Franz Fuchs:
Serie von Eklats bei Strafprozess gegen
Briefbombenattentäter
Anton Legerer, Jr. /
anton@hagalil.com
Zur Halbzeit des Strafprozesses gegen Franz Fuchs im Grazer
Landesgericht macht sich Ernüchterung breit. Der 49jährige Angeklagte,
der vom 3. Dezember 1993 bis zu seiner Ergreifung am 1. Oktober 1997 in
unregelmässigen Abständen Bomben versandt bzw. hinterlegt haben soll
(prominentestes Opfer war der damalige Wiener Bürgermeister Helmut Zilk
sowie zwei Nationalratsabgeordnete der Grünen), benutzt den Gerichtssaal
zu seiner Profilierung und zur weiteren Bedrohung der demokratischen
Rechtsordnung. Mit thematisch weit gestreuten und staccato geschrieenen
Parolen, die undemokratische und antisemitische Inhalte ebenso umfassen
wie profane Aussagen über Blondinen, erreichte Fuchs, dass der Prozess
bisher in seiner Abwesenheit geführt wurde.
Prozessbeteiligte sprechen von einer absichtlichen
Taktik, die Fuchs die Teilnahme am Prozess - und die Konfrontation mit
den Opfern bzw. den Hinterbliebenen der vier durch eine Bombenfalle
ermordeten Roma - aber auch die Rechtfertigung und Verantwortung
gegenüber der Öffentlichkeit erspart (für die Prozessführung werden
Fuchs' Aussagen in der Voruntersuchung herangezogen).
Die - bisher - unterbliebenen Aussagen und
Rechtfertigungen des Angeklagten haben neue Spekulationen evoziert. Die
rechtsextreme Haider-FPÖ vermutet - ebenso wie die auflagenstärkste
Boulevardzeitung ("Kronenzeitung") und die konservative "Presse" -
Mittäter und Anstifter Fuchs' im linksextremen Milieu, während allgemein
ein Naheverhältnis des Angeklagten zu rechtsextremen Gruppen vermutet
wird, und das, obwohl die Voruntersuchung keine Beweise für weitere
Täter, sondern zahlreiche Indizien für eine Einzeltäterschaft erbracht
hatten.
Unter diesen Voraussetzungen ist der Ausgang des
Prozesses unsicherer denn je, wobei sich das Gericht die Frage gefallen
lassen muss, warum der Angeklagte nicht - wie bei Terroristen- oder
Kriegsverbrecherprozessen international üblich - hinter einer mit
Lautsprecher und Mikrophon versehenen Glaskabine vorgeführt wird, sodass
er dem Prozessgeschehen beiwohnen und zu seiner Verantwortung befragt
werden kann, ohne die Möglichkeit durch Rufen von "Kampfparolen" den
Prozessverlauf zu stören.
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Dienstag 16-02-99 |