antisemitismus.net / klick-nach-rechts.de / nahost-politik.de / zionismus.info
haGalil onLine - http://www.hagalil.com

  

hagalil.com

Search haGalil

Veranstaltungskalender

Newsletter abonnieren
e-Postkarten
Bücher / Morascha
Musik

Koscher leben...
Tourismus

Aktiv gegen Nazi-Propaganda!
Jüdische Weisheit
 
Archivierte Meldungen aus den Jahren 1995 - 1999
haGalil onLine Mit der Hilfe des Himmels

Nachrichten

haGalil onLine

Kulturförderung in Gutsherrenmanier:
Vom Zensor ersatzos gestrichen

Die vom Verein 'ART & weise' für den Katalog zur Ausstellung
"Nashorn macht Schule - Künstlerische Arbeiten anders begabter SchülerInnen"
in der vom Abgeordnetenhaus unterhaltenen 'galerie im parlament'
vorgeschlagenen Texte. (Anlage-3)

Vom Kunstwert

Dem Berliner Abgeordnetenhaus ist zu danken und zu gratulieren. Nach den auffällig gut konzipierten Ausstellungen "Vertraute Fremde" und "Berlin - Stadt der Frauen" bringt seine "Galerie im Parlament" abermals bildende Kunst von Belang und Qualität vor die seh-süchtigen Augen der regierten und regierenden Berliner Öffentlichkeit.

Selbst flüchtigen und eiligen Besucherinnen und Besuchern des Hauses wird mensch demnächst nicht vorhalten können, daß sie irren, wenn sie sich zu erinnern meinen, gerade eben und hier Arbeiten von Lüpertz, Immendorf oder zumindest Rainer gesehen zu haben. Denn die Bilder und Skulpturen von Charmaine, Jenny, Mandy, David, Luisa, Beatrice, Juliane, Jessica u. a. berühren und faszinieren nicht minder: durch existenzielle Dreingabe, Gegenwärtigkeit im Stilistischen, Beherztheit in der Abstraktion, formale Souveränität, gestalterische Intelligenz und große Leichtigkeit in der ironischen und selbstironischen Verkürzung. Manches mutet - durch den präzis getimten Abbruch vor der Vollendung - meisterlich an...

Es spricht eben nicht gegen, sondern für - beispielsweise - Immendorf, Rainer, Lüpertz, Kerma, Caturelli, Fretwurst, Pohl, Aus dem Kahmen, Feistel, Sgonina, Woisnitza, Lazeanu, Faller, Sabelus, Mields-Kratochwil, Emric u.a., daß sowohl Intention als auch Form, Farbe und Duktus ihrer Arbeiten im Blick auf die hier versammelten Kreationen scharf assoziiert und erinnert werden können. Jede künstlerische Wahrheit zielt - bei aller Singularität - letztlich geradewegs aufs Allgemeine, aus dem sie unbehebbar herkommt. (Exklusivität - die Crux des Kunstbetriebes - ist weder ihr Kriterium, noch ihr Problem.) So liegt der Reiz dieser Ausstellung nicht zuletzt darin, daß sie auf eine didaktisch noble und plausible Art und Weise auch Seh- und Erkenntnishilfe leistet: für die auf dem gesellschaftlichen Olymp zwar hochgepriesene, in der gesellschaftlichen Breite jedoch zumeist schon um ihre bloßen Entstehungskosten betrogene Kunst der Gegenwärtigen.

Der Titel "Nashorn macht Schule" ist keine hinterfotzige Metapher für die Gewalten der gegenwärtigen Berliner Kultur- oder Schulpolitik. Er verweist vielmehr auf Bleibendes: auf das segensreiche Wirken der Helene Haeusler, die lebenslang aus Nessel und Leder wunderbar robuste Dinge herstellte: z. B. Nashörner, dickhäutiges Getier zur Ertüchtigung und Bewahrung des allzeit empfindsamen Hand-, Herz- und Sitzfleisches zarter Gemüter.

Jürgen Rennert

Von der Gleichwertigkeit

Arthur Schnitzlers provokante Sentenz "Mitleid ist das Alibi der Hartherzigen" benennt auch die Misere unseres Umgangs mit Menschen, die wir in gnadeloser Barmherzigkeit durch die groben Raster tradierter Normierungen fallen lassen, um sie erst sehr viel weiter unten wieder aufzufangen. Mehr und mehr verkommt der Begriff "geistig behindert" zum Pejorativ. Richterliche Urteile in Sachen "Unzumutbarkeit" trugen in jüngerer Zeit ihr Scherflein dazu bei. Dabei wissen wir alle um die Erklärungs- und Beschreibungsnot, in die wir geraten, wenn wir die Art der geistigen Behinderung unserer Tochter, unseres Sohnes, unserer Freundin, unseres Freundes deutlich beschreiben und benennen sollen. Fast alles, was uns da spontan einfällt, läßt sich mit einem beherzten "Na und?" entkräften und hinterfragen: "Sie sagt immer alles, was sie denkt", "Er hat einfach kein Gespür dafür, wann Schluß sein muß", "Sie giert nach Erfolg und Anerkennung", "Er nimmt sich alles, was er braucht..." (Aussagen wie diese läsen sich im Fragebogen mancher Führungskraft in Industrie und Wirtschaft wie eine Empfehlung.)

Die kurz vorm Impressum verzeichneten bildenden Künstlerinnen und Künstler des Berliner "ART und weise e.V." erübrigen schon seit langem kein Mitleid mehr. Nur noch Freundschaft und Liebe, Kraft, Geld und Zeit. Um halbwegs verläßlich mit Mädchen und Jungen, jungen Frauen und Männern künstlerisch zu arbeiten. Seitdem wissen sie auch, daß sie sich nicht auf geistig behinderte, sondern auf geistig anders begabte Menschen eingelassen haben. Das macht die Sache im Kern um keinen Deut leichter. Denn die Arbeit des Teams von "ART und weise e.V." zielt auf gleichberechtigtes Miteinander, auf Kollegialität und Kooperation. So läßt sich beispielsweise im Blick auf die präsentierten Arbeiten kaum mehr entzwirnen, wer hier gegeben und wer genommen hat. Dennoch bleibt das kreative Geschäft - wie gelungen auch immer - seltsam unbeachtet. Es trägt das Stigma des Karitativen und Therapeutischen...

Auch unter den Schützlingen des "ART und weise e.V." bilden Pragmatiker und Opportunisten die knappe Mehrheit. Mit ihr ist - wie überall - relativ schwer Kunst und Staat zu machen. Hingegen eröffnen sich in der Konzentration auf die Unangepaßten, Uneinpaßbaren immer wieder verblüffende Perspektiven: Der späte Klee erwacht unübersehbar auf Seite 18 unten, wo Kanne, Tasse und Elefant - aufs Wesentlichste reduziert - von ihm grüßen. Ein vermutlich bislang unentdeckter Kandinsky abstrahiert auf Seite 19 die nämlichen Vorgaben. Das schrill versungene und verklungene Alphabet der Moderne wird hier postmodern durchbuchstabiert. Von hochsensiblen Zeitgenossinnen und -genossen zwischen sechs und zwanzig, Hoffnungsträgern hinter den Gittern deiner und meiner Resignation und Verstiegenheit.

Jürgen Rennert

Weitere Texte von Jürgen Rennert:

haGalil onLine - Samstag, 14. Dezember 2013

  • Wenn Sie Ihre Meinung äußern möchten:
    Bitte melden Sie sich im Offenen Forum zu Wort!

Freie Rundschau Mitteleuropa


haGalil onLine

1998 © by haGalil onLine - Munich - Kirjath haJowel - All Rights Reserved

...íéø÷éä íéøáçäå ìâ ãåã ,êéìøà äåç

Die hier archivierten Artikel stammen aus den "Anfangsjahren" der breiten Nutzung des Internet. Damals waren die gestalterischen Möglichkeiten noch etwas ursprünglicher als heute. Wir haben die Artikel jedoch weiterhin archiviert, da die Informationen durchaus noch interessant sein können, u..a. auch zu Dokumentationszwecken.


Spenden Sie mit PayPal - schnell, kostenlos und sicher!
Werben in haGalil?
Ihre Anzeige hier!

Advertize in haGalil?
Your Ad here!
haGalil.com ist kostenlos! Trotzdem: haGalil kostet Geld!

Die bei haGalil onLine und den angeschlossenen Domains veröffentlichten Texte spiegeln Meinungen und Kenntnisstand der jeweiligen Autoren.
Sie geben nicht unbedingt die Meinung der Herausgeber bzw. der Gesamtredaktion wieder.
haGalil onLine

[Impressum]
Kontakt: hagalil@hagalil.com
haGalil - Postfach 900504 - D-81505 München

1995-2006 © haGalil onLine® bzw. den angeg. Rechteinhabern
Munich - Tel Aviv - All Rights Reserved