Rehowoth entdeckt Schlüsselmechanismus bei Stammzellenwanderung:
Verbesserte Knochenmarkstransplantation möglich
Weizmann Institut, Rehowoth - Bei einer Knochenmarkstransplantation
werden dem Patienten Stammzellen uebertragen, die zum Knochenmark wandern
und dort die Produktion neuer, normaler Blutzellen aufnehmen. Viele
Transplantationen scheitern jedoch, weil zu wenig Stammzellen vom
Blutkreislauf in das Knochenmark gelangen.
In einer Studie, die im Februar in der Zeitschrift SCIENCE
erschien, gelang es einem Team unter der Leitung von Dr. Tsvee Lapidot
von der Abteilung Immunologie des Weizmann Instituts, wichtige Elemente
jenes Mechanismus zu erklaeren, der fuer die Wanderung der Stammzelle
vom Blutkreislauf zum Knochenmark verantwortlich ist. Darueber hinaus
konnten die Wissenschaftler den Anteil jener Stammzellen, die letztlich
ins Knochenmark gelangten, erheblich steigern. Die Studie wurde an
Maeusen mit geschwaechtem Immunsystem durchgefuehrt, denen menschliche
Stammzellen uebertragen wurden.
"In der Zukunft kann dieser Ansatz die Erfolgsrate von
Knochenmarkstransplantationen beim Menschen erhoehen," sagt Dr. Lapidot.
Er fuehrte die Untersuchung mit seinen Teamkollegen Dr. Amnon Peled, Dr.
Isabelle Petit und Dr. Orit Kollet durch, sowie mit seinen
Abteilungskollegen Dr. Ofer Lider und Dr. Ronen Alon, in Zusammenarbeit
mit Prof. Dov Zipori von der Abteilung Molekulare Zellbiologie.
Im Knochenmark reifen taeglich hunderte Millionen Blutzellen
heran, rote Blutkoerperchen ebenso wie weisse, die unseren Koerper als
Teil des Immunsystems von Infektionen schuetzen. Eine
Knochenmarkstransplantation ist fuer Patienten mit Leukaemie und anderen
boesartigen Blutkrankheiten oftmals die letzte Heilungsmoeglichkeit. Vor
einer Transplantation werden die Zellen des Knochenmarks zerstoert.
Danach werden gesunden Zellen intravenoes direkt in den Blutkreislauf
des Patienten uebertragen, in der Hoffnung, dass sie das Innere des
Knochens erreichen und dort normales Knochenmark produzieren.
KEIN REZEPTOR, KEINE MIGRATION
Nun haben die Wissenschaftler des Weizmann Instituts
herausgefunden, dass nur die menschlichen Stammzellen, die mit einem
bestimmten Rezeptor - dem sogenannten CXCR4 -- ausgestattet sind, auch
das Knochenmark der Versuchsmaeuse erreichten. Dieser Rezeptor
ermoeglicht den Stamzzellen die Wanderung zu einembesonderen
Signalmolekuel, gennant SDF-1, das von den Knochenmarkszellen
freigesetzt wird. Dieser molekulare Lockrufer lotst die menschlichen
Stammzellen durch die Waende der Blutgefaesse in die winzigen Hoehlen
des Knochenmarks.
"Wir entdeckten, dass menschliche Stammzellen wie Segelboote
funktionieren," sagt Lapidot. "Nur wer Segel gesetzt hat, kann den Wind
ausnutzen. Aehnlich koennen Stammzellen nur zum Knochenmark wandern,
wenn sie einen bestimmten Rezeptor an ihrer Oberflaeche haben, mit
dessen Hilfe sie die Signale der Knochenmarkszellen empfangen koennen."
Die Forscher fanden jedoch heraus, dass nur eine kleine Zahl der
menschlichen Stammzellen den CXCR4-Rezeptor an ihrer Oberflaeche
aufweisen, was erklaert, warum bei einer Transplantationletztlich so
wenige Stammzellen im Knochenmark landen - im Normalfall verfuegen
Patienten am Ende ueber etwa 10 Prozent der Menge an Stammzellen, die
ein gesunder Mensch hat. In der Vergangenheit wurde diese niedrige
UEbertragungsrate der zu schnellen Differenzierung der Stammzellen
zugeschrieben. Dieser Theorie zufolge verschwanden Stammzellen, sobald
sie den Markraum erreicht hatten, weil sie, anstatt sich selbst zu
erneuern, schnell zu den verschiedenen Arten von Blutzellen ausreiften.
Die neue Studie legt jedoch nahe, dass Stammzellen auch verschwinden
koennten, weil ihnen der CXCR4-Rezeptor fehlt und sie deshalb nicht ins
Knochenmark gelangen.
BEHANDLUNG DER ZELLEN VERSPRICHT VERBESSERTE MIGRATION
Die Forscher konnten ausserdem nachweisen, dass die Mehrheit
menschlicher Stammzellen, die nicht den CXCR4-Rezeptor an der
Oberflaeche aufweisen, dennoch ueber die Anlage dazu verfuegen. Eine
Behandlung der Stammzellen vor der Transplantation in Reagenzglaesern
mit natuerlichen Wachstumsfaktoren, die zur Expression des
CXCR4-Rezeptors anregten, befaehigte die Zellen letztlendlich, zur
taeglichen Blutbildung beizutragen. In der Studie des Weizmann Instituts
verbesserte diese Technik die Zahl der erfolgreich uebertragenen,
funktionierenden menschlichen Stammzellen von 25 Prozent auf ueber 90
Prozent.
In der Zukunft koennte man moeglicherweise den Erfolg einer
Knochenmarkstransplantation vorhersagen, indem man den Anteil der
Stammzellen des Patienten misst, die den CXCR4-Rezeptor exprimieren.
Dieser Anteil ist sehr unterschiedlich. Darueber hinaus koennte man vor
der UEbertragung eine Vorauswahl jener Stammzellen treffen, die ueber
den CXCR4-Rezeptor verfuegen, oder die Stammzellen so behandeln, dass
moeglichst alle den Rezeptor aufweisen. Diese Massnahmen koennten den
Anteil der Stammzellen, die in das Knochenmark des Patienten
transplantiert werden, deutlich erhoehen und die Erfolgsquote dieser
Behandlung verbessern. Klinische Tests mit der Methode werden derzeit
erwogen.
Die Studie koennte mit einer von Dr. Lapidot und seinen Kollegen
entwickelten Versuchsanordnung durchgefuehrt werden. Sie ueberwindet die
Hauptschwierigkeit bei der Untersuchung menschlicher Stammzellen - die
Tatsache, dass sie in einem Reagenzglas schnell zu Blutzellen
heranreifen und dann verschwinden. Das Team von Lapidot entwickelte eine
Moeglichkeit, menschliche Stammzellen zu untersuchen, indem sie in
Maeuse mit unterdruecktem Immunsystem transplantiert werden - Maeuse
also, die fremde Zellen nicht abstossen. Mit Hilfe dieses Tiermodells
koennte die Forschung zu verbesserten Behandlungsmethoden fuer Leukaemie
und andere Krankheiten gelangen.
Die Studie wurde in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern und
AErzten vom Hadassah-Universitaetskrankenhaus in Jerusalem, dem
Kaplan-Krankenhaus in Rehovot und dem Sourasky-Krankenhaus in Tel Aviv
durchgefuehrt, sowie in Zusammenarbeit mit dem Jackson Laboratory von
Bar Harbor, Maine, USA.
Yeda Research and Development Co. Ltd., die fuer
Technologietransfer zustaendige Firma des Weizmann Instituts, hat fuer
die Ergebnisse des Teams von Lapidot einen Patentantrag gestellt.
Dr. Lapidot ist Inhaber des Pauline-Recanati-Foerder-Lehrstuhls
fuer Immunologie. Die Studie wurde mit Mitteln der Israelischen Akademie
der Natur- und Geisteswissenschaften, des Israelischen
Krebsforschungsfonds, der bundesdeutschen Minerva-Stiftung, des
Balfour-Pelsner- Knochenmarkskrebs-Forschungsfonds und des israelischen
Wissenschaftsministeriums gefoerdert.
Das Weizmann-Institut ist ein bedeutendes Zentrum fuer
wissenschaftliche Forschung und Hochschulstudien in Rehovot, Israel. Die
2400 Wissenschaftler, Studenten und anderen Mitarbeiter des Instituts
betreiben ueber 1,000 Forschungsprojekte, die das gesamte Spektrum der
heutigen Wissenschaft abdecken.
NEWS RELEASE ISSUED BY SCIENCE FOLLOWS
Improving Bone Marrow Transplant Success: Peled et al. have
identified a key factor in the success of bone marrow transplants in
mice. The authors began with human stem cells from the bone marrow,
which produce all necessary blood cells throughout an organism's
lifetime. When these stem cells are transplanted into the bloodstream of
another organism, they somehow home in on the bone marrow and, once
relocated, begin to repopulate their new surroundings with blood cells.
Molecules called chemokines (which are best known for attracting white
blood cells to sites of inflammation) are thought to play a role in this
process, but until now researchers were not sure how. The authors
identified the chemokine "SDF-1," and its receptor, "CXCR4," as critical
to the stem cell's ability to successfully engraft and thrive after
being transplanted into mice. When the authors blocked the CXCR4
receptors on the stem cells, the engraftment was prevented. On the other
hand, stem cells with an increased number of CXCR4 receptors engrafted
more successfully than usual. Thus, increasing CXCR4 expression on stem
cells may be useful in clinical transplantation.
Luba Vikhanski
haGalil onLine -
Freitag 05-03-99 |