Zeichen für Toleranz:
Jewish Communication Center Berlin
Berlin (dpa-haga) - In der Oranienburger Straße im Bezirk Mitte in Berlin,
in Nachbarschaft zur wiederaufgebauten Neuen Synagoge mit ihrer
goldglänzenden Kuppel befindet sich der Neubau des Jewish Communication
Center. Noch ist nicht alles fertig. Vor zwei Monaten zog der Jüdische
Kulturverein als erster Mieter ein. Tür an Tür gelegen, öffnete danach das
Anne Frank Zentrum, eine Partnereinrichtung des Anne Frank-Hauses in
Amsterdam.
Im Erdgeschoß lockt das Restaurantcafe «Rimón»
(Granatapfel) mit israelisch-jüdischer Küche. Konkurrenz belebt das
Geschäft: Im Galeriecafe «Chagall» werden in Kürze
russisch-jüdische Spezialitäten gereicht. Auch zwei jüdische Anwaltbüros
und eine jüdische Kunst- und Buchhandelsgesellschaft bezogen Quartier.
Im Kulturverein sind die
älteren der weit über 500 Mitglieder begeistert. «Endlich ein
Fahrstuhl», schwärmen sie vom neuen Domizil. In der monatlichen
«Jüdischen Korrespondenz», die der Klub mit links- intellektueller
Atmosphäre unter anderem nach Amerika und Israel verschickt, befindet
Vereins-Mitgründerin Irene Runge: «Wir sind eindeutig am richtigen Ort».
Wie Igor Chalmiev, der in Baku Bauingenieur war und bis heute in
Deutschland keine Arbeit in seinem Beruf fand, bedeutet ihm wie auch
anderen jüdischen Zuwanderern aus der Ex-Sowjetunion der Verein so etwas
wie ein Zuhause. Das Veranstaltungsangebot reicht von Literatur, Musik
und Film bis zu politischen Diskussionen und praktischer Lebenshilfe.
Bei der Sabbat-Feier am Freitag wird gern gesungen.
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Der Ansturm auf das Anne
Frank-Zentrum sei so enorm, daß die Arbeit kaum zu bewältigen
sei, sagt Mitarbeiterin Irina Ignaz nach den ersten sechs Wochen. Dabei
zeigt das Zentrum eher eine bescheidene Ausstellung über das Leben des
jüdischen Mädchens, das als 15jährige im Konzentrationslager
Bergen-Belsen ermordet wurde. Ihr im Versteck in Amsterdam geschriebenes
und postum veröffentlichtes Tagebuch hatte die Welt an ihrem Schicksal
teilnehmen lassen. Gesprächsseminare über Nationalsozialismus und
Holocaust, Diskriminierung und Verfolgung sollen Jugendliche zu
Zivilcourage und Freundschaft motivieren. Die Überraschung: Viele der
freiwilligen Mitarbeiter sind selbst Schüler, mit 16 Jahren kaum älter
als ihre Zuhörer.
Etwa 15 Millionen Mark hat der aus dem
Ostteil der Stadt stammende Jungunternehmer Daniel Fink investiert. Nach
seinen Plänen sollte das Haus dort, wo vor dem Holocaust jüdisches Leben
pulsierte, ein «Zeichen für Toleranz» setzen. In jüdisches Leben
einmischen wollte er sich nicht, sagt der 31jährige. «Ich habe nur den
Raum geschaffen, den jetzt andere mit Leben erfüllen müssen.»
Von der Jüdischen Gemeinde sei sein Projekt
ziemlich «kritisch beäugt» worden, räumt Fink ein. Überlegungen, daß der
von Bonn bzw. Frankfurt a.M. nach Berlin verlegte Zentralrat der Juden
in Deutschland in das Zentrum einzieht, wurden nicht weiterverfolgt. Ob
«Service- Wohnungen» im Jewish Communication Center zur «guten Adresse»
für jüdische Berlin-Besucher werden, müsse sich erst noch herausstellen.
In der näheren Umgebung existieren bis heute
mindestens 60 Orte mit jüdischen Bezügen vom ältesten jüdischen Friedhof
mit der Grabstelle des Philosophen und Aufklärers Moses Mendelssohn
(1729- 1786) bis zum vor drei Jahren eröffneten Centrum Judaicum in der
Neuen Synagoge.
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Samstag, 14. Dezember 2013 |