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Nachruf:
Rabbiner Pinchas Paul Biberfeld s.A.

Berlin 31. Oktober 1915 – London 23. Januar 1999

Mit großer Bestürztheit und tiefer Trauer haben wir, die Freunde und Verehrer, vom Ableben unseres viel geschätzten Rabbiners Pinchas Paul Biberfeld erfahren.

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Pinchas Paul Biberfeld
(Berlin um 1928; dritter von rechts)
(c) Dokumentations-Archiv, Chaim Frank

Am 31. Oktober 1915 wurde Pinchas Paul im Hause Biberfeld zu Berlin geboren. Der Vater, der bedeutende Dr. Chaim Eduard Biberfeld, war Rabbiner, Talmud-Gelehrter und Arzt, und gehörte zu den Mitbegründern der deutschen Agudas Isroel-Bewegung. Pinchas Paul wuchs also in einer g’tesfürchtigen, von Tora und Liebe geistig geprägten Atmosphäre auf, in der sich sein späterer Werdegang, natürlich als Rabbiner und Lehrer, nachhaltig abzeichnete.

Rabbiner Pinchas Paul Biberfeld war, neben Talmud und Tora, ein überaus gebildeter Meister, der sich in weltlichen Fragen ebenso auskannte, wie auf dem Gebiet des Schöngeistigen, wie etwa Literatur, Kunst und Kultur. Davon abgesehen war Rabbiner Biberfeld ein wortgewandter und geistvoller Redner, der jeden sogleich durch seinen Geistesblitz und Witz in den Bann zog.

Mit großem Eifer und Bravour absolvierte er das berühmte Rabbiner-Seminar des Elieser Hildesheimer zu Berlin, wo er 1938 durch den damaligen Rektor, den viel gerühmten Rabbiner Dr. Jechiel Weinberg, seine Smicha bekam. Nach der Machtergreifung Hitlers und dem kollektiven Wegsehen der nichtjüdischen Gesellschaft begann für viele Juden ein unerträglicher Leidensweg, auch für die Familie Biberfeld, die bis zu ihrer Emigration im Jahre 1939, nach Palästina, viel zu erdulden hatte. In Erez Israel, wo noch im gleichen jahr der geliebte Vater starb, setzte Pinchas Paul Biberfeld seine talmudischen Studien in den anerkannten Jeschivot, Kol Tora und Hebron, fort. Wenig später heiratete er in Jerusalem die Tochter des Rabbiner Zwi Arje Twerski s.A., jenes Rabbiners von Zlotopoly, der aus der hochgeachteten Dynastie zu Rizschin gehörte. Die Akzeptanz eines ‘Jeken‘, wie die deutschen Juden genannt wurden, darf als eine gewisse Auszeichnung für die Persönlichkeit des jungen Pinchas Paul Biberfeld betrachtet werden.

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Titelblatt von haNe'eman

In Tel Aviv gründete Rabbiner Biberfeld bereits in den frühen fünfziger Jahren die Schule Kolel Zlatopoly-Czortkow, für junge, überaus begabte Studierende, die ihr Leben einzig und allein dem Talmud-Studium widmeten. Die Schule leitete er rund dreißig Jahre lang und gab ferner noch die talmudischen Informationen HaNe‘eman heraus, die er gleichzeitig auch redigierte. Die religiöse Schriftenreihe besaß hohes Niveau, vor allem daher, weil bedeutende und viel gerühmte talmudische Gelehrte, wie etwa der »Chason Isch«, »Brisker Rav« und andere darin ihre Responsa veröffentlicht hatten.

1982 wurde Rabbiner Biberfeld, als Nachfolger von Rabbiner Hans Isaak Grünewald (der ebenfalls kürzlich in London verstarb), nach München berufen. In seiner Einführungsrede sagte der damalige Gemeindepräsident, Dr. Hans Lamm, u.a.: »Sie, verehrter Herr Rabbiner, treten in eine Reihe erlauchter Lehrer und Diener unserer Gemeinde ein. Diese Tradition werden Sie mit neuem Leben erfüllen: die Tradition des Forschens und Lehrens. Sie werden auch mitwirken in der vielfältigen kulturellen Renaissance, nach der wir uns sehnen. (...) Dafür sind wir Ihnen verpflichtet und dankbar.«

Diese Tradition, aber auch die ‘kulturelle Renaissance‘, von der Dr. Lamm sprach, füllte ‘unser Rav‘ mit seinem Geist und seiner Persönlichkeit vollkommen aus. Noch gerne erinnert man sich an Gespräche mit ihm, an seine Ansprachen, an seine Lehrstunden – ob sie nun in der Synagoge, im Jugendzentrum der IKG oder in seiner gemütlichen Wohnung in München stattfanden. Die Freitag-Abende, die Schabbat-Nachmittage, die hohen Fest und Feiertage, die man bei ihm oder gemeinsam mit seiner Familie verbringen durfte waren wunderbare und lehrreiche Ereignisse für jedermann und werden nachhaltig für viele unvergessen bleiben.

Immer hatte er ein Ohr für jeden – und seine gastfreundlich und zugänglich Art im Umgang mit Menschen, bleiben ebenfalls unvergeßlich, vor allem in verschiedenen Anekdoten, die sich Freunde und Bekannte über Rabbi Biberfeld zu erzählen wußten. Seine Persönlichkeit, sein Charakterzug und sein wertvoller Rat – und seine hilfreiche Taten! – brachten ihm große Sympathie bei allen Menschen entgegen.

Ab 1990, nach dem Rabbiner Jizchak Ehrenberg das Amt des Gemeinderabbiners in München übernahm, setzte sich Rabbiner Biberfeld aber noch lange nicht zur Ruhe. Zu viele Menschen bedrängten ihn: sei es um Rat und Tat, sei es wegen Vorträgen und Einführungen zum Judentum – und davon abgesehen waren seine Schiurim ein wichtiger Bestandteil innerhalb der jüdischen Gemeinde.

In den letzten zwei Jahren verschlechterte sich der gesundheitliche Zustand, und auch eine Operation führte nicht zur erhofften Linderung. Schließlich, zur Jahreshälfte 1998 trat eine Verschlimmerung seines Zustandes auf, so daß sich sein Sohn, ebenfalls ein anerkannter Rabbiner, entschloß den Vater zu sich nach London zu holen.

Wir, die ‘unseren Rav‘, Pinchas Paul Biberfeld, sehr gut kannten, ihn überaus verehrten und viele Stunden bei und mit ihm verbringen durften, können es immer noch nicht fassen, daß er – unser geistiger Meister – von uns gegangen ist.

Zu viele Dinge wollten wir noch von ihm wissen – zu viele Fragen liegen uns noch auf dem Herzen, die wir von ihm, mit seiner bedächtig sonoren Stimme gepaart mit scharfem Geist, beantwortet haben wollten.

Inzwischen wurden, seinem Wunsch entsprechend, die sterblichen Überreste nach Israel überführt, wo – wie wir vernahmen – die Lewaje ersten halt in Tel Aviv machte und ein beachtlicher Anteil rabbinischer Persönlichkeiten ihm die letzte Ehre erwies. Am Ölberg zu Jerusalem fand die Beerdigung statt und in den Trauerreden wurden seine reichhaltigen Verdienste gewürdigt.

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Cover zum Buch
(c) Dokumentations-Archiv
Chaim Frank

Es war ein interessantes und segensreiches Leben, welches den Namen Pinchas Paul Biberfeld trug und sich zwischen 1915 und 1999 spannte. Für alle, die ihn kannten, wird er ein unvergeßlicher Mensch, Lehrer und Meister bleiben; und, wir werden seine Worte in unseren Herzen als wertvollen Ojzer für immer behalten.

Es ist nur schade, daß Rabbiner Biberfeld sein Vermächtnis, das er schriftlich und gesprochen uns hinterließ, und bald in dem Buch: »Rabbiner Pinchas Paul Biberfeld – Erinnerungen, Biographische Notizen, Kommentare und Anekdoten« erscheinen soll, nicht mehr erleben konnte. Das Manuskript liegt bereits vollständig vor, doch es fehlen alleine noch die entscheidenden finanziellen Mittel, um es zu verwirklichen. Um so mehr hoffen wir aber auf Spender und Gönner, die es uns ermöglichen das vorhandene Manuskript als Buch, im Sinne unseres Rabbiners, herauszugeben.

Chaim Frank, München, den 1. Februar 1999
© Chaim Frank (Dokumentations-Archiv, München)

Eines der letzten Interviews mit Raw P. Biberfeld

haGalil onLine - Mittwoch 10-02-99

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