Daraus wurde bekanntlich nichts. Das
israelische Außenministerium hatte zumächst - allerdings zu Unrecht -
befürchtet, an Bord des Lufthansa-Fluges LH 690 befände sich auch
DDK-Vorsitzender Joachim Siegerist. Dieser war zuletzt im November
vergangenen Jahres in Hamburg wegen Aufstachelung zum Rassenhaß und
Volksverhetzung zu einer Haftstrafe von 21 Monaten auf Bewährung
verurteilt worden - ein Verdikt, gegen das Siegerist jedoch Revision
eingelegt hat. Zudem ist sein Verein spätestens seit dem
Verfassungsschutzbericht 1995 einschlägig als "rechtsextremistisch"
bekannt.
Wie sich im Laufe des 10. November
herausstellte, war es dem israelischen Außenamt vor allem um Siegerist
gegangen, bei dem es sich um einen "politisch aktiven Rassisten des
extremen rechten Flügels" handle, der nicht nach Israel eingelassen
werden dürfe (Saarbrücker Zeitung, 11.11.98; dpa-Meldung, 10.11.98)
Entsprechende Hinweise an die Lufthansa
führten dazu, daß Flug LH 690 am Abend des 9.November außerplanmäßig in
Istanbul unterbrochen wurde, wo die 33 Personen zählende DDK-Gruppe auf
Drängen der Fluggesellschaft die Maschine verließ. Ihr Leiter,
CDU-Rechtsaußen und Ehrenvorsitzender der DDK Heinrich Lummer,
berichtete der Berliner Morgenpost anschließend, man habe sie "geradezu
bekniet, nicht weiterzufliegen, 'um einen schweren diplomatischen
Zwischenfall' zu vermeiden". Lummer empört: "Da fragen sich doch die
anderen Passagieren, ob wir Terroristen sind" (11.11.98).
Steif und fest haben Siegerist und Lummer
inzwischen beteuert, daß sich entgegen den Behauptungen der Jedioth
Achronoth vom 9.November unter den Mitgliedern der Reisegesellschaft
weder alte noch neue Nazis befunden hätten (z.B.: Hamburger Abendblatt,
Stuttgarter Nachrichten, Kölner Stadt-Anzeiger, Stuttgarter Zeitung,
alle 11.11. 98). Soweit bekannt, sollen die meisten Teilnehmer der
Gruppe zwischen 60 und 80 Jahre alt gewesen sein.
Weniger klar scheint dagegen zu sein, was das
Ziel des zehntätigen Aufenthalts gewesen wäre. Lummer hat abwechselnd
von einer "Pilgerreise" (Pforzheimer Zeitung) einer "Bildungsreise"
(Berliner Zeitung) oder einem Besuch "der religiösen Stätten des
Christenheit" (Main-Echo) gesprochen, Siegerist hingegen von einer
"Studienreise an biblische Stätten" (Stuttgarter Zeitung, alle
11.11.98).
Auch das hauseigene DDK-Werbematerial will
sich da bei einem Teilnahmepreis von 3.780 DM pro Person nicht so genau
festlegen:
"Es ist wirklich eine großartige Reise. LUFTHANSA-Flug und
wunderbare Unterkünfte (die sichersten) in Israel. Wir sehen die
schönsten Plätze des Landes - mit den besten und erfahrensten
Reiseleitern. Ärztliche Begleitung rund um die Uhr. Alles wird auch auf
solche Teilnehmer abgestimmt, die nicht mehr so gut zu Fuß sind. Die
Reise kann auch in drei Raten gezahlt werden.
Israel ist immer die schönste von uns angebotene Reise im ganzen
Jahr. Das Klima im November ist in Israel frühlingshaft. Für
Klein-Verdiner vermitteln wir Zuschüsse zur Reise. Wer an Geschichte,
Religion oder Politik interessiert ist - diese Reise ist wirklich fast
ein 'Muß'".
Vor zwei Jahren allerdings versprach das
Programm einer ähnlichen Reise nach Israel auch noch Treffen mit "politischen
Freunden von der Likud-Partei" (diese gingen allerdings schnell auf
Distanz, als das Vorhaben publik wurde und Hinweise auf die politische
Ausrichtung Siegerists eingingen; Focus, 18.11.96).
Das Medienecho auf die geplatzte Israel-Reise
der DDK hat freilich auch zur Folge gehabt, daß ein Thema nach oben
getragen wurde, das Siegerist in den letzten Jahren ab liebsten
kleingehalten hätte. Es wurden nämlich Journalisten beim Bundesamt für
Verfassungsschutz in Köln vorstellig, die erfahren wollten, was es mit
dem Vorwurf des Rechtsextremismus gegen den Hamburger Verein auf sich
habe. Die Auskunft der Behörde: die Gruppierung sei seit Jahren als
"rechtsextremer Zusammenschluß" bekannt. Der Umstand, daß sie seit 1996
nicht mehr in den alljährlichen Berichten des Verfassungsschutzes
auftauche, bedeute allerdings mitnichten, daß der Verein nicht mehr
aktiv ist (Pforzheimer Zeitung, 11.11.98).
Ganz so sicher, wem er da ehrenvorsitzt,
scheint Lummer im übrigen nicht zu sein. Noch am Abend des 9.November
erklärte er in Istanbul, bei der DDK handle es sich weder um eine Partei
noch um einen eingetragenen Verein (Pforzheimer Zeitung, 11.11.98).
Dabei braucht es nur einen Blick in die Akte 11049 des Vereinsregisters
am Amtsgericht Hamburg, um festzustellen, daß die DDK ein ordentlicher
eingetragener Verein ist.
Vor dem Hintergrund der Auskunft aus dem
Bundesamt für Verfassungsschutz darf man gespannt sein, was denn aus der
Ankündigung Siegerists wird, er wolle nicht von der Absicht lassen, am
15.November selber nach Israel zu reisen (Stuttgarter Nachrichten,
11.11.98). Die Botschaft des Staates Israel in Bonn hat allerdings
deutlich gemacht, daß es bei dem Einreiseverbot für den DDK-Chef bleiben
wird: "Er hat das einmal versucht, er kann es ein zweites Mal versuchen
- das Ergebnis wird dasselbe sein" (junge Welt, 12.11.98).
Siegerist, der in seinen propagandistischen
Feldzügen gegen alle, die ihm irgendwie links deuchen, nie davor
zurückgeschreckt hat, auch noch zu den ehrenrührigsten Unterstellungen
zu greifen, scheint sich in dem Wirbel um die geplatzte Israel-Reise der
DDK allerdings als eine ausgesprochen mimosenhafte und prozeßfreudige
Natur zu erweisen. Mal droht er Jedioth Achronoth eine Klage an (junge
Welt, 12.11.98), mal erwartet er "von Israel eine Entschuldigung und
eine neue Einladung. Sonst werde ich Israel auf 140.000 Mark verklagen"
(Ma'ariw laut tageszeitung, 12.11.98).
Im übrigen: dafür, daß die vom
Verfassungsschutz als "rechtsextremer Zusammenschluß" eingestufte DDK
ausgerechnet zum 60.Jahrestag der sog. Reichsprogromnacht ihre Reise
nach Israel antreten sollte, machen der Vorsitzende und der
Ehrenvorsitzende der Vereins, Siegerist und Lummer, unisono... ein
israelisches Reisebüro verantwortlich (Hamburger Abendblatt, Berliner
Zeitung, jeweils 11.11.98).
Schließlich eine Meldung aus Riga: nach der
verheerenden Niederlage bei den letzten Wahlen zum lettischen Parlament
hat die Gruppierung "Volksbewegung Für Lettland (Siegerist-Partei)" am
11.November ihre weitere Tätigkeit ausgesetzt (Diena, 12.11.98). Noch
1995 hatte sie unter dem Mitvorsitz von Siegerist ca. 16% der Stimmen
erlangt, war aber bei dem diesjährigen Urnengang am 3. Oktober auf etwa
1,7% zurückgefallen. Von den westlichen Medien schon weitgehend
unbeachtet, hatte Siegerist bereits in der Wahlnacht die Konsequenzen
aus dem Debakel gezogen und sein Parteiamt in Lettland niedergelegt.
Ojars J. Rozitis
Korrespondent der Tageszeitung DIENA (Riga, Lettland) für
haGalil aus Münster
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