Im Herbst '99 - 60 Jahre nach Beginn des II. Weltkrieges - wollte die
deutsche Industrie einen Image-Gag landen. Man hatte sich, nach
Klagandrohungen und 'Öffentlichem Druck' (vor allem aus dem Ausland (nach
Kohl: 'Der amerikanischen Ostküste'), zu einer 'Geste der Versöhnung'
entschlossen. Aus dem Millionenheer der zur Sklaven- und Zwangsarbeit
verschleppten und geprügelten wurde einer kleinen Gruppe ein kleiner -
'symbolischer' - Verdienstausfallserstattungsvergütungsersatz in eventuelle
Aussicht gestellt.
Nachdem es gelungen war mit Ausflüchten, juristischen Tricks (die
Deutschen machen ihre Gesetze schliesslich selbst!) eine
Auseinandersezung und Entschädigung 60 Jahre lang zu hintertreiben,
dachte man sich, ein kleiner PR-Gag zum 60. Jahrestags des Überfalls auf
Polen, wäre doch eine feine Sache.
Das Problem: Die (wenigen noch) Überlebenden wollen nicht nur
Versöhnung, sondern zumindest z.T. auch eine Rheumadecke für die am
hartgefrohrenen Boden geschundenen Knochen. Das kostet Geld, und was
wäre der deutschen Grossindustrie wertvoller als Geld, immerhin war sie
Finanzier des größten Massenraubs und des größten Massenmordens seit
Menschheitsgedenken.
Die Frist für die Schaffung eines Versöhnungsfonds der deutschen
Wirtschaft für ehemalige NS-Zwangsarbeiter bis zum 1. September kann
nach Ansicht des US-Unterhändlers Alan Hevesi also kaum eingehalten
werden. Hevesi, oberster Finanzchef von New York und Vorsitzender eines
Ausschusses zur Überwachung der Entschädigungszahlungen an jüdische
Zwangsarbeiter, beklagte am Dienstag auf einer Tagung jüdischer
Organisationen von Zwangsarbeitern in New York, daß nach der Versetzung
von Bodo Hombach, der als Kanzleramtsminister ein unglaublich billiges
Angebot gemacht hatte, welches (was fast noch unglaublicher ist) auch
noch angenommen wurde, kein geeigneter Gesprächspartner mehr zur
Verfügung stehe. Er habe seine Ansicht Bundeskanzler Gerhard Schröder am
2. Juli in einem Brief mitgeteilt, bislang aber noch keine Antwort
erhalten.
Für den Fall, daß die Gespräche scheitern sollten, bezeichnete Hevesi
Drohungen mit Sanktionen noch immer als verfrüht, obgleich sich dieses
Vorgehen im Fall der Schweiz als erfolgreich erwiesen habe. Die
Schweizer Großbanken hatten sich im August 1998 auf einen Vergleich mit
jüdischen Klägern wegen nie ausbezahlten Geldes auf Konten von
ermordeten Juden geeinigt. Gegen die Zahlung von 1,25 Milliarden Dollar
(rund 2,25 Milliarden Mark) wurden alle Forderungen fallengelassen.
Die deutschen Konzerne verlangen, dass sich auch der deutsche
Steuerzahler am Lohnausgleich für Zwangsarbeit beteiligen soll. Es war
deshalb zuletzt eine doppelte Stiftungslösung (Staat und Industrie)
angestrebt worden. Die Stiftungsinitiative an der sich bisher nur 16
deutsche Unternehmen beteiligen legte Anfang Juni ein
Entschädigungskonzept vor, das Zahlungen an Zwangsarbeiter vorsieht je
nach Schwere ihres Einsatzes. Dieses Modell orientiert sich nicht am
durch Zwangsarbeit geschaffenen Wert, sondern an den heutigen
durchschnittlichen Renten am Wohnsitz des Antragstellers. Die deutsche
Industrie verlangt, daß nach einer Einigung keine weiteren Sammelklagen
von ehemaligen Zwangsarbeitern eingereicht werden. Berichten zufolge
könnte der Fonds ein Volumen von 2,5 bis drei Milliarden Mark haben.
Ein Monat Zwangsarbeit waere danach mit einem Nettolohn von ca.
12-DM abgegolten. Stundenlohn 0,04DM, incl. Gefahrenzulage. Soviel sind die
Überlebenden (damals als Untermenschen in die deutschen Betriebe geschleppt)
weder der deutschen Industrie - noch dem deutschen Staat - noch irgendeiner
deutschen Bundesregierung wert.