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Genug gestammelt:
Es reicht, es reicht, es
reicht!
"Genug" war das Waehlerurteil bei den
Regionalwahlen. Die Ergebnisse zeigen, dass ein tiefgreifender Wandel der
oeffentlichen Meinung stattfand. Man ist der stotternden Parteien müde, die
dieses wollen und gegen alles und jedes sind, die ihre Positionen jeden
Morgen nach den neuesten Meinungsumfragen aufs neue aendern. Man ist der
Politiker leid, die bereit sind, laute Ankuendigungen ueber irgend etwas zu
machen und keinen Trick scheuen, um eine kleine Schlagzeile oder einige
Minuten in einer Talk Show zu bekommen
Diese gesamte Struktur ist kurz vor dem
Zusammenbruch. Die Oeffentlichkeit sehnt sich nach einer Partei, die zu
ihren Zielen steht und nach Individuen, die ihren Ideen treu bleiben. Man
will keine professionellen Politiker mit aufgeblasenen Egos und wenig
Intellekt. Man will vertrauenswuerdige Menschen. Netanyahu und seine
Kohorten sind nicht notwendigerweise die einzigen Verantwortlichen fuer
diese Reaktion der Oeffentlichkeit. Aber sie haben das Ganze sicherlich am
meisten verschaerft. Das ist die erste Folgerung.
Die Öffentlichkeit will Mut. Die Öffentlichkeit
will Wahrheit.
Die zweite Folgerung ist, dass der Kampf
zwischen dem religioesen und dem saekularen Sektor um die Seele des Landes
jetzt den Hauptschauplatz unseres Lebens eingenommen hat. Die Spaltung
zwischen beiden wird staendig weiter und tiefer, trotz dem Geschwaetz ueber
"die Herzen zueinander bringen" und "gegenseitiges Verstaendnis".
Trotz der internen Zwistigkeiten, schliessen
sich die Reihen des haredi-religioes-messianischen Lagers, wird es zu einer
vereinten drueckenden Kraft, die den von uns gegründeten demokratischen,
liberalen und saekularen Staat bedroht.Endlich bildet sich dagegen ein
kampfbereites saekulares Lager, das damit auf die aggressive Art des
religioesen Lagers reagiert. Safi Rakhlevsky´s augenoeffnendes Buch "The
Messiah´s Donkey" kam gerade zur rechten Zeit.
All das ist besonders offensichtlich in
Jerusalem. Der religioese Block erhielt 15 von 31 Mandaten des Stadtrates.
Obwohl Ehud Olmert, ein Politiker ohne Skrupel und Hemmungen, zum
Buergermeister gewaehlt wurde (zum letzten Mal), hat er seine Macht ueber
den Rat verloren. Dasselbe gilt für die Arbeitspartei. Im Gegensatz zu
diesen hat die kleine Splittergruppierung von Ornan Yekutieli, ein
kaempferischer Saekularer, zusammen mit Meretz sieben Mandate erlangt, mehr
als Likud und Arbeitspartei zusammen.
In Tel Aviv haben drei kleine, strikt saekulare
Fraktionen neun Mandate erlangt, im Gegensatz zu den Verlusten der zwei
grossen Parteien.
Religion und Staat
Die naechsten Parlamentswahlen geben die
ungeheuere Chance fuer eine neue saekulare, kaempferische Partei, die einen
erbitterten Kampf gegen die "schwarze Revolution" der ultraorthodoxen
Extremisten fuehren wird. Nicht mehr Roni Milos, nicht mehr
Lipkin-Schachaks, keine Politiker, die den schnellen Erfolg aus populaeren
Themen ziehen wollen, sondern eine Partei von energischen jungen Menschen,
die eine eindeutige Plattform schaffen werden, in deren Mittelpunkt die
Trennung von Religion und Staat steht, im Geiste der amerikanischen
Verfassung.
Das wuerde bedeuten: Die Errichtung eines
einheitlichen Erziehungssystems fuer alle israelischen Kinder, welches die
elementaren Werte an alle weitergeben wuerde, waehrend die verschiedenen
Botschaften der einzelnen Sektoren nur ein Zusatz waeren. Die Aufhebung der
Ausnahme der Wehrpflicht fuer Yeshiva-Studenten. Die Aufhebung der
staatlichen Unterstuetzung fuer Yeshiva-Studenten und Myriaden von
Parasitenorganisationen, die uns melken. Oeffentliche Verkehrsmittel sieben
Tage die Woche. Zivile Heirat und Scheidung. Das Abbrechen der Finanzierung
von "religioesen Raeten" durch die lokalen Behoerden, anstatt von
freiwilligen Institutionen, die Gottesdienste nach Einzelbezahlung anbieten.
Die Aufhebung der religioesen Restriktionen auf Essen, Autopsien, etc.
Schalom al Iruschalajim
Der Kampf um den Frieden ist ein Teil des
Kampfes um die Seele der Nation. Das messianisch-religioese Lager, das die
aggressive Siedlerbewegung kontrolliert, fuehrt jetzt den Kampf gegen den
Frieden. Genau diese Bewegung naehrt die extreme Rechte mit ihrer
ideologischen und politischen Kraft. Auch hier brauchen wir eine
kaempferische saekulare Partei, die die Dinge einfuehlsam regelt, ohne
stottern und abweichen. Ein Grossteil der Oeffentlichkeit versteht bereits,
dass es einen palaestinensischen Staat geben wird, Seite an Seite mit dem
Staat Israel. Man muss klar feststellen: Die Siedlungen sind eine Gefahr
fuer das Ueberleben des Staates, und sie muessen aufgegeben werden. Das Ende
des Krieges diktiert die Rueckgabe aller 1967 besetzten Gebiete. Jerusalem,
das Symbol des Friedens und der Aussoehnung, muss Hauptstadt beider Staaten
sein.
Halb-Wahrheiten,
Ausfluechte oder schlaue Tricks werden nicht mehr laenger funktionieren.
Keine Erklaerungen von Ehud Barak mehr, die weder das eine, noch das andere
sind. Keine Stellungnahmen von Yossi Sarid mehr, dass der "Block der
Siedlungen" unter israelischer Kontrolle bleiben muss, dass der
palaestinensische Staat auf "mehr als 90% der West Bank gegruendet werden
muss", oder dass er "nicht freiwillig die Absicht, Jerusalem zu teilen
bekanntgeben werde". Die Oeffentlichkeit will Mut. Die Oeffentlichkeit will
Wahrheit.
Wenn ich einige Jahre juenger waere, wuerde ich
selbst eine solche Partei gruenden. Aber das ist die Aufgabe der jungen
Generation. Unsere Rolle ist es, sie zu unterstuetzen. Die jungen Leute
muessen die Fahne aufrollen, und von deren Reihen aus kann sich in der
naechsten Kneseth eine Fraktion bilden, die den Kampf aufnimmt.
Uri Avnery,
23.11.98
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