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Freidenker und Justizopfer:
Joseph Süß Oppenheimer vor 300 Jahren geboren

Stuttgart - Ein niemals gesühnter Justizskandal: Am 4. Februar 1738 wurde Joseph Süß Oppenheimer, vormals Geheimer Finanzrat des Herzogs Carl Alexander in Württemberg, vor den Toren von Stuttgart hingerichtet. Sechs Jahre blieb der Leichnam zur Schande und Warnung in einem eisernen Käfig hängen, bis Herzog Carl Eugen 1744 das Skelett am Fuße des Galgens verscharren ließ. Oppenheimer wurde im Februar oder März 1698 in Heidelberg geboren.

Joseph Ben Issachar Süßkind Oppenheimer wuchs in bürgerlicher Umgebung auf. Bei einem Verhör am 4.Juni 1737 nannte er als Eltern "Handelsmann" Süß Oppenheimer und Mutter Michal. Das Elternhaus in der Ingramgasse Nr. 8 in Heidelberg "zeugt nicht von ärmlichen Verhältnissen", stellt Süß-Biograph Hellmut Haasis fest.

Zu Reichtum brachte es Süß als Finanzmakler an den Höfen der Kurfürstentümer Pfalz und Köln. Schon als Resident des Herzogs von Württemberg in Frankfurt tätig, kam seine hohe Zeit mit dem Tod von Herzog Eberhard Ludwig am 31. Oktober 1733.

Carl Alexander zog am 16. Dezember 1733 als erster katholischer Herzog in das evangelische Stuttgart ein. Süß hatte dann als Agent in Frankfurt Verhandlungen zu führen über die Abfindung von Eberhard Ludwigs Lebensgefährtin, Friederike Wilhelmine Christine Gräfin von Würben geborene von Grävenitz. Süß machte sich dem Herzog unentbehrlich als Wirtschafts- und Finanzfachmann. In Württemberg führte er eine merkantilistische Wirtschaft ein.

Voyeuristisch und mit heuchlerischer Entrüstung haben Gegner Süß ein ausschweifendes Liebesleben vorgeworfen. Sein Biograph Haasis kommt aber zu dem Schluß, Süß habe vorwiegend mit "willigen Damen" verkehrt. Bezeichnend für Untersuchungsverfahren nach Süß' Sturz ist der Fall der 14jährigen Margaretha Magdalena Homberger.

Nachdem sie Unzucht bestritten hatte, wurde sie von zwei vereidigten Hebammen "inspiziert"; die kriminalistisch-gynäkologische Untersuchung ergab "nicht die geringste Anzeige, daß sie mit einer Mannsperson etwas zu tun gehabt hätte".

Oppenheimers Sturz kam, als sein Gönner Carl Alexander, mit dem Süß bis zuletzt ein ungetrübtes Verhältnis verbunden hatte, am 12. März 1737 starb. Noch in derselben Nacht wurde der Geheime Rat festgenommen und nach Stuttgart gebracht.

In Württemberg begann Haasis zufolge eine "konservative Revolte" gegen die fortschrittliche Finanz- und Wirtschaftspolitik Carl Alexanders. Die evangelisch-pietistisch geprägten Landstände pochten vorwiegend auf alte Rechte, setzten sich durch und brachten Süß schließlich an den Galgen.

Süß' Verteidigung blieb nach den Worten von Haasis bei einem "knechtsseligen Anwalt" stecken. "Alles, was den württembergischen Horizont übersteigt, der sich auf die möglichst schnelle Exekution ausrichtet, bleibt tabu." Nicht einmal die Möglichkeit der Appellation an den Kaiser in Wien habe der Anwalt wahrgenommen. Dem Joseph Süß Oppenheimer - im
Prozeßverlauf plötzlich vom Geheimen Rat zum "Jud Süß" degradiert - wurde angelastet, was der Herzog mit Mißwirtschaft verschuldet, Süß allerdings als willfähriger Gefährte mitfinanziert hatte.

Der Jude mußte als Sündenbock für die absolutistischen Bemühungen des Herzogs herhalten; für die Landstände war das bequem. Die neue Regierung "brauchte sich nicht besonders um das Recht zu kümmern", schreibt Haasis. Bis zuletzt hatte Süß einen landesfremden Rechtsanwalt und ein öffentliches Verfahren gefordert. Am 9. Januar 1738 bestätigt der Oberrat das Todesurteil. "Das Urteil nennt keine Straftaten und verweigert eine Begründung (Haasis)."

Am Dienstag, 4. Februar 1738, beobachten mindestens 12 000 Menschen die Hinrichtung. Die evangelische Kirchenleitung hatte sogar gestattet, die beliebten Dienstaghochzeiten einen Tag vorzuverlegen. Militär war in und um Stuttgart in Bereitschaft. Ein Rabbiner wird dem Todeskandidaten bis zum Schluß verweigert; statt dessen ruft ein pietistischer Vikar Süß noch zu: "Du wirst in wenigen Augenblicken sehen... Jesus lebt!"

Unter heftigem Widerstand wird Süß über die Leiter zu einem eisernen, leuchtend rot gestrichenen Käfig gezerrt, der zwölf Meter hoch an einem Galgen befestigt ist. Dort zieht ihm Georg Franck, der 20jährige Sohn eines Scharfrichters aus Straßburg, von hinten einen Strick um den Hals.

"Süß wird nicht gehenkt, er wird erwürgt, von einem französischen Henker. Die Württemberger sind zu feige, einen der Ihren damit zu beauftragen", schreibt Haasis.

 
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