergriffe - hat mit
diesen Vorwürfen nichts zu tun.
Das Aktionsbündnis scheint somit eher der
Imagepflege der Landesregierung dienen zu wollen, als seinem öffentlich
propagierten Anliegen gerecht zu werden.
Das Land braucht keine Programme, die eine
"Feigenblattfunktion" erfüllen, sondern Projekte und Initiativen wie z.B.
"Opferperspektive", die mit den betroffenen Menschen an der Basis arbeiten.
Wir fordern die Weiterfinanzierung der Initiative
"Opferperspektive".