Kitaj, 1932 in Cleveland (Ohio) geboren, ist - trotz
der Augenscheinlichkeit der von ihm bearbeiteten Themen - kein einfach
zu verstehender Künstler. Seine Arbeiten, die Anleihen von Picasso,
Cezanne, Van Gogh und anderen bis hin zu Künstlerfreund und
Popart-Künstler David Hockney enthalten, erheben den Anspruch,
individuelle, zum Teil auf seine Biographie zurückzuführende -
Thematiken mit dem historischen und gegenwärtigen Kontext zu verbinden.
Kitaj zögert dabei nicht, seinen bildnerischen Werken Erklärungen -
Beipackzettel - beizufügen.
Dabei ist Kitajs Schaffen vor allem Ausdruck
dialoghafter Auseinandersetzungen, etwa mit seiner Sexualität, seinen -
u.a. jüdischen - Wurzeln, mit Schicksalsschlägen in seiner Biographie,
mit zeitgenössischen und klassischen Künstlerkollegen. Inhaltlich wie
von der Technik her ist Kitaj am besten als "Cross over"-Künstler zu
beschreiben, der Verbindungen schafft, die manche für nicht zulässig
erachten. Anlässlich der Eröffnung in Wien beklagte ein
Tageszeitungskritiker den Mangel an "Mehrdeutigkeit" in Kitajs Werken.
Dass sich der Künstler auf offensive Weise in die Rezeption seiner Werke
einmischt, störte auch einige Kritiker bei der Werkschau 1994 in der
Londoner Tate Gallery.
Mit der Ausstellung in Wien ist R.B. Kitaj erstmals
in einem jüdischen Museum ausgestellt, und es schliesst sich so ein
Kreis, den Kitaj mit seinem Studienaufenthalt in Wien 1951 auf den
Spuren seines aus Wien vertriebenen Stiefvaters Walter Kitaj begonnen
hatte. Es ist Kitajs zweite Rückkehr als anerkannter Künstler nach Wien,
nachdem im Vorjahr das Auftragsporträt von Gustav Mahler in der Wiener
Staatsoper eingeweiht worden war.
Nach
Wien kehrt Kitaj auch in seinen Arbeiten oft zurück, am
beeindruckendsten bei seinem Selbstporträt als Frau (1984), dessen
Hintergrund die Geschichte einer Wienerin ist, die - selbst keine Jüdin
- aufgrund ihrer Beziehung zu einem Juden von den Nationalsozialisten
als Rassenschänderin nackt und mit Schmähungen durch die Straßen Wiens
gehetzt worden war. An Wien interessieren Kitaj Glanz und Gloria der
Jahrhundertwende sowie die Erinnerungen an seinen Aufenthalt in den
fünfziger Jahren, die auch vor Banalem nicht halt macht: so hat er bei
"Oh. Lemuel" (1960) ein Motiv des "Struwwelpeter" verarbeitet. Zur
Eröffnung der Ausstellung in Wien war Kitaj, der im Vorjahr in die
Staaten, nach Los Angeles, zurückgekehrt ist, krankheitshalber
verhindert, die Ausstellungskuratoren Marco Livingstone und Werner Hanak
konnten diese Einbusse dank ihrer Empathie und Begeisterung zum
Grossteil wettmachen.
R.B. Kitaj: Ein Amerikaner in Europa. Ausstellung im
Jüdischen Museum der Stadt Wien. Geöffnet bis 30. August 1998 Sonntag
bis Freitag 10-20 Uhr. Informationen Tel: 0043-1-535 0431.
Im Internet: www.jmw.at