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Der Schutzfonds deutsche Wirtschaft wird konkret:
Bubis, Singer und Hombach zufrieden

Ignatz Bubis bewertet die Verhandlungen mit der Bundesregierung zur Bildung eines Entschädigungsfonds der Wirtschaft für ehemalige Zwangsarbeiter positiv und meint, dass eine Regelung bis September erreicht werden könne.

Bubis hatte zusammen mit Israel Singer, dem Generalsekretär des Jüdischen Weltkongresses, mit Kanzleramtschef Bodo Hombach verhandelt. Alle sprachen von Fortschritten und freuten sich über das gute Einvernehmen. Es gehe um eine religionsübergreifende Regelung für Zwangsarbeiter, die in den meisten Fällen osteuropäische Nichtjuden gewesen seien. Juden gehörten nach Sprachregelung der Entschädigungsverhandler überwiegend in die ebenfalls zu berücksichtigende Kategorie der Sklavenarbeiter.

Skeptisch über den geplanten Entschädigungsfonds für NS-Zwangsarbeiter hatte sich vor Kurzem der Historiker Michael Wolffsohn geäußert. Im MDR sagte er, die bisher bekanntgewordenen Pläne über die Verteilung der Gelder seien "unklar". Er befürchte, daß die Bundesregierung "den gleichen Fehler" mache wie frühere Kabinette: "Der Zukunftsfonds ist eher eine Subventionierung jüdischer Organisationen, vor allem in den USA". Das sei vielleicht legitim, man müsse es aber auch "klar sagen" und solche Fondes nicht unter so "irreführenden Überschriften wie 'Gerechtigkeit für die Opfer' laufen lassen". In den 50er Jahren und nach der Wende sei die Verteilung von Entschädigungen durch jüdische Organisationen "sehr ungünstig verlaufen", kritisierte Wolffsohn. Viele Opfer hätten daher größtes Mißtrauen gegenüber den Verbänden. Daraus resultierten zahlreiche Sammelklagen gegen Unternehmen: "Viele sagen sich: Lieber saftige Anwaltskosten - bei den jüdischen Organisationen bekommen wir möglicherweise gar nichts".

Die von der Bundesregierung eingesetzte deutsch-polnische Stiftung "Versöhnung" in Warschau verlangt ausdrücklich Mitsprache bei der Regelung für ehemalige Zwangsarbeiter. "Wir hoffen, daß die Vorschläge mit dem polnischen Außenministerium oder mit uns beraten werden, damit Fehler vermieden werden", sagte der stellvertretend Stiftungsvorsitzende und Ex-Verteidigungsminister Jan Parys im Gespräch mit dem 'Tagesspiegel'. Er forderte, alle Opfer müßten eine volle Entschädigung erhalten nach den gleichen Prinzipien wie betroffene Bürger der USA oder Israels. "Die Diskriminierung der Osteuropäer muß ein Ende haben".

Jacek Turczynski, Vorsitzender der Stiftung, hatte zuvor erklärt, die Zwangsarbeiter seien bereit, auf Sammelklagen zu verzichten, wenn die Entschädigung einigermassen zufriedenstellend sei. Dies könne schon mit einer Zahlung von 10.000 Mark pro Zwangsarbeiter, eine solche Summe entspräche ungefähr einem Monatslohn von weniger als 10-Mark (Tageslohn: 35Pfennig). Bei noch etwa 500.000 Überlebenden ergibt dies eine Summe von fünf Milliarden Mark. Offiziellen polnischen Schätzungen zufolge beliefe sich die Summe nicht ausgezahlter Löhne auf 45Milliarden Mark. Der geplante Fonds der deutschen Wirtschaft könnte nach Angaben des Münchner Anwalts von Zwangsarbeitern, Michael Witti, einen Betrag von etwa 2,6Milliarden Mark umfassen.

Bei solchen Zahlen ist es wahrhaftig kein Wunder, dass Kanzleramtsminister Bodo Hombach schon in Washington sehr zufrieden war, und vom "materiellen Schlußstrich" sprach. Auch die anwesenden Vertreter der dpa nahmen diese Formulierung, teils erfreut, teils erstaunt, zur Kenntnis, zumal dies "in Washington geschah, vor laufenden Fernsehkameras, im Beisein von Israel Singer und Robert Meed, zwei der weltweit einflußreichsten Repräsentanten jüdischer Organisationen der Verfolgten des Nazi-Regimes, die offensichtlich nichts an dieser Formulierung störte".

Singer meinte lediglich von einem "moralischen Schlußstrich" - englisch "bottom line" - werde man nie sprechen können. Aber die Entschädigungsfrage müsse nun endlich zu einem Abschluß - englisch "closure" - gebracht werden, und: "Wir bringen das zu einem Abschluß". Er lobte Hombach, der das Gefühl vermittelt habe, hier werde ein Problem nicht nur debattiert, sondern auch gelöst. Schliesslich hätten sie alle "gemeinsame Interessen".

Um diese gemeinsam anzugehen wird wohl eine privatrechtliche "Stiftungsinitiative deutscher Unternehmen: Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" in's Leben gerufen werden. Eine weitere Kasse solle als "Stiftung Erinnerung und Zukunft" internationale Projekte fördern. Geführt werden solle der gemeinsame "German Memory Fund" von zwei Präsidenten. Im Gespräch sind derzeit Ignatz Bubis und der scheidende Bundespräsident Roman Herzog.

Nach Bubis' Einschätzung warten in den USA etliche Anwälte begierig darauf, die Entschädigungsdebatte mit Geldforderungen auszunutzen: "Da gibt es einige schwarze Schafe, die der deutschen Industrie noch zu schaffen machen könnten", so Bubis.

Wohl deshalb sollen sich, nach Vorstellung der Initiatoren der "Versöhnungsstiftung, die Empfänger der Entschädigungen zum "Verzicht auf den Klageweg" verpflichten. Ausserdem soll die US-Regierung dazu bewegt werden, "innerstaatlich die notwendigen Schritte zu unternehmen", um Klagen von Zwangsarbeitern gegen deutsche Konzerne zu verhindern.

Mit einem baldigen Abschluß dieser Angelegenheit rechnet auch Rolf Breuer, Chef der Deutschen Bank. Er musste zwar zugeben, dass man sich "vielleicht auch vor der Vergangenheit - in den ersten 50 Jahren nach dem Krieg - etwas gedrückt" habe, aber inzwischen kann es sich die Deutsche Bank ja zugute halten, dass "von der Bank selbst geförderte Wissenschaftler" herausgefunden haben, daß das Geldhaus an der Baufinanzierung des Vernichtungslagers Auschwitz beteiligt war. Mindestens neun Kilometer Akten, die laut Breuer jetzt erst zugänglich wurden, harren noch der Sichtung. "Keiner kann also ermessen, wie lange wir in der deutschen Wirtschaft noch brauchen, zur Aufarbeitung" des NS-Regimes. Viele Archive in Osteuropa seien noch nicht einmal offen.

Auf Protest stieß bei den Beratungen eine Regelung Ungarns, das die einmalige Entschädigungen für NS-Opfer von 5.000$ au 150$ reduziert habe. Lediglich Opfer des kommunistischen Regimes sollten weiterhin 5.000$ erhalten. Bubis kündigte eine Intervention bei der Regierung in Budapest an. Auch der ungarische Regierungschef Horn ist als einer der Präsidenten der 'grossen Stiftung' im Gespräch.

haGalil onLine - Dienstag 09-03-99

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