Je ferner desto besser!
Taugt die ADL auch zum Feigenblatt für Diepgen?
Berlin - Zu Gesprächen über die Erziehung zu Toleranz und
Bekämpfung des um sich greifenden Neonazismus hat Bundespräsident Roman
Herzog am Freitag in Berlin eine Delegation der amerikanischen
Anti-Defamation League (ADL) empfangen. Man habe sich Gedanken darüber
gemacht, ob es nicht möglich wäre etwas gegen die immer häufiger und
aggressiver werdende NS-Propaganda - auch im deutschsprachigen Internet - zu
unternehmen.
Nachdem das Thema weiträumig umstreift worden war, gab es am Schabbat
um 13.30h einen schicken Fototermin mit dem regierenden Bürgermeister
Diepgen. Dieser kann solchen Beistand derzeit gut gebrauchen, da die
Nichtentscheidung zum Thema 'Holocaust-Denkmal / Berlin' für heftige
Kritik an Deutschlands profiliertestem Wendehals führte.
Die Delegation unter Führung von Abraham Foxmann kommt also gerade
recht. Die Anti Defamation League ist seinem Jahr in Europa vertreten.
Das Büro in Wien wird von der Lauder-Stiftung finanziert. Etwas
wunderlich ist in diesem Zusammenhang, dass sich unter derselben Adresse
auch die Lauderstiftung selbst findet.
Die Stimme der ADL ward erst kürzlich - erstmals In Österreich - zu
vernehmen. Ein Jahr lang war es extrem ruhig, die auffällige Freude
österreichischer Politiker über die Präsenz der ADL, deren Direktorin
früher Jubelbroschüren für den Bundespressedienst über Juden in
Österreich verfasste, schien den Verdacht zu bestätigen, hier sei ein
günstiger HECHSCHER (Koscherzertifikat) eingekauft worden.
Doch Haiders neuerlicher Aufstieg ist sogar für die ADL zuviel des
Schlechten, und so meldete sich dann auch Frau Halpern einmal zu Wort.
Das Büro in Wien sei vornehmlich für die Arbeit des ADL in Osteuropa
zuständig. Allerdings verkündet die Direktorin des Büros auf Anfrage,
ihre Stelle sei u.a. nicht für die Baltischen Republiken zuständig. Auch
mehrere Anfragen an die Zentrale in New York erbrachten keine
substantielle Antworten.
Wer nun wofür genau nicht zuständig ist, sei also dahingestellt. Mit
dem Aufmarsch der SS-Veteranen
in Riga will man sich nicht auseinandersetzen, viel publicityträchtiger
ist da schon eine Ehrung des lettischen Präsidenten.
Wie ernst man beim ADL das Thema Antisemitismus und NeoNazismus nimmt,
zeigt sich auch im schludrig verfassten 'ADL-Bericht über Antisemitismus
in der Welt', welcher in Zusammenarbeit mit dem Jewish World Congress
erstellt wurde, und - wie Gisela Blau in der
JR
bereits berichtete - grobe Fehler aufweisst.
Während seines Aufenthalts in Europa, traf Mr. Foxmann auch
Innenminister Schily, Parlamentspräsident Thierse und Außenminister
Fischer.
Nach eigenen Angaben setzt sich die ADL, gemeinsam mit grossen
deutschen Medienkonzernen, auch mit dem immer brisanter werdenden Thema
'Nazi-Propganda im Internet' auseinander. Es heißt, man biete seit 1992
ein Fortbildungsprogramm für Lehrer an. Die Zusammenarbeit mit
Bertelsmann sei in diesem Zusammenhang von so großer Bedeutung, dass die
ADL einen Preis für die Chefs des größten deutschen Verlages ausloben
wird. Vielleicht kann man ja behilflich sein, beim Kaschieren der
zutagegetretenen Erinnerungslücken im Hause
Bertelsmann.
Bester Kontakt besteht auch zum Burda-Konzern. Die Leiterin des Büros
in Wien ist gleichzeitig "FOCUS"-Korrespodentin in Wien. Die nunmehrige
Pressesprecherin der Lauderstiftung Martha Halpert konnte so auch im
Konflikt zwischen Bubis und dem Focus-Herausgeber vermitteln, als sich
der Vorsitzende des Zentralrates der Juden in Deutschland über einen in
der Tendenz antisemitischen Bericht im FOCUS erregte. Das Wort
"Interessenskonflikt" scheint es im Vokabular der ADL nicht zu geben.
SLW
haGalil onLine - Dienstag
23-03-99
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