Liebe Freunde und Leser,
im Laufe der letzten Monate mussten wir immer
deutlicher erkennen, dass unsere, seit über einem Jahr sehr intensiven
Bemühungen bei Vertretern der deutschen Politik (Parteien,
Bundespräsidialamt, Kultusministerien, Stiftungen diverser Parteien) und
verantwortlichen Vertretern deutscher Wirtschaftsunternehmen (Industrie,
Handel, Banken, Versicherungen, Werbeagenturen, Lufthansa, Deutsche
Zentrale fuer Tourismus...), Unterstützung für unsere Arbeit an haGalil
onLine - der grössten jüdischen OnlineSite Europas - zu finden, nicht
den geringsten Erfolg hatten, sondern zu 100% (ich betone EINHUNDERT
PROZENT) wasserdichte Ablehnung einbrachten.
Wir erlebten im Laufe der Monate in hunderten
von Gesprächen und Schriftwechseln die verschiedensten Ausdrucksformen
von Gleichgültigkeit, Ignoranz und Unverständnis. Klischeehaftes Denken
und deutliche Ablehnung. Ob 'antisemitisch motiviert' oder einfach nur
aus Dummheit, ob bewusst oder unbewusst, ist uns erst einmal egal. Die
Auswertung der Begründungen und Motive verschieben wir auf einen
späteren Zeitpunkt. Das Resultat unserer 'Recherche' müssen wir heute
bekannt geben: 100% Verweigerung jeglicher Unterstützung.
Wir haben nicht um Almosen gebeten, sondern
darum, haGalil onLine - eines der meist-gelesenen und unabhängigsten
Magazine im deutschsprachigen Internet - als ein attraktives Werbemedium
anzuerkennen.
Die Schaltung eines Werbebanners bei uns wäre
preisgünstiger als irgendwo sonst, bei vergleichbarer Einschaltquote.
Die Förderung unseres Projekts hätte eine viel breitere und anhaltendere
Wirkung als manche - viel teuerere - Ausstellung, akademische Erörterung
oder Podiumsveranstaltung. Solche Vorteile konnten wir in unseren
Gesprächen aber leider kaum anbringen. Wir wurden niemals (KEIN EINZIGES
MAL) gefragt, was denn eine Werbeschaltung bei uns kosten würde oder
wieviel Geld wir denn überhaupt brauchen würden, um haGalil onLine
weiterhin herauszugeben und weiterentwickeln zu können.
Wir haben uns bestimmt nicht leicht abwimmeln
lassen. Wir haben betont, dass auch unsere Leser (die dem dynamischen,
positiv getrimmten jungen Werbefachmann anscheinend schon durch ihr
blosses Interesse 'an jüdischer Geschichte' als Kaeufergruppe
unattraktiv erschienen) ab und zu mal einen Drucker kaufen könnten, oder
einen Scanner, eine Flugreise buchen oder ein Bankkonto eröffnen -
genauso oft oder genauso selten, wie die Leser von z.B. GEO-online, der
FAZ, der Bunten oder irgend eines anderen Dienstes im WWW auch.
Die Angerufenen reagierten manchmal frech,
manchmal unverschämt. Einzelne sagten einfach: Na hören Sie mal - Juden
- gibt's sowas noch? Häufig wurde ich unverblümt an die imaginären
reichen Juden, z.B. viele jüdische Bankdirektoren, verwiesen. Oft wurde
(vor allem bei Grosskonzernen) das bereits erfolgte Engagement für
jüdische Kultur - jüdische Kultur IN ISRAEL - in's Feld
geführt. Viele Produktmanager befürchteten sogleich ihre attraktiven
Produkte neben Bergen von Brillen und grauen Haaren präsentiert zu
sehen. Etwas anderes konnten, und vor allen Dingen wollten, sie sich
unter 'jüdischem Leben' gar nicht vorstellen. Bei wieder anderen
scheinen evtl. unumgängliche Nachzahlungen einbehaltener Löhne für
KZ-Zwangsarbeiter unter 'vielfältige Zuwendung in Sachen Jüdische
Kultur' abgebucht zu werden. Manchmal habe wir das Gespräch von uns aus
abgebrochen.
Jüdische Kultur und jüdisches Leben in
Deutschland, als ein Teil der Kultur dieses Landes, dieses Staates, in
dem wir leben und arbeiten und Steuern bezahlen - wie jeder andere
Bürger auch, war kaum zu vermitteln. Manchmal kommt es vor, dass wir auf
Anschreiben in deutscher Sprache eine englischsprachige Antwort erhalten
(aus Deutschland !).
Mit so tief sitzenden 'Vorbehalten', so
unbelehrbarer 'Besserwisserei' und so arrogantem Hinweis auf die 'doch
verschwindend kleine Zielgruppe' hatten wir nicht gerechnet. All dies
hat uns aber auch gezeigt, wie wichtig unsere Arbeit ist und uns darin
bestärkt weiterzumachen.
Wir wollen uns an dieser Stelle bedanken bei
allen, die Ihr Engagement, mit wachem Auge und scharfem Verstand, in den
Foren mit einbringen. Euch ist es zu danken, dass kein einziger 'rechter
Beitrag' bisher unwidersprochen und unwiderlegt geblieben ist.
Wir bedanken uns bei unseren Lesern, einer
'verschwindend kleinen Zielgruppe'. Bei Leuten, die uns immer wieder
besuchen - obwohl doch 'so ein Thema sicher nicht auf Dauer ansprechend'
sein kann. Dieses Thema, das 'jedem mittlerweile zum Halse raushängt',
ist eben nicht so einseitig und nicht so 'vergangenheitsbezogen' wie es
sich - vielen dynamischen Führungskräften, Mitgliedern der deutschen
'Infoelite' und ihren vorauseilend gehorsamen Untergebenen - bislang
dargestellt zu haben scheint.
Es ist uns gelungen, unsere Leser zu
überzeugen von der Gegenwärtigkeit und von der Lebendigkeit, von der
Vielfalt und von der Widersprüchlichkeit. Es sind unsere Leser, die es
uns ermöglichen zu sagen: Wir werden gelesen - unser Thema findet
Interesse. Es gibt in diesem Lande viel mehr wache Menschen als manchem
Ministerium und mancher Vorstandsetage lieb zu sein scheint. Wir danken
den vielen Jugendlichen, die der Erwartung ihrer Lehrer und
Kultusminister zuwiderhandeln und aus freien Stücken herantreten - und
fragen. Wir danken allen, die in 'haGalil onLine' ein attraktives und
modernes, ein dynamisches und farbiges, ein engagiertes und kreatives,
ein selbstständiges und freies, ein reales und aktuelles Medium entdeckt
haben.
Oft sahen wir uns überfordert und
alleingelassen, wenn wir angeschrieben wurden als 'Sehr geehrte
Redaktion', oder 'die Verdienste Ihrer Organisation' oder 'an Ihre
Abteilung in Wien' - meist haben wir es jedoch als Anerkennung
aufgefasst und als eine Bestätigung dafür, daß Eigeninitiative,
Selbstverantwortung, Kreativität, manchmal sogar Zivilcourage mehr
bewirken können als behördliche, angestellte Pflichterfüllung.
Selbstständiges Handeln wurde in den letzten Jahren von Staats- und
Wirtschaftsrepräsentanz oft gefordert - gefordert und noch viel öfter
verhindert, behindert und gegängelt - nicht aber gefördert. Interessant
in diesem Zusammenhang ist u.a. die Tatsache, dass 95% der staatlichen
Fördermittel im Bereich neuer Medien in die Kassen etablierter
Medienkonzerne, wie Bertelsmann, Kirch, Holzbrinck und Burda fliessen.
Es liegt aber weder
an diesen hunderten von Millionen DM - und auch nicht an der
Fleissigkeit deutscher Gesetzeshüter, Juristen und Bürokraten, dass
heute ein Interessent, der das deutschsprachige Internet nach Begriffen
wie Judentum, Talmud, Torah... durchsucht, vorrangig und zuerst auf die
Seiten von haGalil stoßen wird. Bis vor gar nicht langer Zeit erhielt
man bei der Eingabe dieser Suchworten in eine beliebige Suchmaschine in
großer Anzahl und an ersten Stellen Verweise auf sattsam bekannte und
berüchtigte Seiten der Nazis und Antisemiten.
Wir kennen die Problematik - und die
Assoziation, wenn in einer jüdischen Publikation sogleich und massiv um
Geld gebeten wird. Wir kommen heute nicht umhin Euch zu bitten: Helft
uns die nächsten Wochen und vielleicht Monate durchzustehen. Helft uns
mit Geld!
Wir bitten um Verständnis dafür, daß
unsere regelmäßige Arbeit an der Aktualisierung und Weiterentwicklung
von haGalil onLine schon heute stark beeinträchtigt ist. Wir haben
schlichtweg keine Zeit mehr.
Herzlichen Dank
Eva und David
Das
Ende für haGalil?
Schreiben an Vorstand, Mitglieder und Interessenten des
Fördervereins haGalil e.V.